Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Titel: Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Lorusso
Vom Netzwerk:
Krieg fast aller menschlichen Welten – ein Krieg, der Milliarden von Toten gekostet hat. Als endlich wieder Frieden herrschte, wollte man von genetischen Manipulationen nichts mehr wissen. Noch heute ist das eine Frage des Prinzips. Es ist sogar verboten, bestimmte Krankheiten zu behandeln, die eine genetische Therapie erfordern.« Sie blickte den jungen Asix an. »Die gelben Haare und die weiße Haut sind keine Krankheit , Win. Es liegt daran, dass die Sonnen anderer Planeten anders sind als die von Ta-Shima.«
    Suvaïdar hatte mittlerweile das Essen aufgetragen. Die drei Shiro aßen langsam, Win mit dem Appetit eines jungen männlichen Asix, auch wenn man die Automatengerichte nicht mit frischer Pflanzenkost vergleichen konnte.
    Suvaïdar, die das Zusammentreffen mit ihren Landsleuten nach so vielen Jahren nervös machte, schlug das Essen auf den Magen. Nach ein paar Bissen schob sie ihren Teller zur Seite. Als sie sah,dass Win, der bereits alles aufgegessen hatte, hungrig auf ihren Teller starrte, schob sie ihn zu ihm hinüber, worauf der Asix sich gleich darüber hermachte.
    Zwischen zwei Bissen erzählte Tichaeris ihre Geschichte weiter:
    »Als der Frachter für einen Tag einen Zwischenstopp in Neudachren machte, kam mir der Gedanke, die Shiro-Studenten zu besuchen, die an der Universität eingeschrieben sind. An Bord des Frachters war auch Win. Er gehört zu meinem Clan, und wir waren auf derselben Akademie. Er hat mich begleitet. Eine gute Idee, wie uns schien. Er sprach ein bisschen Galaktisch, und ohne ihn hätte ich die Universität nicht gefunden – und schon gar nicht die Wohnungen der fremden Studenten. Aber als wir bei Oda Adaï ankamen, war da ein in Grau gekleideter Mann, der ziemlich grob zu Win war.«
    »Ein Mitglied der Miliz«, warf Oda ein. »Der Mann packte Win am Arm, und da ...«
    »Und da habe ich ihn ein kleines bisschen gestoßen«, fiel Win ihm ins Wort und hob den Blick von dem leer gegessenen Teller, den er gerade sorgfältig säuberte.
    »Ein bisschen gestoßen ? Du hast ihn aus dem Fenster geworfen!«, erklärte Oda schroff.
    »Ich habe ihn wirklich nur gestoßen, ich schwör’s«, beteuerte Win. »Ich habe nur vergessen, dass die Häuser in der fremden Welt so hoch sind.«
    »Welche Etage war es?«, fragte Suvaïdar.
    Oda seufzte. »Die sechste.«
    Tichaeris warf Win einen frostigen Blick zu.
    »Wenn es ein normales Haus wie bei uns gewesen wäre«, sagte Win leise, »und nicht dieses seltsame hohe Ding, in dem Fremde übereinander leben, hätte der Mann sich vielleicht nur ein Bein gebrochen.« Win trat die wichtigsten Regeln der Höflichkeit mit Füßen – für einen Asix eigentlich untypisch –, indem er an Suvaïdars Ärmel zog und hoffnungsvoll begann: »Aber wo du nun in den Rat eingetreten bist, könntest du vielleicht ein gutes Wort für mich ...«
    »Wie kommst du denn darauf?«, unterbrach Suvaïdar ihn. »Ich bin lediglich nach Ta-Shima berufen worden. Ich habe nicht gesagt, dass ich gehe.«
    »Aber ich bin für den Tod eines Menschen verantwortlich«, jammerte Win, »und auch wenn es sich nur um einen Sitabeh handelte, bin ich vor dem Gesetz schuldig. Aber ich habe es nicht mit Absicht getan!«
    Als Tichaeris diese klägliche Entschuldigung vernahm, runzelte sie unwillkürlich die Stirn.
    Win fügte in beschwörendem Tonfall hinzu:
    »Ich wollte doch nur den Shiro Adaï verteidigen, der in Gefahr war.« Er wies auf Oda. »Ich bitte dich, sag mir, habe ich richtig gehandelt, oder habe ich ein Verbrechen begangen?«
    Win hatte sich wie die anderen im Schneidersitz auf den Teppich gesetzt, um zu essen. Nun erhob er sich in einer fließenden Bewegung und verbeugte sich tief.
    Suvaïdar musterte ihn. Dann seufzte sie verärgert.
    »Was mich betrifft«, sagte sie, »ich glaube nicht, dass es sich um ein Verbrechen handelt. Und vielleicht war der Shiro Adaï ja wirklich in Gefahr. Auf jeden Fall sollten dein Lehrer und die Saz Adaï deines Clans entscheiden, ob du eine Bestrafung verdienst und wenn ja, welche, sobald du wieder in Gaia bist.«
    Suvaïdar hob die Hand, um die Locken des Jungen zu berühren, doch unter den bestürzten Blicken der anderen beiden Shiro zog sie die Hand eilig zurück. Sie erinnerte sich daran, dass die Shiro einander in der Öffentlichkeit nicht berühren durften, und einen Asix erst recht nicht.
    Und mit einem Mal, mit einem nostalgischen, beinahe schmerzlichen Gefühl, kamen all die Erinnerungen in ihr hoch, die sie in den vergangenen Jahren

Weitere Kostenlose Bücher