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Das Gesicht des Drachen

Das Gesicht des Drachen

Titel: Das Gesicht des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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wieder dem Computer zu.
    Draußen beschloss Sonny, etwas für sein Glück zu tun. Er wartete, bis er ein schnelles Taxi auf sich zukommen sah, und sprang dann, als es nur noch drei Meter von ihm entfernt war, vor dem Wagen über die Straße. Der Fahrer fluchte und zeigte ihm den ausgestreckten Mittelfinger.
    Li lachte. Er hatte den Schwanz des Dämons dicht an der Wurzel abgeschnitten und ihn dadurch aller Macht beraubt. Jetzt war er praktisch unverwundbar und würde endlich den Geist aufspüren.
    Er warf erneut einen Blick auf das Stück Papier und machte sich auf den Weg zum Lucky Hope Shop.
    Der Geist trug einen Anorak, um die neue Glock 36 zu verbergen, ein Modell mit Kaliber 45. Er ging die Mulberry Street hinunter und trank aus einer Kokosnuss. Der Verkäufer in dem Geschäft an der Ecke hatte mit einem Hackmesser eine kleine Öffnung in die Frucht geschlagen und einen kurzen Strohhalm hineingesteckt.
    Soeben hatte der Geist einen Anruf des Uiguren erhalten, der von Yusuf damit beauftragt worden war, in das geheime NYPD- Versteck der Familie Wu in Murray Hill einzubrechen. Leider hatten die Wachen ihn aufgrund der überraschend guten Sicherheitsvorkehrungen entdeckt und beinahe verhaftet. Dem Türken war nur knapp die Flucht gelungen. Mittlerweile hatte man die Leute zweifellos in ein anderes Quartier verlegt. Ein kleiner Rückschlag. Letzten Endes würde der Geist schon noch herausfinden, wo sie steckten.
    Er kam an einem Laden vorbei, in dem Statuen, Altäre und Räucherstäbchen verkauft wurden. Im Schaufenster stand ein Bildnis seines Beschützers, des Bogenschützengottes Yi. Der Geist neigte leicht den Kopf und ging dann weiter.
    Glaube ich eigentlich an Übersinnliches?, grübelte er. An Drachen, die in Hügeln wohnen?
    Er zweifelte daran. Immerhin hätte Tian Hou, die Göttin der Seeleute, das aufgewühlte Meer mit einem einzigen Fingerzeig beruhigen können, aber das gab es nur im Märchen. In Wirklichkeit hatte sie die Ferkel nicht aus dem Laderaum der Fuzhou Dragon gerettet.
    Und als er selbst vor vielen Jahren zu Guan Yin, der Göttin der Barmherzigkeit, gebetet hatte, war sein Flehen nicht erhört worden sie hatte die Hand des pickligen Studenten nicht davon abgehalten, unter dem fadenscheinigen Vorwand, sie seien Teil des Althergebrachten, seine Eltern und seinen Bruder zu erschlagen.
    Andererseits glaubte der Geist fraglos an das qi - die Lebenskraft, die jeden Menschen durchströmte. Er hatte diese Energie schon tausendmal gespürt, beispielsweise wenn er eine Frau vögelte, oder als Siegesgefühl in jenem Moment, in dem er einen Feind tötete. Auch als Warnung, einen bestimmten Raum nicht zu betreten oder sich nicht mit einem bestimmten Geschäftsmann zu treffen. Und jede Krankheit oder Gefährdung wirkte sich nachteilig auf das qi aus.
    Gutes qi und schlechtes qi.
    Und das bedeutete, man konnte die gute Kraft kanalisieren, um mit ihr die böse Kraft abzulenken oder zu blockieren.
    Er ging durch eine Gasse, durch noch eine Gasse und über eine belebte Straße. Dann durch eine weitere dunkle Gasse mit Kopfsteinpflaster.
    Schließlich traf er an seinem Ziel ein. Er trank die Milch aus und warf die Kokosnuss in einen Abfalleimer. Dann wischte er sich die Hände sorgfältig an einer Serviette ab, trat durch die Tür und winkte grüßend seinem Feng-Shui-Experten Mr. Zhou zu, der im hinteren Teil des Lucky Hope Shops saß.
    Sonny Li zündete sich die nächste Zigarette an und folgte einer Straße, die Bowery hieß.
    Li kannte die Schlangenköpfe und wusste von ihrem Reichtum und ihrem ausgeprägten Überlebensinstinkt. Der Geist würde hier in der Gegend noch über weitere Verstecke verfügen, und da Feng Shui eine sehr persönliche Angelegenheit war, würde er mit der Einrichtung denselben Fachmann wie an der Patrick Henry Street beauftragen, natürlich vorausgesetzt, dass dieser ihn zufrieden gestellt hatte.
    Li fühlte sich gut. Gute Vorzeichen, gute Energie.
    Er und Loaban hatten Guan Di, dem Gott der Polizisten, ihre Opfer dargebracht.
    Er hatte den Dämonen die Schwänze abgeschnitten.
    Und er trug eine geladene deutsche Automatikpistole in seiner Tasche.
    Falls dieser Feng-Shui-Mann wusste, dass sein Auftraggeber einer der gefährlichsten Schlangenköpfe der Welt war, würde er vielleicht nur ungern über ihn reden wollen. Sonny Li kannte Mittel und Wege, ihn zu überzeugen.
    Richter Dee - der aus zahllosen Volksmärchen bekannte Untersuchungsbeamte, Ankläger und Richter des alten China -

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