Das Gesicht der Anderen
durchmacht – sie riss sich zusammen, bis klar war, dass es ihrem Großvater gut geht.”
“Ist das wahr?” Tessa kämpfte mit den Tränen.
Lucie bemerkte Dantes Arm, der fest um Tessas Taille lag, und bedachte ihn dann mit einem “Was geht denn hier ab?”-Blick. “Hast du in Louisiana etwas herausgefunden? Irgendwelche Hinweise drauf, wer unser mysteriöser Anrufer sein könnte?”
“Nein. Wir haben nichts darüber herausgefunden, wer die Person ist, die den Westbrooks so zusetzt”, erklärte Dante.
Lucie nickte. “Wenn du hier oben übernehmen willst, gehe ich runter zu Dom und Vic.” Sie sah Dante an. “Die beiden haben einen Bericht für dich. Wenn du einen Moment Zeit hast, setz dich mit ihnen zusammen.”
“Geht klar. Sobald Leslie Anne weiß, dass wir hier sind”, sagte Dante. “Ihr Wohlergehen kommt vor allem anderen.”
“Natürlich.” Lucie lächelte ihnen zu. “Bis später.”
“Bis später”, sagte Dante.
Tessa lächelte Dante an. Sie liebte ihn dafür, dass er sich so um ihre Tochter sorgte. Immer noch mit den Tränen kämpfend, klopfte sie an Leslie Annes Zimmertür. “Schätzchen, ich bin wieder da. Und Dante auch. Dürfen wir reinkommen?”
“Dante ist da?”, hörten sie Leslie Annes Stimme durch die Tür. So hoffnungsvoll, dass es schon fast peinlich war.
“Ja, Kleines, ich bin hier”, sagte Dante.
“Ihr wisst, was passiert ist?”, fragte Leslie Anne. “Jetzt weiß jeder in Fairport, dass Eddie Jay Nealy mein Vater ist.”
“Wie wär's, wenn du erst mal die Tür aufmachst? Dann können wir uns besser unterhalten?” Dante verstärkte seinen Griff um Tessas Taille.
Schweigen. Dann war ein dumpfer Laut zu hören, gefolgt von einem Kratzen und schließlich dem Klicken des Türschlosses. Die Tür ging auf, und eine verheulte Leslie Anne warf sich Dante in die Arme. Tessa sah zu, wie Dante ihre Tochter in seine großen, starken Arme nahm. Sie schloss die Augen und dankte Gott stumm dafür, dass er ihr Dante Moran geschickt hatte. Er war wirklich ein guter Mensch, verständnisvoll und zu starker, immerwährender Liebe fähig.
Er tätschelte Leslie Anne beruhigend den Rücken und sagte mit leiser Stimme: “Ich verstehe. Die ganze Stadt weiß es jetzt. Alle deine Freundinnen und ihre Eltern wissen nun, was deiner Mutter vor siebzehn Jahren Schreckliches widerfahren ist. Und du zerbrichst dir jetzt den Kopf, was sie wohl denken, und vor allem darüber, was sie über dich denken.”
Leslie Anne unterdrückte ein Schluchzen. “Ich wusste, dass du mich verstehst.” Über Dantes Schulter hinweg sah sie Tessa an. “Mama, ich weiß, es ist nicht deine Schuld.”
“Natürlich ist es nicht die Schuld deiner Mutter.” Dante nahm Leslie Annes Kinn in seine Hände. “Sieh mich an.”
Sie blickte zu ihm auf. Er lächelte. Tessa hielt den Atem an. Und Wunder über Wunder – Leslie Anne lächelte zurück!
“Es gibt Menschen, die dich lieben, Menschen, die sich um dich sorgen und die dich beschützen werden”, erklärte Dante. “Deine Mutter liebt dich mehr als alles andere auf der Welt, das weißt du. Und dein Großvater auch. Und ich mag dich ebenfalls sehr, und ich verspreche dir, hierzubleiben, bis alles vorbei ist. Hör zu! Es ist nicht leicht, der Welt die Stirn zu bieten, aber du wirst es schaffen. Und du wirst es mit erhobenem Haupt tun. Es gibt nichts, wofür du dich schämen musst.”
“Aber ich schäme mich, weil ich …”
Dante legte ihr seinen Zeigefinger auf den Mund. “Du schämst dich überhaupt nicht. Du bist Leslie Anne Westbrook. Du bist hübsch, intelligent und die Tochter deiner Mutter.”
“Ich wünschte, alle Menschen würden mich so sehen wie du.”
Er streichelte ihre Wange. “In den kommenden Wochen wirst du herausfinden, wer wirklich deine Freunde sind. Aber denk dran: Falls sich jemand aus deinem Leben verabschiedet, verliert diese Person etwas, nicht du.”
“Du weißt wirklich, wie man jemanden trösten kann.” Leslie Anne umarmte ihn noch einmal und wandte sich dann an ihre Mutter. “Tut mir leid, dass ihr früher zurückkommen musstet. Wie war es denn?”
Tessa lachte, dann streckte sie die Arme nach ihrer Tochter aus. “Komm, wir lassen Dante zu seinen Kollegen gehen, und wir beide führen mal ein Gespräch zwischen Mutter und Tochter.”
Leslie Anne umarmte Tessa und sah dann Dante an. “Du bleibst doch hier, oder? Du hast es mir versprochen.”
“Ich bleibe hier”, sagte er noch einmal. “Ich verspreche nichts,
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