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Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Titel: Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Lorusso
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bedeutungsvoll das Gesicht: Sein Shiro-Tutor schien ihm nicht besonders zu gefallen. »Sie glaubt, es sei schädlich, die ganze Kindheitim Kreise von Asix zu verbringen. Und du – genauer gesagt, dein Verhalten – hat sie davon überzeugt, dass sie mit dieser Meinung richtig liegt. Niemand macht dir zum Vorwurf, dass du dir einen Asix als Gefährten ausgesucht hast. Es geht allerdings nicht an, dass du dich auf eine einzige Person beschränkt und dich mit Tarr in der Öffentlichkeit gezeigt hast. Das war nicht in Ordnung.«
    »Aber was ist so schlimm daran? In der Schule sagt man uns immer wieder, dass wir uns allen Menschen gegenüber taktvoll verhalten und zwischen den beiden Rassen keinen Unterschied machen sollen.«
    »Wärst du mit einem Tutor und nicht bei einer Pflegemutter aufgewachsen, würdest du es verstehen. Die Regeln sind eine Sache, die Tradition ist eine andere. Und bei uns zählen einzig und allein die Traditionen. Natürlich müssen wir allen anderen Menschen gegenüber höflich sein, aber darüber dürfen wir auf keinen Fall vergessen, dass wir Shiro sind.«
    »Manchmal wünsche ich mir, ich wäre keine.«
    »Aber du bist eine. Und dazu noch ein überaus bezaubernde, wenn ich das sagen darf. Bleib diese Nacht bei mir, dann wird sich der Zorn der Matriarchin in Luft auflösen, und sie wird zufrieden sein, dass du deinen Platz innerhalb des Clans wiedergefunden hast. Ich biete dir das nicht aus reiner Menschenliebe an«, fügte er aufrichtig hinzu, »sondern weil du so reizend bist.«
    Lara schaute sich den Jungen genauer an, konnte aber nicht den Hauch eines Interesses für ihn aufbringen. Am Tisch hatte er sich als steif und streng erwiesen und kaum mit ihr gesprochen. Und nun preschte er mit einer Unverschämtheit vor, ohne eine Einladung von ihrer Seite abzuwarten. Er gefiel ihr gar nicht, aber wenn sie sich in dem Clans einfügen wollte, wäre es wohl angebracht, ein kleines Opfer zu bringen. Immerhin war dieser Junge der Einzige gewesen, der nach ihrer Ankunft das Wort an sie gerichtet hatte.
    »Das ist sehr freundlich«, antwortete sie. »Ich nehme deine Einladung an.«
    Seite an Seite gingen sie zurück zum Haus des Clans. In den Blicken einiger Erwachsener, die genau beobachteten, wie die beiden zu den Schlafsälen gingen, glaubte Lara so etwas wie Billigung zu erkennen.
    Ich darf nicht vergessen, ihn zu fragen, wie er heißt, erinnerte sie sich.
    In den darauffolgenden Tagen versuchte Lara gar nicht erst, sich Dols Haus zu nähern. Sie wusste, dass es besser war, sich fernzuhalten; sonst würde es nur unnötig wehtun. Sie sah Wang in der Schule und in der Akademie, und sie grüßte ihn von Weitem.
    Zwei Wochen später fasste sie Mut. Es gelang ihr, in seine Nähe zu kommen, und sie flüsterte ihm zu: »Bestelle Dol ganz liebe Grüße von mir.«
    »Ach, O Hedaï. Tarr ist fortgegangen«, gab er leise zur Antwort. »Er hat einen Vertrag für ein Jahr in Gorival.«
    »Danke für die Auskunft, Wang.«
    »Du fehlst mir«, sagte er.
    Lara war gerührt von dieser ungewohnten emotionalen Geste.

6
Außenwelt
    Suvaïdar beobachtete Oda
heimlich und machte sich Gedanken darüber, warum die Politik des Clans sich systematisch den Wünschen und Hoffnungen der Jungen in den Weg stellte. Es musste doch viele andere geben, die so dachten wie sie, und die ebenfalls neugierig waren auf alles Unbekannte. Warum hatte man gerade Oda, der von Kopf bis Fuß ein echter Ta-Shimoda war, in die Außenwelt geschickt?
    Suvaïdar glaubte zu wissen, was der eigentliche Grund dafür gewesen war: Oda studierte alles, was er studieren musste, aber er war nicht anfällig gegenüber irgendwelchen fremden Ideen. Der Arme! Wie unglücklich musste er an der Universität von Neudachren gewesen sein! Und was war mit ihr selbst? Seitdem sie ihren Bruder wieder getroffen hatte, wagte sie die Charakterzüge der Shiro, die auch die Persönlichkeit Odas ausmachten, kaum mehr zu kritisieren.
    Sanft berührte sie Odas Hand. Er schreckte auf und war dermaßen überrascht, dass er sich rasch nach allen Seiten umschaute.
    »Keine Sorge, Shiro Adaï«, sagte sie leise zu ihm, »niemand hat diese ungehörige Geste extremer körperlicher Nähe gesehen. Aber es macht mir Spaß. Du bist doch mein Bruder, und ich bin froh, dass ich dich habe. Ich habe die Regeln des Sh’ro-enlei stets verachtet, aber wenn er jemanden wie dich hervorgebracht hat, kann er nicht durch und durch schlecht sein.«
    Zum ersten Mal sah sie Oda herzhaft lachen. Zuvor

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