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Das Gesetz des Irrsinns

Das Gesetz des Irrsinns

Titel: Das Gesetz des Irrsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Kühn
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bewohnbaren Häusern zwecks Reduzierung von Brandpotential jeglicher brennbare Hausrat (einschließlich Holzverkleidungen) auf die Straße gebracht oder geworfen werden – wobei streng darauf zu achten ist, dass nichts unbefugt auf Seite geschafft wird. Sobald sämtliche Möbel etcetera in Straßenmitte gelagert sind, sollen sie von Pionieren unter Einsatz von Flammenwerfern vernichtet werden. Eigentlich müssten im Rahmen dieser Maßnahme auch Dachstühle abgetragen werden – abgedeckt sind die meisten Dächer ohnehin schon. Der Abbau der Dachstühle würde allerdings ein erhebliches Maß an Zeit fordern, darüber wird man aber kaum noch verfügen können, zuweilen hört man in der Stadt bereits die Front!
    Königsberg als voraussichtlich erste reichsdeutsche Stadt mit mehr als hunderttausend Einwohnern, die von der Roten Armee angegriffen wird. Es ist nicht auszuschließen, dass es zu Straßen-, ja, zu Häuserkämpfen kommen wird. Damit sich bittere Erfahrungen von Stalingrad nicht wiederholen, sollen die Voraussetzungen grundlegend verändert werden, dies auch im Rahmen der radikalisierten Kriegsführung.
    Ich fasse diverse Informationen zusammen. In Stadtbereichen, die zu 60 , zu 70 , ja, zu 80 Prozent zerstört sind, soll die Frage der Verteidigungswürdigkeit nicht grundsätzlich gestellt, sondern allein taktisch beantwortet werden. Die Verteidigung weithin zerstörter Stadtviertel, ja einer komplett zerstörten Innenstadt biete – so die neue Doktrin – erhebliche Vorteile. Für den Feind sind Verteidigungsanlagen kaum noch auszumachen, hier muss selbst Luftaufklärung versagen. Abgesehen davon ist das Anlegen von Laufgräben und Schützenlöchern in zerstörten Stadtbereichen ohne unnötige Rücksichtsnahme auf die Zivilbevölkerung möglich. Jeder Mauerrest, jedes noch verfügbare Kellerfenster eignet sich als Feuerstellung.
    Um Königsberg für die Verteidigung auszubauen, sprich: um notwendiges Schussfeld zu schaffen, soll die Niederlegung auch von bisher nicht beschädigten Gebäuden erfolgen. Vor allem Eckhäuser an Straßenkreuzungen müssen in Brand gesetzt, danach gesprengt werden. Aus nicht mehr brennbaren Trümmerhaufen können – am besten durch getarnte Kellerfenster – Gewehre, Maschinengewehre, Panzerfäuste auf den Gegner gerichtet, kann feindliches Vorfressen im Straßenkampf verhindert, zumindest gehemmt werden.
    Öffentliche Gebäude dürfen bei der Bereitung des Gefechtsfeldes nicht ausgespart bleiben. Zu den bei der Vorbereitung von Abwehrschwerpunkten störenden Objekten zählen beispielsweise Schlachthof, Wasserwerk, Kirche. Gewirr von Trümmern, einsturzgefährdete Ruinen, Labyrinthe von Kellerhöhlen, Straßenschläuche als drohende Schussbahnen, dies alles kann der Verteidigung nur dienlich sein.
    Kurzum: zerbombte, ausgebrannte Kampfräume als Voraussetzungen für einen erfolgreichen, Blut sparenden Verteidigungskampf.
    Auch in Königsberg sollen, gemäß Volkssturmgesetz, Männer im siebten Lebensjahrzehnt ebenso wie Siebzehnjährige zum Kampfeinsatz herangezogen werden. Wobei sich die Führung darüber im Klaren ist, dass die Jugend zwar Explosivkraft besitzt, aber noch keine Kräfte für Dauerleistungen unter schweren seelischen und körperlichen Belastungen in Reserve hat. So erweist sich als förderlich, wenn HJ -Bataillone separat zum Einsatz gelangen, nicht untermischt mit alten Männern des Volkssturms.
    Ob alt, ob jung, es dürfte sich generell als vorteilhaft erweisen, wenn die Kämpfer in der jeweils eigenen Stadt zum Einsatz gelangen. Wie (negative) Erfahrungen des Heeres bei der Niederkämpfung des Warschauer Aufstandes auf nachdrückliche Weise zeigten, lässt sich eine Stadt in Ruinen besonders leicht und wirkungsvoll verteidigen. Selbst wenn eine Innenstadt bis zur Unkenntlichkeit zerstört ist, so ergeben sich für ortskundige Verteidiger immer noch Anhaltspunkte, Sichtmarkierungen, die ihnen Vorteile verschaffen gegenüber dem Feind. Als Truppführer bewähren sich ortsansässige Männer, die Wege und Stege auch bei schwärzester Nacht finden. Der Feind soll im inneren und innersten Verteidigungsbereich verbluten oder zumindest einen derart hohen Blutzoll entrichten, dass von Eroberung und Besetzung der zerstörten Stadt abgesehen wird. Die Verteidigung der Trümmerwüsten von Innenstädten (sogenannter Geisterstädte) durch überwiegend ältere Jahrgänge sei erfolgversprechend – fanatischer Kampfeswille, ja Vernichtungswille vorausgesetzt.
    Auf längere

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