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Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Titel: Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Lorusso
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Richtung, »habe ich jeden Tag trainiert, und ich habe mir niemals erlaubt, sie zu beleidigen, weil ich ihr den größten Respekt entgegenbringe.«
    Oda stieg aus dem Wasser und trocknete sich sorgfältig ab. Sein Gesicht zeigte einen zufriedenen Ausdruck.
    »Cohey Adaï, kleiner Bruder«, raunte Suvaïdar ihm zu, »lass das, das ist keine formelle Beleidigung. Die Beleidigung war an meine Adresse gerichtet. Lass mich die Sache selbst in die Hand nehmen. Ich werde eine unangenehme halbe Stunde zubringen müssen, das ist klar, aber wir wussten doch beide, dass so etwas eines Tages passiert. Wenn es erst einmal die Runde gemacht hat, dass ich im Fechtsaal nichts tauge, wird mich niemand mehr provozieren, weil es unehrenhaft ist, sich mit jemandem zu duellieren, der ein so niedriges Niveau wie ich hat. Und wenn du mich weiterhin verteidigst, kannst du dich nicht in deinen Clan integrieren.«
    Oda drehte den anderen den Rücken zu und schenkte ihr eines seiner seltenen Lächeln.
    »Aber ich möchte, dass man weiß, dass jeder, der dir nicht den gebührenden Respekt entgegenbringt, sich mit mir zusammenim Fechtsaal wiederfindet«, sagte er und wandte sich wieder dem Jungen zu. »Jetzt?«
    »Wenn du es für opportun erachtest, Herr.«
    »Dann also jetzt.«
    Er wartete, bis der Junge und seine Kameraden sich angekleidet hatten; dann ging er mit ihnen in den Fechtsaal des Clans, gefolgt von Suvaïdar und einigen Asix, die den Wortwechsel zwischen den beiden mitbekommen hatten. Es kam selten vor, dass Asix bei den Duellen assistierten: Ihre friedliche Natur verabscheute Blutvergießen. Doch dieser Fall lag anders. Schließlich war es Suvaïdar gewesen, eine Shiro-Dame, die beleidigt worden war. Und in den Asix-Hütten – unerreichbar für die Ohren der Saz Adaï und ihres Beraters – munkelte man, dass einer von ihnen, ein Asix, der Grund dafür gewesen sei, dass Suvaïdar Ta-Shima verlassen musste.
    »Ihr, die Shiro, ihr würdet euch den Tod zum Liebhaber nehmen«, sagte traurig eine junge Asix. »Gutari hätte auf keinen Fall so reden dürfen, das stimmt, aber er wollte doch nur geistreich sein und andere beeindrucken, Oda Adaï. Ich bitte dich, tu ihm nichts.«
    »Wir werden nur gemeinsam trainieren, kleine Asix«, antwortete er sanft. »Ist er dein Freund? Du weißt, er würde dich nicht wiedererkennen, könnte er hören, wie du ihn verteidigst.«
    »Meine Mutter ist seine Pflegemutter, er ist mein Milchbruder.«
    »Mach dir keine Sorgen. Es wäre keine Ehre für mich, einen Jungen, der noch nicht erwachsen ist, ernsthaft zu verletzen. Aber er sollte lernen, sich zu beherrschen, und er muss wissen, wann es besser ist, zu schweigen.«
    Sie erreichten den Fechtsaal. Eine Gruppe Jugendlicher mit noch langem Haar trainierte den Handkampf. Als sie sahen, dass Erwachsene den Raum betraten, unterbrachen sie sofort ihr Training, grüßten respektvoll und machten Platz für die Ankömmlinge.
    Oda bereitete sich schweigend vor. Ehe er sein Gesicht schützte, fragte er den Jungen, in welchem Stil er kämpfen wolle.
    »Die beiden Klingen.«
    Die Antwort war gut überlegt: Das war nicht der schwierigste Stil. Bei einem Fechter, der bereits einen höheren Grad innehatte, hätte ein anderer Stil anmaßend gewirkt, und Oda hätte dies als Beleidigung auffassen können. Das galt aber nicht für einen Anfänger.
    »Möchtest du die Blutklingen?«, fragte der Junge.
    Die Blutklingen – die Kampfwaffen aus gehärtetem Stahl. Nur selten blieben die Gegner bei einem Kampf mit diesen Waffen unverletzt. Aber selbst wenn Gutari sich fürchtete, zeigte er seine Angst nicht.
    Mit einem entschiedenen Kopfschütteln verneinte Oda. Man konnte die erleichterten Seufzer der Asix hören. Der Kampf würde also nicht tödlich enden; sie konnten sich entspannt hinsetzen und zuschauen.
    Gutari ging zu der Wand, an der die Übungswaffen standen, und ergriff ein Schwert und ein Holzmesser. Dann drehte er sich zu Oda um, um dessen Wahl abzuwarten. Doch dieser ging zur gegenüberliegenden Wand. In einer Ecke lehnte die Reitpeitsche des Meisters. Sie bestand aus drei zusammengebundenen Binsen und diente normalerweise dazu, auf das Bein oder den Arm eines Übenden zu schlagen, wenn er eine falsche Haltung einnahm. Manchmal versetzte der Meister damit auch einen strafenden Schlag. Waden und Rücken der kleinen Shiro trugen oft solche Striemen.
    Oda nahm die Peitsche, wog sie in der Hand und sagte:
    »Ich bin bereit. Wer von den Anwesenden hat den höchsten

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