Das Gesetz der Neun - Goodkind, T: Gesetz der Neun - The Law of Nines
Jax’ Nicken fasste er sie bei der Hand, damit er sie beim Hinausschlüpfen durch die Tür in seiner Nähe behielt. Zügig huschten sie in gebückter Haltung an der Seitenwand des schwach beleuchteten Flurs entlang. In beiden Richtungen war kein Mensch zu sehen. In der Schwesternstation brannte Licht, hinter den Glasscheiben konnte er den grauen Dunstschleier von Rauch erkennen. Er fragte sich, wieso der Rauchmelder nicht ausgelöst worden war.
Jax zog ihn zurück, so dass er stehen bleiben musste. Ihr Atem ging schwer. »Tut mir leid. Ich muss mich einen Moment ausruhen. Ich kann kaum die Beine bewegen.«
Alex half ihr, sich hinzusetzen und an die Wand zu lehnen. »Ich kann kaum glauben, dass du dich überhaupt bewegen kannst. Nach allem, was du durchgemacht hast.«
Sie schloss die Augen und bemühte sich, wieder zu Atem zu kommen. Von der körperlichen Tortur abgesehen stand sie noch immer unter einer Teildosis Thorazin.
Alex drückte ihre Schulter. »Ruh dich einen Moment aus. Ich werde einen Blick in die Schwesternstation werfen. Ich will wissen, was da geschieht.«
»Nein.« Sie packte seinen Arm und hielt fest, als hinge ihr nacktes Überleben davon ab. »Wir müssen zusammenbleiben. Es geht mir schon besser. Gehen wir.«
Sie wirkte erschöpft, aber er sah ein, dass sie in ihrem betäubten Zustand, an einem ihr unbekannten Ort, in einer fremden Welt, entsetzliche Angst haben musste, allein gelassen zu werden. Erst recht in ihrem entkräfteten Zustand. Nichts hätte er lieber getan, als sie in die Arme zu schließen, sie festzuhalten
und ihr Sicherheit zu geben. Aber sie waren nicht in Sicherheit. Jedenfalls noch nicht.
Wahrscheinlich hatte sie recht, sie sollten zusammenbleiben. Obwohl sie ihn immer wieder erstaunte, wusste er nicht, ob sie bei einem Zwischenfall kräftig genug wäre, um sich zu verteidigen.
»Wenn du stehen bleiben musst, um zu verschnaufen, sag es einfach. Einverstanden?«
Nickend kam sie hoch bis in die Hocke. Als sie sich der Schwesternstation näherten, hielten sie sich so tief geduckt, dass sie unter dem Unterrand des Fensters blieben. Auf der anderen Seite der Tür konnte er die Flammen knistern hören.
Als er sich vorsichtig aufrichtete, um einen Blick hineinzuwerfen, sah er, dass der Tresen drinnen unbesetzt war. Er probierte verschiedene Schlüssel, bis er den passenden gefunden hatte. Dann drehte er, bemüht, so wenig Lärm wie möglich zu machen, vorsichtig den Türknauf.
Kaum hatte er die Tür entriegelt, warf er abermals einen verstohlenen Blick durchs Fenster. Als noch immer niemand zu sehen war, drückte er sie auf und schlüpfte hindurch. Der Rauch brannte ihm in den Augen. Er musste den Drang zu husten unterdrücken. Immer noch in gebückter Haltung schlüpfte er hinein.
Er riskierte einen Blick über den Tresen und sah Dr. Hoffmann ganz hinten mit fieberhaften Bewegungen eine Flüssigkeit in die bereits in den Gängen zwischen den Akten tosenden Flammen schütten. Ein Pfleger zerrte Ordner aus den Regalen und warf sie auf den brennenden Stoß, während der Arzt diesen immer weiter mit der Flüssigkeit übergoss.
Alex schlich zurück zur Wand neben der Tür, wo er für die beiden Männer, die damit beschäftigt waren, das Gebäude abzufackeln,
nicht zu sehen war, und riss am Hebel des Feueralarms. Nichts passierte. Er blickte hoch zur Sprinkleranlage. Sie blieb ausgeschaltet. Er griff zum Telefon und wählte den Notruf. Die Leitung war tot.
Als Jax zur Tür hereingeschlüpft kam, hockte er sich neben sie.
»Was ist los?«, erkundigte sie sich leise. »Wo brennt es?«
»Sie haben ein Feuer gelegt, um die Unterlagen zu vernichten.« Er hielt die Stimme gesenkt, obwohl der Lärm der Flammen alles übertönte. »Der Feueralarm funktioniert nicht, und das Telefon ist tot. Offenbar waren sie darauf vorbereitet, das ganze Gebäude in Schutt und Asche zu legen, um ihre Spuren zu verwischen, falls jemals etwas schiefgehen sollte. Dr. Hoffmann ist in Panik geraten und hat das Verfahren eingeleitet.«
Er schaute sich um und sah einen Feuerlöscher an der Wand hängen, bezweifelte jedoch, dass er groß genug sein würde. Gewiss musste das Krankenhaus über Löschschläuche verfügen. Er wusste zwar nicht, wo, nahm aber an, dass sie sich im hinteren Teil der Schwesternstation befanden.
Das Feuer musste unbedingt eingedämmt werden, wenn nicht das ganze Gebäude in Flammen aufgehen sollte. Er überlegte, wo sich weitere Feuerlöscher befinden konnten. Auf den Stationen
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