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Das Gesicht des Fremden

Das Gesicht des Fremden

Titel: Das Gesicht des Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Geldverleiher über alle Maßen. Er wollte, daß sich dieser schleimige, fette Mensch in seinen eigenen Worten verfing, wollte sehen, wie er in der Falle saß und seinen aufgequollenen Körper wand.
    Doch Wigtight witterte Gefahr.
    »Ich höre so viele Namen«, meinte er vorsichtig.
    »Dann sollten Sie vielleicht einen Blick in Ihre Bücher werfen und nachsehen, ob er drinsteht.«
    »Ich behalte keine Schuldscheine, nachdem die Schulden beglichen sind.« Wigtights vorstehende, blasse Augen nahmen einen gelangweilten Ausdruck an. »Eine Frage der Diskretion, wissen Sie. Die Leute werden nicht gern an schlechte Zeiten erinnert.«
    »Wie zuvorkommend von Ihnen«, erwiderte Monk sarkastisch. »Wie steht’s mit den Listen der Schuldner, die noch nicht zurückgezahlt haben?«
    »Dort werde ich Mr. Grey nicht finden.«
    »Folglich hat er bezahlt.« Monk ließ nur einen Bruchteil seines Triumphs in seinem Tonfall mitschwingen.
    »Ich habe nicht behauptet, ihm etwas geliehen zu haben.«
    »Und warum haben Sie dann zwei Männer beauftragt, sich mit gefälschten Papieren Zugang zu seiner Wohnung zu verschaffen, sie auf den Kopf zu stellen und ganz nebenbei sein Silber und einige Wertgegenstände mitgehen zu lassen?« Er sah voller Genugtuung, daß Wigtight zusammenzuckte. »Das war nicht besonders geschickt, Mr. Wigtight. Sie haben ein paar ziemlich jämmerliche Gestalten in Ihrem Stall. Ein kluger Mann hätte sich nie auf derart plumpe Weise geholfen; ist viel zu gefährlich – bringt noch eine weitere Belastung mit sich.«
    »Sie sind von der Polizei!« stieß Wigtight giftig aus; er hatte plötzlich begriffen.
    »Ganz recht.«
    »Ich beschäftige keine Diebe.« Er versuchte Zeit zu schinden, was Monk nicht verborgen blieb.
    »Sie beschäftigen Geldeintreiber, die sich als Diebe entpuppen. Vor dem Gesetz macht das keinen Unterschied.«
    »Natürlich habe ich Leute, die für mich das Geld kassieren. Schließlich kann ich schlecht selbst hinter jedem herrennen!«
    »Und wie vielen lassen Sie anhand falscher Polizeiausweise einen kleinen Besuch abstatten, zwei Monate, nachdem sie sich umgebracht haben?«
    Alle Farbe wich aus Wigtights Gesicht. Monk dachte einen Moment lang, er hätte einen Schock, und es war ihm völlig egal.
    Es dauerte eine Weile, bis Wigtight wieder in der Lage war zu sprechen. Monk wartete geduldig.
    »Umgebracht!« Das Wort klang durch und durch hohl. »Ich schwöre beim Grab meiner Mutter, daß ich damit nichts zu tun hatte! Warum hätte ich das tun sollen? Warum? Ist doch verrückt. Sie sind ja übergeschnappt!«
    »Weil Sie ein Wucherer und ein Halsabschneider sind!« In Monks Innern schien sich ein Hahn geöffnet zu haben, aus dem brodelnder Zorn und siedendheiße Verachtung hervorsprudelten.
    »Und Wucherer erlauben ihren Schuldnern nicht, die Rückzahlung zu verweigern, wenn der Betrag samt Zins und Zinseszins fällig ist.« Er beugte sich drohend zu Wigtight vor und fügte mit fast zusammengebissenen Zähnen hinzu:
    »Schlecht fürs Geschäft, wenn man sie einfach so davonkommen läßt. Ermuntert die andern, das gleiche zu tun!
    Wo käme man denn hin, wenn sich Hinz und Kunz weigern würden, ihre Schulden zu zahlen! Sollen sie doch vor die Hunde gehen – Hauptsache, die Kasse stimmt. Besser eine tote Gans als eine ganze Schar, die fett und zufrieden frei herumläuft, was?«
    »Ich hab ihn nicht umgebracht!« Wigtight hatte mittlerweile wirklich Angst, nicht nur aufgrund der Fakten, sondern in erster Linie wegen Monks Haß. Er erkannte, wann jemand nicht mehr zur Räson zu bringen war, und Monk kostete seine Furcht regelrecht aus.
    »Nein, Sie haben ihn umbringen lassen – das kommt aufs gleiche raus.«
    »Hören Sie auf! Das ergibt doch keinen Sinn!« Wigtights Stimme wurde allmählich höher und nahm einen leicht hysterischen Klang an. Seine Panik ging Monk runter wie Öl.
    »Also schön.« Er hob die schwabbligen, fetten Hände. »Ich habe die beiden hingeschickt, weil sie nachsehen sollten, ob Grey noch irgendwelche Unterlagen über seinen Kredit bei mir hatte. Ich wußte, daß er ermordet worden war, und dachte mir, er wäre vielleicht noch im Besitz des ungültig gewordenen Schuldscheins. Ich wollte nicht mit ihm in Verbindung gebracht werden. Mehr war nicht, glauben Sie mir!« Sein schweißnasses Gesicht glitzerte im Schein der Gaslampen. »Er hat alles zurückgezahlt. Heilige Muttergottes, es waren sowieso nur fünfzig Pfund! Denken Sie etwa, ich lasse jemand wegen fünfzig Pfund

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