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Das Gesicht des Drachen

Das Gesicht des Drachen

Titel: Das Gesicht des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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herum nichts als Dunkelheit und irgendwelche unsichtbaren Dinge, die über den Neoprenanzug strichen. Sie konnte nicht sehr weit sehen in dem Kegel aus trübem Licht, das von dem winzigen Scheinwerfer an ihrem Kopf stammte.
    Dann fand sie zwei Waffen: eine Uzi-Maschinenpistole und eine Beretta 9mm. Sie nahm beide genau in Augenschein und stellte fest, dass die Seriennummer der Uzi herausgefeilt worden war, folglich ließ sie die MP wieder zu Boden sinken. Die Beretta hingegen hatte noch eine Nummer und konnte daher vielleicht einen Anhaltspunkt liefern. Amelia steckte sie in das Netz. Ein Blick auf die Druckanzeige: Tausendachthundert Pfund Luft. Herrje, ging das schnell. Atme langsam.
    »Na los, Sachs, konzentrier dich.«
    Richtig, tut mir Leid, Rhyme.
    Dong, dong, dong.
    Ich hasse dieses Scheißgeräusch!
    Sie durchsuchte den Toten. Keine Brieftasche, kein Ausweis.
    Wieder ein Schaudern. Weshalb nur war es hier so grässlich und unheimlich? Sie hatte schon Dutzende von Leichen untersucht. Doch dann wurde es ihr klar: All die anderen Körper hatten wie zerbrochene Spielzeuge gewirkt, waren dank der Schwerkraft leblos auf dem Beton, Gras oder Teppich liegen geblieben. Sie hatten nicht real ausgesehen. Dieser Mann hier war jedoch alles andere als reglos. Weiß wie Schnee und kalt wie das unbarmherzige Wasser um ihn herum, bewegte er sich wie ein eleganter Tänzer in Zeitlupe.
    Die Kabine war ziemlich klein, und der Tote kam ihr immer wieder in die Quere. Also griff Amelia kurzerhand zu einer Maßnahme, die ihr außerhalb dieses grausigen Mausoleums niemals in den Sinn gekommen wäre: Sie schob die Leiche nach oben in den Korridor und stieß sie weg. Dann kehrte sie in das Zimmer des Geists zurück.
    Dong, dong... dong.
    Sachs achtete nicht weiter auf das schaurige Stöhnen und Hämmern, sondern schaute sich um. Wo könnte man in einem winzigen Raum wie diesem etwas verstecken?
    Das gesamte Mobiliar war an den Wänden oder auf dem Boden festgeschraubt. Und es gab nur eine einzige kleine Kommode. Sie enthielt Toilettenartikel chinesischer Herkunft und somit keine eindeutig verwertbaren Spuren.
    Amelia nahm sich den Wandschrank vor, fand darin aber nur Kleidungsstücke.
    Dong, dong ...
    Was halten wir davon, Rhyme?
    »Ich schätze, du hast noch - mal sehen - ungefähr tausendvierhundert Pfund Luft übrig. Falls du nicht bald etwas findest, solltest du deinen Hintern so schnell wie möglich nach draußen schaffen.«
    Ich habe noch überhaupt nichts erreicht, dachte sie und sah sich langsam im Raum um. Wo würde er wohl etwas verstecken? Er hat seine Waffen und das Geld zurückgelassen. Demnach hat die Explosion auch ihn überrascht. Hier muss etwas sein. Sie sah erneut zu dem Schrank. Die Kleidung? Vielleicht.
    Sie schwamm hin und durchsuchte alles. In den Taschen steckte nichts. Aber sie suchte weiter und stieß bei einem seiner Armani-Jacketts auf einen Schlitz im Futter. Amelia griff hinein und zog einen Umschlag hervor, der ein Dokument enthielt. Sie richtete den Scheinwerfer darauf. Keine Ahnung, ob uns das was hilft, Rhyme. Es ist auf Chinesisch.
    »Das finden wir zu Hause heraus. Du bringst es mit, Eddie übersetzt es, und ich analysiere es.«
    In den Beutel damit.
    Zwölfhundert Pfund Druck. Aber halt nie, nie, nie die Luft an.
    Warum doch gleich?
    Ach ja. Deine Lunge wird platzen.
    Dong.
    Okay, ich haue ab.
    Sie schwamm aus der kleinen Kabine in den Korridor. Das Netz mit den wertvollen Beweisen war sorgfältig an ihrem Gürtel befestigt.
    Dong dong dong... dong... dong... dong.
    Sachs folgte dem endlosen Gang zurück nach vorn - und damit fort von diesem schrecklichen Ort. Die Brücke schien meilenweit entfernt in der Schwärze zu liegen.
    Die längste Reise, der erste Schritt...
    Doch dann verharrte sie und hielt sich an einem Türrahmen fest. O Herr im Himmel, dachte sie.
    Dong dong dong...
    Amelia Sachs registrierte eine Besonderheit an dem unheimlichen Hämmern, das sie hier drinnen vom ersten Moment an gehört hatte. Drei schnelle Schläge, drei langsame.
    Das war der Morsecode für S-O-S. Und er kam von irgendwo tief im Schiffsrumpf.
     
     
    ...Siebenunddreißig
    S-O-S.
    Das universelle Notsignal.
    S-O...
    Jemand war noch am Leben. Die Küstenwache hatte einen Überlebenden übersehen. Soll ich die anderen Taucher holen?, grübelte Sachs.
    Das würde zu lange dauern; das Hämmern klang so ungleichmäßig, dass der Luftvorrat der betreffenden Person nahezu aufgebraucht sein musste. Außerdem schien das

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