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Das Gesicht des Drachen

Das Gesicht des Drachen

Titel: Das Gesicht des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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wenden könnte.«
    »Weshalb sind Sie dann ausgerechnet zu uns gekommen?«, fragte Beisitzer Nummer eins.
    Tan überlegte kurz. »Weil ich gehört habe, Sie seien von allen am besten informiert.«
    »Es ist gefährlich«, sagte der Direktor. »Die Polizei ist hinter dem Geist her. Falls man herausfindet, dass wir uns mit ihm in Verbindung gesetzt haben, nun, es könnte sich als nachteilig für unsere Organisation erweisen.«
    Tan zuckte die Achseln. »Sie kennen gewiss Mittel und Wege, ihn unauffällig zu kontaktieren.«
    »Reden wir über das Geld. Was bieten Sie uns dafür, Sie mit dem Geist zusammenzubringen?«
    »Zehn Prozent von dem, was er mir zahlt.«
    Der Direktor winkte ab. »Dann ist diese Unterredung hiermit beendet. Suchen Sie sich jemand anderen.«
    Tan lachte verächtlich auf. »Wie lautet denn Ihre Vorstellung?«
    »Die Hälfte.«
    »Das soll wohl ein schlechter Scherz sein.«
    Nachdem die Karten nun auf dem Tisch lagen, wurde gefeilscht. Das Kaufen-Verkaufen dauerte noch fast eine halbe Stunde. Am Ende einigte man sich auf dreißig Prozent, vorausgesetzt die Zahlung erfolgte in amerikanischen Dollars.
    Der Direktor holte ein Mobiltelefon aus der Tasche und wählte eine Nummer. Am anderen Ende meldete sich der Geist, und der Direktor nannte seinen Namen.
    »Ja?«, fragte der Schlangenkopf.
    »Ich habe hier jemanden, der an einige der Überlebenden der Dragon eine Wohnung vermietet hat. Es geht um die Changs. Der Mann möchte Ihnen die Information verkaufen.«
    Der Geist schwieg für einen Moment. »Er soll einen Beweis liefern«, sagte er dann.
    Der Direktor leitete die Aufforderung an Tan weiter. »Der westliche Name des Vaters lautet Sam«, antwortete dieser. »Dann ist da noch ein alter Mann, Changs Vater. Und zwei Söhne. Ach ja, die Frau. Mei-Mei. Und sie haben ein kleines Mädchen bei sich, aber es ist nicht ihr Kind, sondern die Tochter einer anderen Illegalen von diesem Schiff. Die Mutter ist ertrunken.«
    »Woher kennt er die Leute?«
    »Sein Bruder war in China mit Chang befreundet«, erklärte der Direktor.
    Der Geist überlegte. »Ich bin bereit, hunderttausend in Grün für die Information zu zahlen.«
    Der Direktor fragte Tan, ob diese Summe akzeptabel sei, und der willigte ein. Es gab Leute, mit denen man besser nicht feilschte.
    »Er ist damit einverstanden, eine Gebühr an uns zu entrichten«, teilte der Direktor dem Geist vorsichtig mit. Seine Miene blieb völlig ungerührt, obwohl die Höhe des Anteils ihn sehr freute. »Falls es Ihnen nicht zu viele Umstände bereitet, Sir, könnten Sie dann eventuell.«
    »Ja, ich werde Ihnen den Anteil direkt auszahlen, sofern die Information sich als zutreffend erweist. Wie viel Prozent?«
    »Dreißig.«
    »Sie sind ein Narr«, höhnte der Geist. »Man hat Sie beraubt. Ich an Ihrer Stelle hätte ihm fünfundsechzig Prozent abgenommen.«
    Der Direktor wurde rot und wollte sich rechtfertigen, aber der Geist fiel ihm ins Wort. »Schicken Sie ihn morgen früh um halb neun vorbei. Sie wissen, wohin.« Er legte auf.
    Der Direktor setzte Tan über alles in Kenntnis, und sie reichten sich die Hände.
    In der konfuzianischen Lehre standen Freundschaften auf der Skala der zwischenmenschlichen Verpflichtungen an unterster Stelle - nach der Beziehung zwischen Herrscher und Untertan, Vater und Sohn, Ehemann und Weib sowie älterem Bruder und jüngerem Bruder. Dennoch hatte diese Art von Verrat etwas Verabscheuungswürdiges an sich, dachte der Direktor.
    Aber egal. Tan würde für seine Taten in der Hölle büßen müssen, wann auch immer er dort eintreffen mochte. Und was den Direktor und seine Beisitzer anbetraf - nun, dreißigtausend Dollar waren kein schlechter Lohn für eine Stunde Arbeit.
    Seine Hände zitterten, und er atmete sehr schnell. Sam Chang verließ das Gebäude der East Broadway Workers' Association und musste drei Blocks weit laufen, bis er eine der seltenen Bars von Chinatown fand. Dort setzte er sich auf einen wackligen Hocker, bestellte ein Bier der Marke Tsingtao, stürzte es hastig hinunter und bestellte noch eines.
    Er war noch immer überrascht - nein, erstaunt -, dass die drei Männer in dem Tong ihn tatsächlich für Joseph Tan gehalten und ihm ein Treffen mit dem Geist verschafft hatten.
    Innerlich lachte er auf. Was für ein entsetzlicher Gedanke - mit diesen Kerlen um das Leben seiner Familie zu schachern.
    Vor ein paar Stunden hatte Chang noch in der dunklen Brooklyner Wohnung gesessen und gedacht: So also wird unser Leben

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