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Das Gesicht des Drachen

Das Gesicht des Drachen

Titel: Das Gesicht des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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vor sich hin. Sein Gesicht war so blau, dass es zyanotisch wirkte - wie bei einem Erstickungsopfer. Amelia spuckte den Lungenautomaten aus, um Pressluft zu sparen und stattdessen die Luft in der Blase zu atmen, aber es war dort kaum noch Sauerstoff vorhanden, und ihr wurde sofort schwindlig. Sie nahm das Mundstück und bediente sich wieder aus dem mitgebrachten Vorrat.
    Dann löste sie den zweiten Lungenautomaten von ihrer Weste und steckte ihn Sen in den Mund. Er atmete tief durch und kam ein bisschen zu Kräften. Sachs deutete nach unten ins Wasser. Er nickte.
    Ein schneller Blick auf die Druckanzeige: siebenhundert Pfund. Und jetzt mussten zwei Personen damit auskommen.
    Sie ließ Luft aus der Tarierweste, legte dem geschwächten Mann einen Arm um den Leib, sank mit ihm in die Kombüse und schob dabei einige Tote und Lebensmittel-Kartons aus dem Weg. Im ersten Moment fand sie die Öffnung des Aufzugschachts nicht wieder und erschrak, weil sie fürchtete, das laute Ächzen künde von einer Lageveränderung des Schiffs, in deren Folge der Durchgang unpassierbar geworden war. Dann jedoch sah sie, dass die Leiche einer jungen Frau die Sicht darauf versperrte. Vorsichtig zog Amelia den Körper beiseite und öffnete die Klappe zum Aufzug so weit wie möglich.
    Sie passten nicht nebeneinander in den Schacht; Sachs manövrierte den Kapitän mit den Füßen voran zuerst hinein. Er hatte die Augen geschlossen, zitterte sehr stark und hielt den schwarzen Schlauch seines Lungenautomaten verzweifelt mit beiden Händen umklammert. Amelia folgte ihm und konnte sich nur zu gut vorstellen, was passieren würde, falls er in Panik geriet und ihr das Mundstück oder die Maske und den Scheinwerfer abriss: Sie wäre in dieser furchtbar engen Röhre gefangen und müsste unter entsetzlichen Krämpfen qualvoll ihr Leben aushauchen, während das dreckige Wasser in ihre Lunge strömte.
    Nein, halt, denk nicht mehr daran! Mach einfach weiter. Sie schlug kräftig mit den Flossen, um möglichst schnell voranzukommen. Zweimal blieb der Kapitän irgendwo hängen, und sie müsste ihn befreien.
    Ein Blick auf die Druckanzeige: vierhundert Pfund.
    Bei fünfhundert beginnen wir mit dem Aufstieg. Auf keinen Fall später. Das ist eine eiserne Regel ohne Ausnahme.
    Schließlich erreichten sie das Oberdeck, auf dem die Kabinen und der Korridor zur Brücke lagen - und dahinter die kostbare Freiheit mit ihrem orangefarbenen Seil, das sie nach oben zu einem unerschöpflichen Vorrat herrlicher Atemluft führen würde. Doch der Kapitän war benommen, und es dauerte eine lange Minute, ihn durch die Öffnung zu bugsieren, ohne dass er seinen Lungenautomaten verlor.
    Dann lag der Aufzugschacht hinter ihnen, und sie befanden sich im Gang. Sachs schwamm neben den Kapitän und packte ihn an seinem Ledergürtel, aber als sie sich vorwärts bewegen wollte, hielt etwas sie fest. Sie griff nach hinten. Das Ventil ihrer Pressluftflasche hatte sich in der Jacke des Mannes verfangen, der in der Kabine des Geists ertrunken war.
    Dreihundert Pfund Druck.
    Verflucht, dachte sie und zerrte mit aller Kraft, aber der Tote steckte in einem Türrahmen fest, und das untere Ende seiner Jacke hatte sich eng um das Ventil gewickelt. Je stärker Amelia zog, desto fester saß die Fessel.
    Die Nadel der Druckanzeige befand sich mittlerweile unter der roten Linie: Es blieben noch zweihundert Pfund.
    Sachs konnte das Ventil nicht mit den Händen erreichen.
    Okay, es ging nicht anders.
    Sie öffnete den Klettverschluss der Tarierweste und streifte sie ab. Aber als sie sich umdrehte, um die Flasche loszumachen, erlitt der Kapitän einen Anfall. Er schlug wild um sich und traf sie mit dem Fuß ins Gesicht. Der Scheinwerfer ging aus, der Lungenautomat rutschte ihr aus dem Mund, und der Tritt katapultierte sie nach hinten.
    Dunkelheit, keine Luft.
    Nein, nein.
    Rhyme .
    Sie tastete nach dem Mundstück, aber es trieb irgendwo hinter ihr, außerhalb ihrer Reichweite.
    Keinesfalls den Atem anhalten.
    Scheiße, was bleibt mir übrig?
    Finsternis umgab sie. Amelia drehte sich im Kreis und suchte hektisch nach dem Lungenautomaten.
    Wo steckten ihre Babysitter von der Küstenwache?
    Draußen. Weil ich gesagt habe, ich will allein suchen. Wie konnte sie ihnen mitteilen, dass sie in Schwierigkeiten steckte?
    Schnell, Mädchen, schnell.
    Ihre Hand griff nach dem Netzbeutel, schob sich hastig in die Öffnung und holte die Beretta 9 mm heraus. Sachs zog den Schlitten zurück, um eine Patrone in die

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