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Das Gesicht des Drachen

Das Gesicht des Drachen

Titel: Das Gesicht des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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mehr vermuten. Hinter ihm tauchte ein zweiter Mann auf, den Rhyme sofort als den stellvertretenden Leiter des FBI-Büros Manhattan identifizierte - den Assistant Special Agent in Charge oder kurz ASAC. Er legte etwas zu viel Wert auf sein Aussehen, gab sich gern weltmännisch und wirkte bisweilen ein wenig blasiert. Rhyme hatte schon häufiger mit ihm zusammengearbeitet und hielt ihn für tüchtig und fantasielos. Laut Dellray neigte er außerdem zu übertriebenem Bürokratismus. Auch er wirkte sehr ernst.
    Dann betrat ein dritter Mann den Raum. Sein eleganter dunkelblauer Anzug und das weiße Hemd deuteten auf einen weiteren FBI-Mitarbeiter hin, aber er stellte sich kurz und bündig als Webley vom Außenministerium vor.
    Ah, das Ministerium hat sich eingeschaltet, dachte Rhyme. Ein gutes Zeichen. Dellray musste tatsächlich all seine guanxi genutzt haben, um ihrem Team Verstärkung zu besorgen.
    »Bitte verzeihen Sie die Störung, Lincoln«, sagte Peabody.
    »Wir müssen mit Ihnen sprechen«, verkündete der ASAC. »Es gab heute Abend einen Zwischenfall.«
    »Ach ja?«
    »Hat es mit unseren Ermittlungen zu tun?«, fragte Sachs.
    »Das glauben wir nicht. Aber es dürfte nicht ohne Auswirkungen darauf bleiben, fürchte ich.«
    Nun rück schon damit raus, dachte Rhyme und hoffte, sein ungeduldiger Blick würde diese Botschaft angemessen zum Ausdruck bringen.
    »Jemand hat heute Abend in der Tiefgarage gegenüber dem Bundesgebäude eine Bombe gelegt.«
    »Mein Gott«, flüsterte Mel Cooper.
    »Und zwar in Fred Dellrays Wagen.«
    Oje, bitte nicht, dachte Rhyme.
    »Nein!«, schrie Sachs.
    »Eine Bombe?«, rief Sellitto und klappte sein Mobiltelefon zu.
    »Fred ist nichts passiert«, versicherte der ASAC eilig. »Die Hauptladung wurde nicht gezündet.«
    Der sonst so leidenschaftslose Rhyme schloss die Augen. Sowohl er als auch Dellray hatten schon Leute durch Sprengfallen verloren. Dies war die heimtückischste und feigste Art und Weise, jemanden zu töten.
    »Er ist nicht verletzt?«, fragte Li besorgt.
    »Nein.«
    Der chinesische Cop murmelte etwas, womöglich ein Gebet.
    »Was ist geschehen?«, fragte Rhyme.
    »Es war eine Dynamitladung mit Druckschalter. Dellray hat ihn ausgelöst, aber nur die Zündkapsel ist explodiert. Vielleicht war sie nicht richtig befestigt. Man weiß es noch nicht. Unser Räumkommando hat alles gesichert und an PERT übergeben«, erklärte der ASAC.
    Rhyme kannte die meisten der Agenten und Techniker vom Physical Evidence Response Team, der FBI-Abteilung zur Spurenauswertung. Falls es etwas zu entdecken gab, würden sie es auch finden, davon war er überzeugt. »Warum glauben Sie, dass kein Zusammenhang mit unserem Fall besteht?«
    »Ungefähr zwanzig Minuten vor dem Attentat ging ein anonymer Anruf ein. Ein Mann mit unbestimmtem Akzent. Er hat gesagt, die Cherenko-Familie plane eine erste Vergeltungsaktion für die Razzia von letzter Woche. Angeblich sollen noch weitere folgen.«
    Rhyme wusste, dass Dellray erst kürzlich eine große verdeckte Operation in Brooklyn abgeschlossen hatte, dem Kerngebiet des russischen Mobs. Dabei waren drei internationale Geldwäscher samt ihren Handlangern und einigen mutmaßlichen Auftragsmördern festgenommen und mehrere Millionen Dollar und Rubel beschlagnahmt worden.
    »Woher kam der Anruf?«
    »Von einer Telefonzelle in Brighton Beach.«
    Dort lebte die größte russische Gemeinde der Stadt.
    »Ich glaube nicht an solche Zufälle«, sagte Rhyme. »Der Geist war einige Zeit in Russland, erinnert ihr euch? Um sich den Flüchtlingen anzuschließen.«
    Er sah Sachs an und zog fragend eine Augenbraue hoch.
    »Der Geist und seine Kumpel hatten es verflucht eilig, vom Ort der Schießerei zu verschwinden«, antwortete sie. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie einen Umweg zum Bundesgebäude gemacht haben, um dort eine Bombe zu legen. Was nicht heißt, dass sie nicht jemand anderen dafür angeheuert haben könnten.«
    Rhyme war nicht entgangen, dass Webley seit seinem Eintreffen noch kein Wort gesagt hatte. Er stand schweigend und mit verschränkten Armen vor der Wandtafel und starrte die Tabelle an.
    »Wie wurde der Sprengsatz deponiert?«, fragte Sellitto den ASAC.
    »Wir glauben, es war ein Zweierteam. Jemand hat draußen auf der Straße einen Lieferwagen in Brand gesetzt und dadurch den Wachposten abgelenkt. Der andere Kerl ist in die Garage gegangen und hat die Bombe gelegt.«
    Bestürzt wurde Rhyme auf einmal klar, welche »Auswirkungen« der ASAC gemeint

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