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Das Gesetz der Neun - Goodkind, T: Gesetz der Neun - The Law of Nines

Titel: Das Gesetz der Neun - Goodkind, T: Gesetz der Neun - The Law of Nines Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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wünsche Ihnen beiden einen angenehmen Besuch.« Er drückte Alex den Plastikschlüssel für den Summer in die Hand. »Läuten Sie, wenn Sie fertig sind, Alex.«
    Alex hatte ihn diese Worte wahrscheinlich schon ein paar hundert Mal sagen hören. Dabei sollte ihm doch eigentlich mittlerweile klar sein, dass Alex mit dem Ablauf vertraut war.
    Während sie den langen Flur zur Glasveranda entlanggingen, musterte Jax die lackierten Eichentüren zu beiden Seiten. Sie zog jede mögliche Gefahr in Betracht, hielt nach jeder erdenklichen Bedrohung Ausschau. Obwohl sie hier, wie er fand, eigentlich ganz unbesorgt sein konnte, machte ihn Jax’ Verhalten nervös.
    »Werden wir hier etwa eingeschlossen?«, wollte sie wissen. »Wir können im Notfall nicht alleine wieder nach draußen?«
    »So ist es. Wenn wir hinauskönnten, dann auch die Patienten, und das will man natürlich nicht. Wir müssen beim Hinausgehen denselben Weg wieder zurückgehen. Es gibt zwar eine Feuertreppe, die seitlich am Gebäude nach unten führt«, erklärte er mit einem verstohlenen Wink zum Notausgang, »aber die Tür dort ist abgeschlossen. Eine der Schwestern oder ein Krankenwärter müssten sie erst aufsperren. Außerdem gibt es noch ein Treppenhaus hinter der Schwesternstation. Aber das wird, wie der Aufzug auch, permanent unter Verschluss gehalten.«
    Als sie die Glasveranda erreichten, sah Alex seine Mutter alleine auf einem Sofa an der gegenüberliegenden Wand sitzen.
    Sie sah Alex kommen. Am Ausdruck ihrer Augen konnte er sehen, dass sie ihn wiedererkannte.

29
    »Hallo, Mom«, begrüßte er sie gut gelaunt, als er vor ihr stand.
    Sie war mit ultramarinblauen Pyjamahosen und einem geblümten, auf dem Rücken zusammengebundenen Anstaltskittel bekleidet. Ab und an brachte er ihr ein paar hübsche Anziehsachen mit, doch die trug sie kaum. Selten war ihr Kontakt zur Wirklichkeit ausgeprägt genug, um zu merken oder sich dafür zu interessieren, welche Kleidungsstücke sie gerade angezogen hatte. War dies doch einmal der Fall, erklärte sie ihm gewöhnlich, sie hebe sich die guten Kleider für ihre Entlassung auf. Ihr mangelndes Interesse an ihrer Kleidung war zum Teil auf ihren Geisteszustand zurückzuführen, ein Großteil jedoch war, das wusste er, die Folge ihrer Medikation. Vor allem dieser Thorazin-Sirup stellte sie so stark ruhig, dass sie für das Geschehen rings um sie her unempfänglich war, und zwang sie außerdem zu diesem schlurfenden Gang. Er lastete schwer auf ihrer Psyche und ließ sie doppelt so alt aussehen.
    Zum Glück waren sie gekommen, kurz bevor die nächste Verabreichung ihrer üblichen Medikamente anstand. Mit den Jahren hatte Alex herausgefunden, dass man die besten Chancen hatte, sie in einem etwas wacheren Zustand zu erleben, wenn ihre Wirkung, kurz vor Verabreichung der nächsten Dosis, bereits nachzulassen begonnen hatte. Oft fragte er sich, wie viel besser sie sich wohl mitteilen könnte, wenn sie nicht unter solch starken Medikamenten stünde. Es war in höchstem Maße unbefriedigend, kein normales Gespräch mit ihr führen zu können.
    Schon oft hatte er die Ärzte gefragt, ob man das Thorazin nicht absetzen oder ihr wenigstens ein weniger starkes Mittel geben könne. Doch Dr. Hoffmann, der leitende Psychiater in der
»Mutter der Rosen«-Klinik, beharrte darauf, in ihrem Fall gebe es kein anderes antipsychotisches Medikament von ebensolcher Wirksamkeit. Seiner Meinung nach war es als einziges stark genug, um ihre schwere Psychose zu unterdrücken. Nur dadurch sei ihr ein halbwegs menschenwürdiges Dasein möglich, sei zu verhindern, dass sie zu einer tobenden Irren wurde.
    Und das wollte Alex doch sicherlich nicht für seine Mutter, noch werde er mit ansehen wollen, dass man sie rund um die Uhr fesselte. Gewiss werde Alex wollen, dass ihre Menschenwürde weitgehend erhalten bliebe, und das ermöglichten halt nur diese Medikamente.
    Alex hatte nie etwas dagegen vorbringen können.
    Seine Mutter erhob sich von dem abgewetzten braunen Ledersofa. Sie lächelte nicht, das tat sie fast nie.
    Sie erfasste Jax mit einem schnellen Seitenblick und sah dann fragend zu ihm hoch. »Was tust du hier, Alex?«
    Alex war dankbar, dass sie sich nicht nur an seinen Namen erinnerte, sondern ihn auch damit ansprach. Er überlegte, ob womöglich Jax einen positiven Einfluss auf sie hatte. Er hoffte es.
    »Ich bin gekommen, um dich zu besuchen. Ich möchte dir jemanden vorstellen …«
    »Ich hab dir doch gesagt, du sollst weglaufen und

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