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Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Titel: Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Lorusso
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»Du hast zwar schon Fortschritte gemacht, aber sie reichen noch nicht aus.«
    »Es wird niemals reichen, befürchte ich. Selbst der beste Lehrer kann keine befriedigenden Resultate vorweisen, wenn der Schüler nichts taugt.«
    Sie grüßte, indem sie sich respektvoll vor ihm verbeugte. Dann ging sie zum Haus des Clans. Zum ersten Mal seit zwei Monaten hatte sie wieder gute Laune und freute sich auf den unendlichen Luxus, von Zeit zu Zeit einmal wieder einen freien Abend zu haben. Im Augenblick hatte sie abends keine Aufgaben bis auf die Besuche in der Botschaft – eine Verpflichtung, die sie langsam erdrückte. Außerdem musste sie hin und wieder Fronarbeit leisten und langweilige Arbeiten im Haus verrichten. Doch nach zwölf Stunden Dienst im Krankenhaus konnte sie an den meisten Abenden tun und lassen, was sie wollte.
    Da sie wusste, dass Oda verärgert sein würde, beschloss sie, ihm die Neuigkeit von ihrem Ausstieg von der Akademie schonend beizubringen. Als sie ihm im Gemeinschaftsraum begegnete, schlug sie ihm vor, die Matte mit ihm zu teilen – ein Angebot, das Oda gern annahm.
    Nachdem beide ihre Lust befriedigt hatten, lagen sie nebeneinander, und Suvaïdar berichtete Oda behutsam von ihrem Entschluss. Sie spürte, wie sein Körper sich anspannte, als Wut in ihm aufstieg. Er sagte nichts, stand auf und suchte tastend nach der Öllampe. Dann zündete er den Docht aus ölgetränkter Daïbanfaser an und setzte sich im Schneidersitz zu ihren Füßen aufdie Matte. Damit zeigte er ihr seine klare Absicht, eine ernsthafte Unterhaltung führen zu wollen. Er würde sich nicht von irgendwelchen Liebkosungen davon abbringen lassen.
    »Das kannst du doch nicht machen!«, sagte er vorwurfsvoll. »Das ist die beste Akademie von Gaia! Und wo du dir in den Kopf gesetzt hast, deine Zukunft mit Duellen zu gestalten, musst du optimale Voraussetzungen dafür schaffen, siegen zu können.«
    »Das ist doch lächerlich! Nie im Leben werde ich eine auch nur halbwegs gute Kämpferin, schon gar nicht in den vier oder fünf Monaten, die mir noch bleiben. Selbst der beste Ausbilder auf dem Planeten kann aus einer Kuh keine Néko machen.«
    »So darfst du nicht denken, sonst hast du schon vor dem Kampf verloren. Denk an die dritte Regel der Akademie: ›Der vor dir steht, ist ein Partner, der dir hilft, Fortschritte zu machen.‹ Der eigentliche Gegner ist in deinem Innern, in deinem Kopf. Er nennt sich Angst, Mangel an Selbstvertrauen ...«
    »Aus Liebe zur Galaxie, bewahre dir deine schönen Worte für deine jungen Bewunderer auf. Du musst dir selbst eingestehen, dass ich in einem Fechtsaal nichts tauge und niemals etwas taugen werde. Wie oft hast du schon mit mir trainiert?«
    »Wenn du so sicher bist, dann sage um Himmels willen dieses lächerliche Duell ab. Jeder hat dir dazu geraten.«
    Suvaïdar platzte der Kragen. Sie schob das Bettzeug zur Seite und setzte sich hin.
    »Was denkst du eigentlich, wer du bist, dass du mir Weisungen erteilst, als hätte ich noch langes Haar, Cohey? Mein Haar wurde ein paar Trockenzeiten eher abgeschnitten als deins, junger Flegel!«
    Oda erhob sich geschmeidig. Das warme Licht der Lampe tanzte auf seinem mageren, haarlosen Körper.
    »Shiro Adaï«, sagte er mit tonloser Stimme, »ich denke, es ist besser, dass ich den Rest der Nacht in meinem Zimmer verbringe.«
    »Wie du willst, Cohey Adaï«, antwortete sie, immer noch wütend.
    »Es sei denn, du möchtest die Diskussion im Fechtsaal weiterführen«, fuhr er fort.
    Suvaïdar hatte das merkwürdige Gefühl eines Déjà-vu-Erlebnisses, während ihr ein nahezu identischer Dialog in den Ohren klingelte. Sie erinnerte sich, wie Jori Jestak sich im Pavillon der Volljährigkeit mit Haridar gestritten hatte. Nur dass Jori, ihr Vater, sie zutiefst missachtet und ihr den Tod bei einem Duell gewünscht hatte. Oda dagegen vergaß die Regeln des Anstandes nur, weil er sich Sorgen um sie machte. Suvaïdar erinnerte sich auch, dass ihr Vater mit seiner dummen Dickköpfigkeit bei helllichtem Tag und in tödlichem Sonnenschein fortgegangen war und Gaia niemals erreicht hatte. Auf dem Weg in die Stadt war er von den ersten Ausläufern des Orkans überrascht worden, der die Trockenzeit einläutete. Niemand hatte ihn noch einmal gesehen, geschweige denn seinen Körper gefunden.
    Suvaïdar atmete tief durch, um sich zu beruhigen; dann murmelte sie: »Cohey Adaï, ich werde mit dir kämpfen, wenn du es wünschst, obwohl du diese Diskussion gerade deshalb

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