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Das Gesicht des Drachen

Das Gesicht des Drachen

Titel: Das Gesicht des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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schon am Strand erzählt habe. Man hat uns gesagt, dass wir auf Long Island an Land gehen und von dort aus mit Lastwagen nach New York gebracht würden.«
    »Und der Geist? Können Sie mir irgendetwas verraten, das bei der Suche nach ihm hilfreich wäre?«
    - Er schüttelte den Kopf. »Die kleinen Schlangenköpfe in China die Handlanger des Geists - haben gesagt, dass wir ihn nach der Ankunft nie wieder zu Gesicht bekommen würden. Und sie haben uns vor dem Versuch gewarnt, mit ihm Kontakt aufzunehmen.«
    »Wir glauben, dass er einen Assistenten an Bord hatte, der sich als einer der Flüchtlinge ausgab«, sagte Sachs. »Der Geist geht offenbar immer so vor. Haben Sie eine Ahnung, wer das gewesen sein könnte?«
    »Nein«, erwiderte Sung. »Es gab im Frachtraum mehrere Männer, die lieber für sich geblieben sind und kaum mit den anderen geredet haben. Vielleicht war es einer von denen. Aber ich kenne nicht mal ihre Namen.«
    »Hat die Besatzung eventuell darüber gesprochen, was der Geist hier in Amerika tun würde?«
    Sung schien angestrengt nachzudenken.
    »Nichts Genaues - ich schätze, die Matrosen hatten ebenfalls Angst vor ihm. Aber da war etwas, ich weiß nicht, ob Sie damit etwas anfangen können, aber ich habe es zufällig gehört. Als der Kapitän des Schiffs bei einer Gelegenheit über den Geist sprach, hat er den Ausdruck >Po fu chen zhou< benutzt. Wörtlich übersetzt heißt es: >Zertrümmert die Kessel, und versenkt die Boote.< Bei Ihnen würde man vermutlich sagen: >Es gibt kein Zurück mehr.< Das bezieht sich auf einen Krieger aus der Qin- Dynastie. Nachdem seine Truppen bei der Verfolgung des Feindes einen Fluss überquert hatten, erteilte er diesen Befehl - zertrümmert die Kessel, und versenkt die Boote. Auf diese Weise würden die Männer weder ein Lager aufschlagen noch sich zurückziehen können. Um zu überleben, mussten sie vorstoßen und die Gegner vernichten. Der Geist hat genau diese Mentalität.«
    Demnach wird er nicht lockerlassen, bis er die Familien gefunden und ermordet hat, dachte Sachs beunruhigt.
    Schweigen senkte sich über den Raum, nur unterbrochen durch den ständigen Verkehrslärm, der von der Canal Street hereindrang. »Ihre Frau ist in China geblieben?«, fragte Sachs spontan.
    Sung sah ihr in die Augen. »Sie ist letztes Jahr gestorben«, antwortete er ruhig.
    »Das tut mir Leid.«
    »In einem Umerziehungslager. Offiziell heißt es, sie sei krank geworden, aber man hat mir weder verraten, woran sie angeblich gelitten hat, noch wurde je eine Autopsie durchgeführt. Ich hoffe, dass es eine Krankheit war. Lieber so, als glauben zu müssen, dass sie zu Tode gefoltert wurde.«
    Sachs erschauderte bei diesen Worten.
    »War sie auch eine Dissidentin?«
    Er nickte. »So haben wir uns kennen gelernt. Vor zehn Jahren, bei einer Protestaktion in Peking. Am Gedenktag der Ereignisse auf dem Platz des Himmlischen Friedens. Im Laufe der Zeit hat sie sich weitaus unverblümter geäußert als ich. Wir hatten beschlossen, gemeinsam und mit unseren Kindern nach Amerika zu fliehen, aber dann wurde sie verhaftet.« Sungs Stimme erstarb, und das nicht Gesagte brachte nur umso beredter zum Ausdruck, von welch tiefem Kummer sein gegenwärtiges Dasein geprägt war.
    »Ich entschied, dass ich nicht länger im Land bleiben konnte«, sagte er schließlich. »Politisch war es natürlich gefährlich, aber vor allem wurde ich durch alles dort an meine Frau erinnert. So beschloss ich, zunächst allein herzukommen, Asyl zu beantragen und dann meine Kinder zu holen.« Er lächelte matt. »Wenn ich die Trauer irgendwann überwunden habe, werde ich mir hier eine Frau suchen, die meinen Kindern eine Mutter sein kann.« Er zuckte die Achseln und trank einen Schluck. »Aber das liegt noch weit in der Zukunft.«
    Er umfasste das Amulett an seinem Hals. Amelia beobachtete ihn interessiert. Da nahm er den Talisman ab und reichte ihn ihr.
    »Mein Glücksbringer. Womöglich funktioniert er sogar.« Sung lachte. »Er hat Sie zu mir geführt, als ich fast schon ertrunken war.«
    »Was ist das?«, fragte sie mit Blick auf die Schnitzerei.
    »Eine Arbeit aus Qingtian, südlich von Fuzhou. Die Gegend ist berühmt für ihren Speckstein. Es war ein Geschenk meiner Frau.« »Der Anhänger ist beschädigt«, stellte Amelia fest und rieb mit dem Fingernagel über die Bruchstelle. Ein winziges Stück des weichen Steins splitterte ab.
    »Er wird wohl gegen den Felsen geschlagen sein, an den ich mich geklammert habe, bevor Sie zu

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