Das Gesicht der Anderen
sofort Interesse an mir hatte, aber dann hörte sie, was andere Frauen über mich sagten. Sie hatten sie vor mir gewarnt, ich sei ein Herzensbrecher.”
“Aber bei ihr war es nicht so. In sie hast du dich verliebt.”
“Und wie.” Dante setzte sich auf und lehnte sich neben Tessa in die Kissen am Kopfende des Bettes. “Du weißt nicht, wie es ist, einen Menschen so zu lieben, wie ich Amy geliebt habe. Es war wie in all diesen kitschigen Liebesliedern. Genau so.”
“Wie sah denn der Verlobungsring aus, den du ihr geschenkt hast?”, fragte Tessa. “Du weißt ja, uns Frauen interessieren solche Details.”
Dante nahm Tessas Hand. “Du trägst gar keine Ringe.”
Sie schüttelte den Kopf. “Ich hatte sehr viel Schmuck, etliche Ringe, auch einen wunderschönen Rubinring … Aber nach dem Unfall …” Sie seufzte. “Meine Güte, ich habe dieses Wort so oft gebraucht, dass ich es inzwischen ganz automatisch benutze.”
Er hielt immer noch ihre Hand und legte ihr jetzt den Arm um die Schulter. “Ich konnte mir nichts Teures leisten, aber ich wollte Amy trotzdem einen schönen Ring schenken. Ich konnte mir einen kleinen Diamantring leisten, nur ein halbes Karat. Aber ihr gefiel er. Du hättest sie sehen sollen, als ich ihr den Antrag machte und ihr den Ring an den Finger steckte! Als hätte ich ihr den Hope-Diamanten geschenkt!”
“Für Amy war es bestimmt der schönste Ring der Welt – und unbezahlbar.” Wenn Dante
ihr
einen billigen Strassstein schenken würde und sein Herz dazu, wäre das für sie auch der schönste Ring der Welt.
Dante ließ sie los und hielt ihr mit der linken Hand etwas hin. “Und sie hat mir das gegeben.”
Tessa betrachtete den hübschen Onyxring mit einem kleinen Diamanten in der Mitte. Er sah nicht aus wie ein billiges Schnäppchen. “Ein schöner Ring.”
“Er gehörte Amys Vater. Es war alles, was sie noch von ihm hatte.”
Tessa nahm Dantes Hand und fuhr mit dem Finger über den schwarzen Stein. “Du musst diesen Ring immer tragen, im Andenken an Amy und eure Liebe.”
Dante streichelte ihr Gesicht und ihren Hals. Er legte den Daumen auf ihre Lippen und fuhr ihr mit der anderen Hand durchs Haar. Sie sahen sich an. Tessas Herz blieb beinahe stehen. Er öffnete das Band, mit dem sie sich einen Pferdeschwanz gebunden hatte.
Er griff nach einer Strähne ihres langen welligen Haares und roch daran, dann schloss er die Augen und seufzte. “Du hast wunderschöne Haare.”
Erinnerte selbst ihr Haar ihn an Amy?
“Hatten sie schon immer diese Farbe?”, fragte er plötzlich.
“Je älter ich werde, desto dunkler wird das Blond”, sagte Tessa. “Als ich jünger war, war es viel heller. Aber wahrscheinlich sind meine Haare bald sowieso grau, und ich muss sie färben.”
Er öffnete die Augen und sah sie an. “Ich weiß, dass du nicht Amy bist, falls du das denkst. Ich weiß, dass sie tot ist und du lebst.” Er sah sie eindringlich an. “Und ich weiß, dass ich dich will.”
“Bist du ganz sicher, dass du
mich
meinst?”
“Ganz sicher.”
18. KAPITEL
L ucie Evans hatte alle Hände voll zu tun, weil ein solches Chaos herrschte. Nachdem sie mit Leslie Anne und Charles Sentell zum Haus zurückgekehrt war, hatten sie dort eine völlig genervte Sharon Westbrook vorgefunden, denn alle paar Minuten klingelte das Telefon und ein rotgesichtiger G. W. verbot allen, dranzugehen. Seine Schwester versuchte alles, um ihn zu beruhigen, aber ohne Erfolg. Celia Poole motzte alle an und wollte wissen, wo Tessa war. Ihre Mutter Myrle lief nervös durchs Zimmer, rieb sich unablässig die Hände und schluchzte. Hal und Eustacia hielten sich im Hintergrund. Der Butler sah erstaunt aus, der Köchin standen Tränen in den Augen. Tad Sizemore beobachtete die ganze Szene mit einer gewissen gelangweilten Gleichgültigkeit. Erstaunlicherweise war es eine ganz besonnene Olivia Sizemore, die Lucie fragte, ob sie irgendwie helfen könne.
“Sprechen Sie mit Mr. Carpenter. Er soll sich um das Telefon kümmern”, sagte Lucie. “Und allen Anrufern sagen, die Westbrooks wüssten, dass ein Gerücht über ihre Familie in Umlauf gebracht wurde. Sie werden sich morgen in einer Presseerklärung dazu äußern.”
Olivia nickte.
“Und Eustacia möchte bitte Kaffee machen. Ein Kaffee wird uns allen guttun – und ist sicher angebrachter als alkoholische Getränke”, stellte Lucie fest. Dann wandte sie sich an Leslie Anne, die neben ihr stand, und schüttelte sie leicht am Arm. “Ich brauche
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