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Das Gesetz des Irrsinns

Das Gesetz des Irrsinns

Titel: Das Gesetz des Irrsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Kühn
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gehören, dass in der belagerten Stadt zusätzliche Veränderungen in großem Ausmaß geschaffen werden, soweit die Lage dies erfordert oder der Gauleiter das befiehlt. Falls nämlich die Stadt belagert wird, sind Versorgungsflüge notwendig. Für den Anflug von Westen her bietet sich in Königsberg eine Piste an zwischen Botanischem Garten und Paradeplatz. Eine Start- und Landebahn muss immerhin dreihundert Meter breit, knapp zwei Kilometer lang sein. Es müssen auch Lastensegler landen können. Das setzt voraus: Entfernen der Masten von Laternen und Straßenbahnfahrleitungen, Beseitigen von Bäumen in der Mittelpromenade, Einebnen eines großen Teils der beiderseitigen Häuser, wobei auch vor Kirchen nicht haltgemacht werden darf. Auf jeden Fall werden weitflächige Sprengungen innerhalb des Stadtgebietes notwendig.
    Harlan, wieder mal ruppig: Das ist ja der pure Irrsinn!
    Das zu beurteilen ist nicht unsere Sache. Wir haben Befehle auszuführen. Wobei nur zu hoffen ist, dass genügend Sprengmittel zur Verfügung stehen.
    Harlan, erbost: Und hier, was ist dann hier?! Sollen wir darauf warten, dass unsere mühsam errichteten Ruinenfassaden von Bomben flachgelegt werden? Und wir, Helm auf zum Dreh, filmen das, todesmutig und lebensmüde?
    Hauptmann Peschke hatte einen vermittelnden Vorschlag parat: Ein bayerischer Kollege, Sprengmeister, zurzeit in einem geheim gehaltenen Steinbruch damit beschäftigt, den Abbau von Granitblöcken für den späteren Weiterbau der Kongresshalle auf dem Gelände der Reichsparteitage vorzubereiten, dieser Mann könnte, durch Vermittlung der SS , zeitweilig abgerufen werden. Mit einem Sack voller Sprengkapseln wird der Ihnen bei jeder Haus- und Ruinenkulisse den Einschlag ›französischer‹ Kanonenkugeln hinzaubern. Im Einmann-Betrieb wird das freilich etwas länger dauern …

Wiederum
vertraulich
, nun erst recht, und
persönlich
, dies in herzlicher Verbundenheit: ein weiteres Kapitel im Faszikel D r G / VH . Telefonat zwischen Harlan und Staatssekretär Terzenbach – der Reichsminister auf Dienstreise, der Reichsfilmintendant auf der SS -Oberführertagung in der Wewelsburg.
    Harlan, in anhaltender Gereiztheit: Was zu befürchten, ja zu erwarten war, es ist mittlerweile eingetreten – ein weiterer Störangriff auf den Drehort Glienicke!
    Waren Tote zu verzeichnen?
    Es war ein Toter zu beklagen. Zudem ist eins der Binnenschiffe von einem Jabo beschossen worden, wenn auch mit geringer Wirkung; die dort einquartierten Schauspieler sind dennoch äußerst beunruhigt. Kurzum, es müssen längst überfällige Schutzmaßnahmen erfolgen, vor allem im erweiterten Anlegen von Splitterschutzgräben. In Anbetracht der Dringlichkeit und des Umfangs der notwendigen Erdarbeiten sei die Gestellung von einigen hundert Fremdarbeitern unabdingbar – wobei davon auszugehen sei, dass sie nur mit schlichtem Schanzzeug arbeiten können.
    Terzenbach fand dies im Prinzip angemessen. Frage nur: Ob Harlan sich schon mal Gedanken darüber gemacht hätte, wo sich bei der gegenwärtigen Anspannung aller Kräfte und der Ausschöpfung sämtlicher Ressourcen zusätzliche Arbeitskräfte abziehen ließen?
    Harlan verwies auf Presseberichte über den Bau des sogenannten Ostwalls. Demnach müsse man den Eindruck gewinnen, dass dort reichlich Menschenmaterial zur Verfügung stehe. Er frage sich, ob sich da nicht einige Hundertschaften abziehen ließen, vorübergehend.
    Der Staatssekretär fand den Vorschlag naheliegend, aber heikel. Würden in größerer Zahl Schanzarbeiter vom Ostwall abgezogen, so könnte das ausgelegt werden als Ansatz zu einer Entwarnung: Die Arbeiten sind in Anbetracht der Frontlage Ost nicht dringlich – und das wäre für die Arbeitsintensität nicht gerade förderlich. Der Abzug könnte ebenso gedeutet werden als Beginn weiterer Rückzugsmanöver. Wie man das auch drehe und wende – ein Abzug von Arbeitern vom Ostwall sei nicht opportun.
    Ja, und was machen wir jetzt?
    Hier erging sich der Staatssekretär in vagen Andeutungen: Man sei, bei erhöhter Dringlichkeit, auf Zwangsarbeiter Ost angewiesen. Die dürften erleichtert sein, wenn sie aus gewissen Stollen herausgeholt würden.
    Auf hartnäckiges Nachfragen von Harlan wurde der Staatssekretär etwas deutlicher: Unterirdische Fertigung von Jagdflugzeugen an geheim gehaltenem Ort. Dort müsse notfalls eine Hundertschaft abgezogen werden, befristet.
    Woher die Männer kommen, scheint Harlan nebensächlich. Nur, wenn die aus Stollen geholt

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