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Das Gesetz des Irrsinns

Das Gesetz des Irrsinns

Titel: Das Gesetz des Irrsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Kühn
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Fuß, ein Bild der Ordnung. Alois Musil, Leutnant Reinartz, Hamid Fakhri Bey schreiten die Front ab. Wie zu Ehren Musils bleiben die flankierenden Offiziere jeweils einen Schritt hinter ihm zurück, erkennen damit seine Führungsrolle an. Mit diesem Bild sollte, mit diesem Bild wird der Film enden.

Ich habe Göring schwer geschädigt
    Der vom Königlich Belgischen Landgericht konzedierte Umfang meines Rechenschaftsberichtes erlaubt es mir, einleitend den Weg zur inkriminierten Tätigkeit während der Jahre der Naziherrschaft, somit während der Besatzung, zu skizzieren.
    Im Jahre 1908 wurde ich, Norbert Verdonck, in Eupen geboren, als Sohn des Hydrologen Friedrich Gillessen und der Louise Catherine, geb. Jansen. Zwei Jahre nach meiner Geburt ließen sich die Eltern scheiden, meine Mutter heiratete erneut einen Ingenieur, Friedrich Verdonck, eine athletische Erscheinung. Nach einer gewalttätigen Auseinandersetzung, die mit erheblichen Verletzungen des Gegners endete, musste Verdonck seine Stelle aufgeben, eine neue Existenz aufbauen.
    In frühen Jahren hatte ich die Namen beider Väter kombiniert: Verdonck-Gillessen, beließ es zuletzt aber bei Verdonck. Der Hydrologe hatte mich in keiner Weise zur Kunst geführt, meine Mutter, als Tochter eines Baumeisters, ebenso wenig, hingegen hatte mich Verdonck zu einigen Museumsbesuchen mitgenommen, während er in Lüttich und Brüssel zu tun hatte, in der Automobilbranche.
    Mit neunzehn nahm ich teil an einem offenen Wettbewerb der »Afdeling Algemene Wetenschappen van de Technische Hogeschool« in Delft, jener Institution der Nachwuchsförderung. Ich hatte ein Blumenstilleben im Stil des 17 . Jahrhunderts vorgelegt, dies auf einer (postkartenkleinen) Kupfertafel, in einer Kunsthandlung erworben – das Ölbild (als Sujet ein Kircheninneres) war fast vollständig abgeblättert, verbliebene Farbreste ließen sich leicht abtragen. Die gereinigte Kupfertafel rieb ich, einer alten Tradition folgend, mit einer Knoblauchzehe ein, förderlich für den Farbauftrag. Und es entfalteten sich Blüten eines kleinen Straußes im chinesisch blau-weiß gemusterten Napf.
    Der kleine Erfolg motivierte meine Suche nach alten Bildträgern. Besondere Vorliebe entwickelte ich für Mahagoni-Bildtafeln; ebenso willkommen waren textile Bildträger, selbstverständlich aus der Zeit vor der industriellen Fertigung. Je stärker der Verfall der Gemälde, desto leichter wurde es, die Reste zu entfernen, um sodann die sichtbar und fühlbar alte Leinwand neu zu bemalen. Dies mit Sujets im Geiste jener vergangenen Ära, die mir besonders nah blieb. Da vermittelte der schöpferische Akt ein Gefühl (in)direkter Verbundenheit: Auf eine Leinwand malen, auf die drei Jahrhunderte zuvor bereits gemalt worden war. Das wirkte stimulierend ein auf meine Stilleben – bei denen ich allerdings ein eigenes, eigenständiges, ja eigenwilliges Muster entwickelte.
    Einwirkend auf die Konzeption war meine Abneigung gegen die im 17 . Jahrhundert zeitweilig beliebten Küchen- oder Marktbilder mit dem Grundmuster der Anhäufung: diverse Gemüsesorten ausgebreitet, Obstsorten aufgehäuft, Fische gereiht, Fleischbatzen gestapelt; trotz solcher unappetitlichen Massierung musste jedes Detail sorgsam ausgeführt werden – enormer Arbeits- und Zeitaufwand! Da zog ich Stilleben vor, bei denen Speisen und Getränke auf Damast-Tischdecken oder auf Marmor-Tischplatten arrangiert waren, die Objekte prägnant hervorhebend.
    Als Kontrastfläche bei mir hingegen: schwarzer Raumgrund, vor dem die Objekte an Fäden und Schnüren aufgehängt scheinen. Dies nicht einfach nur aufgereiht (das wäre langweilige Addierung), vielmehr hängte ich Objekte in den Vordergrund, den Mittelgrund, den Hintergrund, einander partiell überdeckend oder deutlich voneinander abgerückt. So gab ich dem Schwarzraum Tiefe, zusätzlich betont durch Lichtakzente – ich brauchte Spielraum.
    So habe ich eingefädelt und aufgehängt, was bei den Bankettbildern eines Claesz oder Cuyp gefeiert wurde, bewundert wird: Römerpokal … Austern … Schinken … Silberkanne … Hummer – alles in die Schwebe gebracht. Und Obst: der Faden verknotet mit Apfel- oder Birnenstiel … in einer Fadenschlaufe Pomeranze oder Pfirsich … angeknüpft ein Traubenbündel, ein Stachelbeerästchen, eine Johannisbeerrispe (dazu eine anfliegende Libelle). In gleichem Verfahren: Eine Schlinge um ein Fadenglas … bei einem Berkemeyer die Schlaufe zwischen Griff und Kelch … aufgehängt ein

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