Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)

Titel: Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Lorusso
Vom Netzwerk:
waren Synonyme für Geborgenheit und Zuneigung.
    Den Skandal, den Suvaïdar damals ausgelöst hatte, hatte nichts damit zu tun, dass sie die Nacht der drei Monde mit Tarr verbracht hatte. Der Skandal war vielmehr, dass sie weiterhin darauf bestanden hatte, mit Tarr die Nächte zu verbringen. Außerdem hatte man ihr vorgeworfen, sie habe sich in aller Öffentlichkeit mit ihm gezeigt.
    In Wirklichkeit, das wusste sie heute, war der Hauptgrund für ihren Ärger die Dummheit ihrer Pflegemutter Dol gewesen. Sie hatte ein viel zu großes Aufhebens um die Sache gemacht, weil sie ihr nicht gefiel. Suvaïdar jedoch, die sich damals noch Lara nannte, hatte darauf beharrt und für sich beansprucht, dass Tarr in den Nächten die Matte mit ihr teilte, bis es Dol schließlich zu viel wurde und sie sich bei der Matriarchin beklagte.
    Lara war in das Haus ihres Clans zur alten Huang bestellt worden. Diese wurde von allen ironisch Odavaïdar Huang to Narufeni genannt, obwohl sie mit ihren dreiundachtzig Trockenzeiten für eine Shiro eigentlich noch gar nicht so alt war.
    Lara war in das Zimmer der Alten getreten. Die magere, verhärmte Frau empfing sie im Schneidersitz auf einem Kissen sitzend, den Rücken kerzengerade und mit eiskaltem Blick. Eine Öllampe warf ein schwaches Licht auf das harte, strenge Gesichtder Matriarchin, die Herrin war über Leben und Tod von tausenden Shiro, die zum Huang-Clan gehörten.
    »Was machst du für Dummheiten?«, hatte sie Lara in betont abweisender Manier gefragt.
    »Guten Tag, Saz Adaï.« (Lara hatte sich tief vor ihr verbeugt und sie mit dem Titel »Saz Adaï« angesprochen, was »Ehrwürdige Mutter« bedeutet.) »Ich freue mich, dich bei bester Gesundheit zu sehen.«
    »Lass die Höflichkeitsfloskeln. Mir sind unerfreuliche Dinge über dich zu Ohren gekommen. Dein Verhalten in der Schule ist nicht das Beste, und in der Akademie gibst du dir nicht genug Mühe. Und was ist das für eine schwachsinnige Geschichte, mit einem Asix in aller Öffentlichkeit spazieren zu gehen?«
    »Ach, Ehrwürdige Mutter ...« Da man sie nicht darum gebeten hatte, sich zu setzen, ließ Lara sich auf die Knie nieder und machte eine tiefe Verbeugung, bis ihre Stirn fast den Boden berührte. Dabei fixierte sie weiterhin die alte Dame. Schließlich erhob sie sich und verharrte bewegungslos, mit kerzengeradem Rücken, die Hände auf den Kissen.
    »Willst du mir etwas sagen?«, fragte die Alte.
    »Nun ja, Saz Adaï, ich ... ich ...«
    »Rede nicht um den heißen Brei herum!«, schimpfte sie. »Antworte!«
    »Ja, Saz Adaï. Was die Akademie betrifft ... ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich nicht genug trainiert habe und deshalb nur geringe Fortschritte mache. Ich verdiene eine Bestrafung.«
    »Mach dir deshalb keine Sorgen. Aber Bestrafungen fallen in den Zuständigkeitsbereich der Akademie, nicht in den des Clans.«
    »Und was die Schule betrifft, Saz ... was wirft man mir vor? Ich finde, ich komme mit dem Lernen sehr gut voran.«
    »Ja, du kommst gut voran. Und wenn du die Volljährigkeitsprüfungen bestanden hast«, die Alte schaute zufrieden drein, als sie sah, wie angespannt Lara auf diese Worte reagierte, »hat der Clan die Absicht, dich an der Universität Medizin studieren zu lassen. Allerdings gefällt den Lehrern dein Verhalten nicht. Du schaust nach allen Seiten, du guckst wie ein Asix, und du zeigst deine Gefühle.«
    »Was ist so schlimm daran?«
    »Sei nicht frech! Natürlich ist es schlimm. Du bist eine Shiro, das darfst du niemals vergessen.« Sie verstummte kurz und blickte Lara scharf an. »Und was hast du mir nun zu dieser lächerlichen Geschichte mit dem Asix zu sagen?«
    Lara hatte damit gerechnet, dass diese Sache zur Sprache kam. Furcht überfiel sie, denn diese Geschichte konnte sie nicht wegleugnen.
    »Was habe ich denn Falsches gemacht? Es war meine erste Nacht der drei Monde ...«, sagte sie zögernd und mit gesenktem Kopf.
    »Pass auf, mein Mädchen!« Die Stimme der Matriarchin war schneidend kalt. »Und sieh mich an, wenn du mit mir sprichst. Lass diesen idiotischen Ausdruck. Und werde nicht rot.«
    Was kann ich nur tun, damit ich nicht rot werde?, überlegte Lara. Dann hob sie den Kopf und schaute fest in die Augen ihrer Gesprächspartnerin, die wie Glas waren. Ungeschickt fuhr sie fort: »Es war das erste Mal, und ich hatte ein bisschen Angst ...« Sie bemerkte sofort, dass sie etwas falsch gemacht hatte und biss sich auf die Zunge.
    Die Alte ohrfeigte sie heftig – einmal,

Weitere Kostenlose Bücher