Das Gesetz der Vampire
Isolierband abdichtete.
Morgen Nacht würde sie sich auf den Weg nach New York machen. Mit etwas Glück würde ihre Rache in ein paar Tagen erfüllt sein.
***
Es fiel Rebecca nicht schwer, die New Yorker Zweigstelle von PROTECTOR ausfindig zu machen. Ein Blick ins Telefonbuch genügte dafür ebenso wie dafür, Ashton Ryders Adresse herauszufinden. Zu ihrem Glück war er an diesem Tag gerade von einem Auftrag zurückgekehrt und hatte den Abend frei.
Sie verlor keine Zeit. Nach dieser Nacht der Rache konnte sie endlich ihrer quälenden Existenz ein Ende bereiten. Rebecca war nicht sehr religiös, aber sie glaubte daran, dass die Seele eines Menschen – und auch die eines Vampirs – nach dem Tod weiterlebte und dass alle Seelen, die einander im Leben etwas bedeutet hatten, sich nach dem Tod des Körpers an einem anderen Ort wiedersahen. Doch selbst wenn dem nicht so sein sollte – sie wollte ohne Vincent nicht weiter existieren, weil sie den Schmerz seines Verlustes und die Einsamkeit einfach nicht ertragen konnte. Diese entsetzliche Leere für die Ewigkeit aushalten zu müssen, war ein absolut grauenhafter Gedanke. Nun, morgen war es vorbei.
Ihr Plan war einfach. Sie fuhr zu Ashton Ryders Adresse, vergewisserte sich, dass er zu Hause war und klingelte an seiner Tür. Er erkannte sie sofort, das sah sie seinem erstaunten Gesichtsausdruck an, noch ehe er sie mit den Worten begrüßte: »Miss Morris. Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuches?«
Sie spürte sein Misstrauen beinahe körperlich und unterdrückte ein Lächeln. Misstrauen würde ihm gar nichts nützen. Außerdem hegte er nicht den leisesten Verdacht, dass sie jetzt ebenfalls eine Vampirin sein könnte. Sie sah ihm in die Augen und setzte ihre hypnotischen Kräfte ein, die sie seit ihrer Verwandlung intensiv trainiert hatte. Doch diesmal tauchte ihr Wille nicht in das Wasser eines anderen Geistes ein, sondern traf beinahe schmerzhaft auf eine Mauer. Im ersten Moment zuckte sie zurück, ehe sie es mit doppelter Willensanstrengung noch einmal versuchte. Doch ihr Wille prallte von dieser Mauer ab und vermochte nicht einmal ein winziges Stückchen in sie einzudringen. Rebecca starrte Ashton schockiert an.
»Miss Morris«, wiederholte er kühl. »Was wollen Sie?«
»Ich«, begann sie und fühlte, wie Hass und Wut ihr den Verstand zu vernebeln begannen. Am liebsten hätte sie sich auf ihn gestürzt und ihn auf der Stelle umgebracht. Doch das wäre einfach nicht genug Leiden für ihn. Nein, das wäre nicht einmal annähernd genug Leid, Strafe und Rache. Sie fasste sich.
»Ich bin gekommen, um mich für mein Verhalten zu entschuldigen«, nannte sie die erste plausible Ausrede, die ihr einfiel. »Ich war mehr als ungerecht zu Ihnen und«, sie zögerte und machte ein zerknirschtes Gesicht, »habe Dinge gesagt, die eigentlich unentschuldbar sind.«
Das besänftigte sein Misstrauen keineswegs, denn er blieb ungebrochen wachsam. »Nur um mir das zu sagen, sind Sie von New Orleans nach New York gekommen? Ich stehe im Telefonbuch, wie Sie wissen, da Sie sonst kaum hier wären. Ein Anruf hätte genügt.«
Sie nickte. »Das fand ich aber nicht angemessen. Nicht, nachdem Sie mir wahrscheinlich das Leben gerettet haben.«
Ashton kniff die Augen zusammen. »Das haben Sie vor zwei Wochen noch ganz anders gesehen.«
»Ja, aber inzwischen hatte ich viel Zeit zum Nachdenken. Ich will Sie nicht weiter belästigen, Mr. Ryder. Es war mir nur ein Bedürfnis, mich bei Ihnen persönlich zu entschuldigen. Ich hoffe, Sie nehmen die Entschuldigung an.«
»Natürlich«, versicherte er immer noch skeptisch. »Mein Bestreben war es nur, Sie zu beschützen. Ich bedauere zutiefst, dass ich Ihnen damit – zumindest vorübergehend – Leid verursacht habe.«
Das klang so aufrichtig, dass Rebecca zu dem Schluss kam, dass er und seinesgleichen wahrscheinlich tatsächlich glaubten, mit ihrem ruchlosen Werk etwas Gutes zu tun. Das änderte natürlich nichts an der Tatsache, dass er Vincent ermordet und sie damit zu einer Existenz in emotionaler Finsternis verdammt hatte, gegen die ihr das Leben in der Nacht wahrhaft hell und strahlend vorkam.
»Ich weiß Ihr Mitgefühl zu schätzen«, quetschte sie heraus. Sie musste auf der Stelle hier weg, denn sie ertrug seine Nähe nicht länger. »Und ich danke für Ihr Verständnis. Gute Nacht.«
»Gute Nacht, Miss Morris.«
Rebecca musste sich zwingen, nicht mit der Geschwindigkeit einer Vampirin zu fliehen, was sie verraten hätte. Sie
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