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Das Gesetz des Irrsinns

Das Gesetz des Irrsinns

Titel: Das Gesetz des Irrsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Kühn
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überzeugen sein wird. Dies vor dem Hintergrund des Satzes, mit dem Sie kürzlich Ihre Rede in der Reichsfilmkammer so wirkungsvoll beendeten: Der Krieg als die umfassendste und intensivste Lebensäußerung einer Nation.
    Zweite Voraussetzung: Dass unser Afrikakorps unter Führung von Rommel den Vormarsch Richtung Ägypten zügig fortsetzt. Im Rahmen seiner Gesamtstrategie hat sich für uns ein weites Angebot an Schauplätzen, an Drehorten eröffnet. Ich denke in erster Linie an die Gebirgsregion Al-Schabal al-Akhbar zwischen dem Küstenort Darnah und Barga bzw. Tukrah. Hier und im küstennahen Karstgebirge bieten sich gewiss Landschaftsformationen an, die dem Schauplatz im Hedschas entsprechen – womit eine realitätsnahe Umsetzung der entscheidenden Konfrontation vorgegeben, fast gewährleistet wäre.
    Hinzu käme als förderlicher Faktor: Bei der Aufstellung der »türkischen« Kompanie ließe sich mit Sicherheit zurückgreifen auf Soldaten der zersprengten italienischen Afrika-Armee, die wie ein Tross bei unserem Korps mitziehn dürfen und nun etwas Vernünftiges zu tun kriegen, nachdem sie erneut bewiesen haben, dass Waffenehre ein Fremdwort für sie ist – hätte der Führer dem Duce zuliebe nicht sofort das Afrikakorps einfliegen und verschiffen lassen, wären die Italiener allesamt massakriert worden.

    Al Ula, die Bahnstation im weitläufigen, weithin ariden Talkessel der Oase, die sich nach Süden wie nach Norden hin öffnet – ich habe es bereits skizziert. Von Al Ula aus sind es, nordwärts, nur etwa zehn Kilometer bis zum kleinen Betriebsbahnhof bei Kilometer 973 . Zwischen diesem Betriebsbahnhof und der Station Meda’in Saleh: eine Strecke von höchstens mal fünfzehn Kilometern. Zwar keine Brücke hier, aber ein »Durchlass« – einzelner Brückenbogen über schmalem Wadi. Nur hier kann Lawrence versuchen, seinen großen Gegenspieler auszuschalten, samt Begleittrupp.
    Das Wadi führt aus dem braunschwarzen Felsmassiv hinab zur Bahntrasse. Nur auf diesem Weg kann sich Lawrence unbemerkt der vorgesehenen Stellung am Durchlass nähern. Hier wird er, auf zwei nah beieinanderliegenden Hügeln, die Maschinengewehre postieren, die den jäh gestoppten Zug im Dauerfeuer bestreichen sollen.
    Ich habe es schon deutlich vor Augen: Wie eine qualmschleudernde Lokomotive vor einem Zug mit Güterwagen durch ein Wüstenareal in Libyen dahinstampft. Der Zug hält am Nachbau des Betriebsbahnhofs. Charakteristisch, damit höchst geeignet für die Aktion: der Gleiskörper führt nah an zwei Hügeln vorbei.
    Weiter: Vom Hedschasgebirge herab führt ein anderes Wadi näherungsweise in Richtung Betriebsbahnhof; dieses Erosionstal verläuft in etwa parallel zum gelegentlich wasserführenden Erosionstal, aus dem heraus Lawrence mit seinen Kamelreitern den Streckenposten am Durchlass überfallen und überwältigt hat, um sogleich die Garland-Mine zu installieren, die Zündkabel zu verlegen, hinauf zu einem der beiden Hügel, auf denen die MG s in Stellung gebracht sind. So soll die türkische Einheit ausgelöscht und Musil liquidiert werden.
    Doch die meisten der türkischen Soldaten verlassen den Zug bereits am Betriebsbahnhof – außer Sichtweite des Sabotagetrupps. Diese Kriegslist ergänzt durch eine weitere List, wie an der langen, extrem anfälligen Bahnstrecke mehrfach angewendet: Streckenposten werden scheinbar verstärkt durch lebensgroße Figuren, ausstaffiert mit türkischen Uniformen und Helmen. Solche Figuren wurden unterwegs eingesammelt, wurden auf Dächern von Güterwagen sichtbar hinter Sandsäcken postiert, sichtbar an geöffneten Verladetüren der Güterwagen aufgestellt. So wird Vollzähligkeit des Truppentransports vorgetäuscht, zumindest für die entscheidenden ersten Sekunden des Zusammenstoßes, des Gefechts.
    Um Orens und die Seinen in Spannung zu halten, wird die Lokomotive reichlich Pfiffe abgeben, Pfiffe, die dem wartenden, ja lauernden Sprengkommando signalisieren könnten, irgendetwas verzögere die Weiterfahrt, es werde aber sicher bald weitergehn.
    Und so sehe ich den Vormarsch der Eingreiftruppe unter Musil: Anführend drei Reiter – auf Pferden, die in einem der Güterwagen mitgeführt wurden. Mit Reitern auf Pferden können sich unsere Kinobesucher eher identifizieren als mit Reitern auf Kamelen – da macht man leicht eine etwas unglückliche Figur.
    Die drei Reiter auf gleicher Höhe. In der Mitte, selbstverständlich, Alois Musil. Nun aber in einer Offiziersuniform des austriakischen

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