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Das Gesetz des Irrsinns

Das Gesetz des Irrsinns

Titel: Das Gesetz des Irrsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Kühn
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dein Feind. So lassen sich nicht verschiedene Stämme zusammenfügen zu einer größeren Truppe, jeder Angehörige eines Stammes misstraut Angehörigen anderer Stämme, vielfach bestehen Feindschaften seit Generationen, waltet Blutrache im Namen der Ehre. Ohne Aussicht auf Riesenbeute wäre der Zusammenschluss von Stämmen der Arabia deserta nicht gelungen – so wie auch Lawrence der Zusammenschluss von Stämmen an der Rotmeerküste ohne massive Bestechungen und üppige Geschenke nicht gelungen wäre. Die Stämme der Arabischen Halbinsel trotz ihrer Urfeindschaften in einem gemeinsamen, notwendigerweise siegreichen Aufstand gegen die Osmanen zu führen und damit zur Bildung einer arabischen Nation, es war und blieb sein Tagtraum. Erfahrung lehrt: Kaum ist die gemeinsame Beute gemacht, zerbricht ein Bündnis, fallen Beduinen wieder übereinander her.
    Orens muss das gewusst haben, und doch glaubte er, reguläre Truppen verachten zu können: Nicht flexibel genug … viel zu umständlich … lernen kaum mal dazu … dumme Türken und dogmatische Deutsche … Er setzte auf Guerillataktiken: Durch Überfälle Verwirrung stiften, Angst erzeugen, als Bedrohung ständig präsent bleiben – und dies in der unermesslichen, der überwiegend unbekannten Wüste. Plötzlich auftauchen, zuschlagen, Beute machen, verschwinden …! Nur ja keine Feldschlachten, keine systematische Verteidigung eigener oder eroberter Gebiete.
    Orens tat so, als hätte er seine Beduinen erst auf diese Taktiken eingeschworen, doch wurde dies schon seit Generationen so praktiziert, hier konnte Orens nur ansetzen und weiterführen. Konnte sich höchstens zugutehalten, dass er Stämme zu gemeinsamen Aktionen zusammenführte, zeitweilig, die zuvor gegeneinander, nicht miteinander agiert hatten. Und: dass er auf Faisal setzte, nicht auf den Gouverneur, den König des Hedschas, auf Husain bin Ali.
    Dies muss als Botschaft des Films die Öffentlichkeit erreichen: Mit Kamelreiterkorps ist militärisch nicht viel auszurichten. Wie sich im Fall Lawrence erweist, reichte es nur zu Sabotageakten, Störmanövern. Entscheidende Siege wurden allein von regulären Truppen errungen. So auch der Sieg britischer Truppenverbände unter General Allenby an der Palästinafront, unter massivem Einsatz von Feldartillerie und gepanzerten Fahrzeugen.

    Die absolute Überlegenheit der modernen, regulären, motorisierten Truppe gegenüber dem hordenhaften Aufzug von Kamelreitern darf nicht nur konstatiert, sie muss sichtbar werden. Hier baue ich auf Unterstützung durch eine Einheit unserer Panzertruppe in Nordafrika.
    Entwurf: ein Beduinentrupp beobachtet von einem Hügel oder Bergzug herab eine Kolonne von Radpanzern (Panzerspähwagen mit Kampfwagenkanonen). Die strikte Aufreihung, die unaufhaltsame Fortbewegung wird aus der Ferne gefilmt, sodann, Bild und Gegenbild, in Nahaufnahmen von Rädern im Wüstensand – Kettenfahrzeuge waren damals in Arabien noch nicht zum Einsatz gelangt. Die totale Überlegenheit der Panzerwaffe wird durch Reaktionen des Beduinentrüppchens bestätigt: Einer will das Gewehr auf die Kolonne richten, wird angeherrscht, halblaut, obwohl dies auf die Entfernung und beim sonoren Klang der Motoren nicht vernommen werden könnte.
    Auch wenn im »Wüstenfilm« die Panzerwaffe nur vorgeführt wird, nicht jedoch (aus künstlerischen Gründen) in das Spielgeschehen eingreift, so muss in der Schlusskonfrontation vor Meda’in Salih doch evident werden: Die unabdingbare Notwendigkeit regulärer, auf Gehorsam eingeschworener Truppen, die nicht nur Kampfbereitschaft zeigen, auch Todesbereitschaft.

    Mit seiner Erfolgsmeldung reitet Scheich Musa, begleitet von seinem Trupp, weiter Richtung Hedschasbahn, und hier, wie hinreichend dokumentiert, zur Station Al Ula (bei Musil und anderen auch in der Schreibweise Al-Öla). Ich werde noch auf topographische Gegebenheiten dieser Region eingehen, hier nur, vorwegnehmend: Al Ula, die nicht sehr grüne Oase, wird von zwei Tafelbergen umklammert; offen bleiben lediglich die von einem Felsklotz akzentuierte Öffnung südwärts und die sanftere Öffnung nordwärts – genutzt für die Trassenführung der Hedschasbahn. Die Bergflanken braunschwarz, als wäre das Gestein einstmals übermäßig erhitzt worden. Geduckt, am Ortsrand, die Baracke des Bahnhofs.
    Und hier der Telegraphist, der eine besondere Rolle spielt. Das Bahnpersonal bestand, neben dominierenden Türken, aus Mitgliedern verschiedener Nationen: Griechen und Ungarn,

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