Das Gesetz von Ta-Shima: Roman (German Edition)
in der Zwischenzeit irgendwie nützlich machen?«, fragte Lara eifrig.
»Du kannst helfen, das Frühstück vorzubereiten und zu servieren.«
In den Küchen, die sich im Freien befanden und von einem Dach geschützt wurden, waren zwei Asix damit beschäftigt, Tassen und Löffel auf einem Servierwagen anzurichten, auf dem bereits eine große Kanne stand. Bei der einen Asix handelte es sich um ein Mädchen in Laras Alter. Sie schob den Servierwagen. Die andere, klein und kräftig, grüßte murrend. Genau wie Tarr hatte sie Schwierigkeiten mit der Aussprache, und sie trug mit einer gewissen Arroganz und deutlich sichtbar das Lebensband – imGegensatz zu Tarr mit seinem schicksalhaften schwarzen Band, das »Reproduktion verboten« besagte.
Lara versuchte gar nicht erst, ein Gespräch mit der Asix zu führen, um sie nicht nervös zu machen. Sie half ihr beim Servieren, obwohl ihre Hilfe angesichts der körperlichen Kraft ihres Gegenübers im Grunde völlig überflüssig war. Als sie gerade die Servierwagen aus den Küchen schoben, trafen die Ärztinnen ein.
»Du da«, sprach eine von ihnen Lara an. »Komm mit, wir müssen die Verbände erneuern. Wasch deine Hände gründlich mit dieser schwarzen Seife, ja, genau so. Schau dir diesen Wagen an und sieh nach, ob alles da ist: Desinfektionsmittel, Binden, Schere, Nadel und Faden, schmerzstillende Salbe, Herztonikum ...«
Die Ärztin fuhr fort, eine ganze Reihe pharmazeutischer Produkte aufzuzählen, während Lara fieberhaft die Fächer des Wagens kontrollierte.
Die erste Patientin war eine Frau, der Lara und das Asix-Mädchen beim Frühstück helfen mussten, weil die Hände der Patientin dick mit Verbänden umwickelt waren.
»Reich mir die Schere«, befahl die Jestak-Ärztin.
Lara schnitt den blutdurchtränkten Verband ab und warf ihn in einen großen Eimer. Die Hände der Frau waren beweglich, die Handflächen jedoch waren mit großen Blasen bedeckt.
»Das Lokalanästhetikum ... ja, diese Flasche da. Benetze die Hände damit und pass auf, dass überall etwas hinkommt. Gut. Jetzt gib mir das Skalpell. Nein, das kleine da, ich muss nur eine Blase öffnen. Nimm eine Gazekompresse, um das Exsudat abzutupfen. Nicht reiben, sanft tupfen. Gib mir den weißen Topf da. Und eine sterile Binde. Halte bitte die Arme der Frau, während ich den Verband anlege.«
Als sie gingen, schaute die Ärztin Lara aufmerksam an.
»Das war doch nicht unangenehm für dich, oder?«
»Nein«, antwortete Lara erstaunt. »Weshalb sollte ich es als unangenehm empfinden? Ich habe die Hände mit dem Anästhetikum versorgt. Die Frau hat doch nichts gespürt, oder?«
»Nein. Aber ich habe eigentlich etwas anderes gemeint. Ich wollte wissen, ob die Blasen und das Blut dich gestört haben.«
»Überhaupt nicht. Ich fand das alles interessant. Ich frage mich gerade ...« Lara stockte und warf einen Blick auf die Ärztin. Die Erwachsenen aus dem Clan der Jestak waren sehr viel gesprächiger als die Huangs, das wusste sie.
»Du kannst mich alles fragen. Wenn du noch einmal herkommst, um zu assistieren, ist es hilfreich, wenn du so viel weißt wie nur möglich und verstehst, warum du es tust.«
»Wie hat die Frau sich verbrannt?«
»Es ist eine chemische Verbrennung. Weißt du, was ich meine?«
»Nein, ich habe noch nie davon gehört. Heißt das, es gibt chemische Stoffe, die einem auch ohne Flammen Brandwunden zufügen können?«
»Ja, so in etwa«, antwortete die Jestak. »Gehen wir zum nächsten Fall. Er ist nicht besonders schön anzusehen. Wenn du es nicht ertragen kannst, sag es mir.«
Lara nickte, erinnerte sich an ihre guten Manieren und fügte hinzu: »Ich werde mein Bestes geben, Frau Doktor Adaï.«
Die Sache war wirklich nicht sehr appetitlich: Der Patient war ein sehr alter Shiro mit einer tiefen Wunde im Arm, die sich einfach nicht schließen wollte. Nachdem die Ärztin den Verband abgenommen hatte, breitete sich ein durchdringender, süßlicher, widerlicher Geruch im Zimmer aus.
Lara kämpfte mit aller Mühe einen Brechreiz nieder. Die Jestak, die Stirn in Falten gelegt, ließ sich eine seltsam geformte Schere geben und schnippelte damit einen Fetzen Haut von scheußlicher Farbe weg.
»Nekrosetuch«, sagte sie mit leiser Stimme, während ihre junge Assistentin mit weit aufgerissenen Augen dastand.
»Anästhetikum«, ordnete sie an.
»Ich will kein Anästhetikum«, meldete der Alte sich zu Wort.
»Das ist dein gutes Recht, aber ...«
»Kein Aber. Ich bestehe darauf. Die Wunde
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