Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Gesetz Der Woelfe

Titel: Das Gesetz Der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Rusch
Vom Netzwerk:
Sie war gestern überhaupt nicht dazu gekommen, Willi davon zu berichten. Mit einem letzten, zärtlichen Blick auf ihr Klavier stieg sie über den Zeitschriftenstapel auf dem Boden und ging hinüber ins Wohnzimmer, in dem, mit Blick auf die Kastanie und die Isar, ihr Schreibtisch stand. Sie sammelte die Blätter zusammen, die verstreut um den Drucker herum auf dem Boden lagen. Dann und wann hielt sie inne, um eines zu lesen. Das muss ich heute Abend Pöttinger zeigen, dachte sie, während sie die Blätter in ihre Tasche stopfte. Er wird entzückt sein.
    Doch vorher wartete noch eine Menge Arbeit auf sie, Kobold hin oder Klavier her, und ein Besuch, zu dem sie sich bereits gestern fest entschlossen hatte. Sie knuddelte die langen, unbeschnittenen Ohren ihres Hundes, während sie ihm sein Halsband umlegte. »Wäre doch gelacht, wenn ich nicht herauskriegen würde, was dieser …«, sie schluckte die Beleidigung hinunter, »hinter seiner weißen Richterkrawatte zu verbergen hat.« Elise nutzte die Nähe von Claras Gesicht zu einem heftigen Schmatzer auf eines ihrer Augen und gab einen zustimmenden Japser von sich.
     
    Es war kurz nach halb eins, als Clara und Elise am Stachus ausstiegen. Mit Elise an ihrer Seite fiel Clara das U-Bahn-Fahren um vieles leichter als ohne sie, da der riesige Hund mit den blutunterlaufenen Augen und triefenden Lefzen für einen respektvollen Abstand zwischen ihr und den übrigen Fahrgästen sorgte.
    Sie ging in den Blumenladen unweit des Justizpalastes.
    Während sie sich noch unschlüssig umsah, kam ein junger Mann mit spitzer Nase auf sie zu.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein?«
    »Ja.« Clara zögerte. Blumensträuße waren nun wirklich nicht ihr Spezialgebiet.
    »Für einen Herrn?«
    »Nein!«
    »Eine Dame also?«
    Was sonst?, war Clara versucht zu fragen, während sie freundlich nickte.
    »Rosen?« Die Hand des Verkäufers schwang anmutig nach rechts, wo in hohen Plastikvasen langstielige Rosen in allen Farben versammelt waren.
    »Nein. Nicht so … romantisch. Aber auch nichts, was man seiner Schwiegermutter schenken würde.« Clara lächelte dem Verkäufer ein wenig hilflos zu.
    Der Verkäufer nickte ernst und ließ seinen Blick in die Ferne schweifen. »Verstehe, verstehe.« Dann kehrte seine Aufmerksamkeit zurück zu Clara, und er musterte sie nachdenklich mit verschränkten Armen. »Hat die Dame irgendwelche Vorlieben?«
    Clara zuckte mit den Schultern. »Sie trinkt ihren Kaffee mit Milch und zwei Stück Zucker und liebt ihre Katze.«
    »Oh.« Der junge Mann faltete seine Hände und hob freudig das Kinn. »Dann, ja dann … würde ich auf keinen Fall zu Schnittblumen raten, nein … ich denke … eine Orchidee ist genau das Richtige.«
     
    Mit einer eleganten Orchidee in einem mattsilbernen Topf in der Hand und Elise an der Leine stieg Clara die Treppen zum Vorzimmer Dr. Obersteins hinauf. Frau Früchtel stand auf dem Schild neben der Tür und Clara klopfte.
    Es ertönte ein fröhliches »Herein!«, und Clara begann sich zu fragen, wie man sich mit diesem Vorgesetzten ein so sonniges Gemüt bewahren konnte. Der Tipp des Blumenverkäufers war ein voller Erfolg. Frau Früchtel strahlte über das runde Gesicht, und Clara strahlte mit.
    »Wie ich sehe, leben Sie noch.« Frau Früchtel zwinkerte spitzbübisch.
    »Aber nur mit Ach und Krach.« Clara verzog das Gesicht. »Ihr Chef hat mich ganz schön plattgemacht.«
    »Ganz ohne können Sie auch nicht gewesen sein, er war ziemlich geladen, als er aus der Sitzung zurückkam.« Sie stellte den Blumentopf neben ihr Katzenbild. Dabei fiel ihr Blick auf Elise, die Clara neben sich postiert hatte und die Frau Früchtel aus treuherzigen Augen ansah.
    »Oh mein Gott! Wen haben wir den da?« Frau Früchtel erhob sich von ihrem Stuhl und beugte sich über den Tisch, um Elises Kopf zu tätscheln.
    Clara lächelte: »Darf ich vorstellen: Elise.«
    »Allerliebst, wirklich allerliebst.« Frau Früchtel kraulte Elise hinter den Ohren, was sie dazu veranlasste, ihren gewaltigen Kopf auf Frau Früchtels Schreibtisch abzulegen. Diese brachte glücklich ein paar Akten in Sicherheit und fuhr fort, die Ohren des Hundes zu kraulen. »Hätten Sie noch etwas gebraucht, Frau Rechtsanwältin?«
    »Na ja.« Clara trat zögernd von einem Bein aufs andere. »Ich dachte, wenn vielleicht ganz zufällig die Akte Moro wieder aufgetaucht wäre und sie mir … vielleicht, möglicherweise …« Sie verstummte und warf einen hoffnungsvollen Blick auf Frau Früchtel, die

Weitere Kostenlose Bücher