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Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Titel: Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Lorusso
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vom ehrlichen Interesse an den Recherchen, die Suvaïdar vornehmen wollte, hatte sie es eilig, aus Gaia zu verschwinden – weg von Maria, der sie zukünftig nicht mehr vertrauen konnte, weg von Oda, der ständig Dinge von ihr zu erwarten schien, zu denen sie sich nicht in der Lage sah, weg vom Haus des Clans, das von der starren Förmlichkeit der alten Odavaïdar durchdrungen war und weg von der Verpflichtung, als Mittler für die Botschaft zu dienen.
    Suvaïdar musste an Rasser denken. Zweifellos war er nicht besonders intelligent, und ihm fehlte die geistige Beweglichkeit, was allerdings auch für die Mehrheit der Shiro galt, wie Suvaïdar sich eingestehen musste. Allerdings war Rasser sehr korrekt und versuchte, sein Bestes zu geben, wenn auch auf ganz andere Art als der alte Botschafter Coont. Mit ihm zu reden, hatte Suvaïdar jedoch darin bestärkt, was sie bereits auf Wahie gemerkt und sie davon abgebracht hatte, wahre Freundschaften zu knüpfen: Zwischen ihren beiden Kulturen gab es keine Möglichkeit der Verständigung.
    Viele Außenweltler sahen auf die Ta-Shimoda herab, weil sie auf technischem Gebiet weniger weit entwickelt waren, doch ihre Herablassung war im Vergleich zur abgrundtiefen Verachtung, welche die Ta-Shimoda – auch die demütigen Handlanger-Asix mit dem Ordensband, das mit einem schwarzen Streifen endete – ihnen gegenüber hegten, beinahe wohlwollend zu nennen.Die Mildtätigsten unter ihnen begnügten sich damit zu sagen, die Sitabeh-Strohköpfe könnten nichts dafür, dass sie Barbaren seien; sie hätten eben nicht das Glück gehabt, auf Ta-Shima geboren zu sein und hätten deshalb nicht von den Errungenschaften der Zivilisation profitieren können. Doch in der Mehrzahl der Fälle betrachteten sie die Außenweltler nicht einmal als Menschen.
    Was für ein Witz – in Wirklichkeit sind wir keine menschlichen Wesen, dachte Suvaïdar, als sie auf der Suche nach einem Leinenbeutel oder einen Beutel aus Daïvanfaser über den Markt ging.
    Schließlich entdeckte sie einen, der groß genug war und den man auf dem Rücken tragen konnte. Um den Beutel zu erwerben, musste sie der alten Asix, die auf dem Fußboden ihres Ladens saß, fast ein Viertel der Münzen aus Cormarou-Holz geben, die der Verwalter des Clan-Hauses ihr für den Monat gegeben hatte. Sie nahm den Beutel mit ins Labor und verstaute darin eine Reihe von kleinen, lackierten Holzfläschchen für die Blutproben und drei transkutane, wiederverwendbare Sauger (die alten Nadelspritzen waren für das Quarantänezentrum im Astroport reserviert) mit einem winzigen Sterilisator, den man in einem ganz normalen Topf auskochen konnte. Zufrieden stellte sie fest, dass noch etwas Platz blieb für eine Hose zum Wechseln, ein bisschen Wäsche, einen Umhang und einen Imbiss.
    Am nächsten Morgen verließ sie das Haus vor Morgengrauen, ohne Lärm zu machen. In der fast noch völligen Dunkelheit ging sie den Hauptkanal entlang bis zur Straße nach Gorival. Diese führte praktisch geradeaus nach Norden, wobei sie die Felder querte. Suvaïdars Schritte hallten in einem schnellen und regelmäßigen Rhythmus auf den Schieferplatten wider. Als der Himmel sich aufhellte und die Nebelschwaden, die von der feuchten Erde aufstiegen, perlmuttfarben glänzten, hatte sie seit Langem erstmals wieder die Vorortsiedlungen Gaias hinter sich gelassen.
    An den ersten Bauernhöfen wollte Suvaïdar vorbeigehen, denn sie lagen zu nah an der Stadt, um es den Asix, die dort arbeiten, zu gestatten, tagsüber zu den weiter entfernten Zuchtbetrieben mitten auf der Hochebene zu gehen. Sie hatte eine Liste mit Betrieben erstellt, in denen seit mehreren Monaten keine Shiro mehr lebten, und sich eine Route zusammengestellt, die es ihr erlaubte, all die Betriebe aufzusuchen, die zwischen Gaia und Gorival lagen.
    Rechts und links von der Straße, die jetzt kaum mehr als eine Piste aus zerstampfter Erde war, zogen sich monoton Felder und Obstplantagen hin. Einige waren menschenleer, auf anderen hatten bereits kleine Landarbeitergruppen damit begonnen, die letzte Ernte vor der Trockenzeit einzufahren. Als man Suvaïdar entdeckte, grüßte man sie von Weitem, indem man ihr winkte, und sie erwiderte den Gruß. Während der Arbeitsstunden ging es auf der Straße normalerweise ruhig zu, doch gleich zu Beginn begegneten ihr mehrere kleine Gruppen, die eilig nach Gaia unterwegs waren. Die Reisenden trugen Körbe mit Obst und Käse, Kannen mit Milch und Eiern bei sich. Es waren Asix, die auf

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