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Das Gesicht des Fremden

Das Gesicht des Fremden

Titel: Das Gesicht des Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Schlangenaugen fixierte er sein Gegenüber. »Sie wollen, daß Ihr Geld sicher angelegt wird?«
    »Oh – unbedingt. Und da ich noch eine Reihe andere Herren kenne, die an einer Investition interessiert sind, muß außer Frage stehen, daß sie durch meine Empfehlung nicht zu Schaden kommen werden.«
    Der starre Blick flackerte kaum merklich, dann wurde er rasch gesenkt, um die Gedanken seines Besitzers nicht zu verraten.
    »Ausgezeichnet, Mr. Monk. Ich kann Ihre Vorsicht sehr gut verstehen. Haben Sie schon mal Import oder Export in Betracht gezogen? Ein sehr einträgliches Geschäft – wirft immer Gewinne ab.«
    »Ja, das habe ich auch gehört.« Monk nickte. »Aber ist es sicher?«
    »Manchmal ja, manchmal nein. Leute wie ich verfügen über die nötige Erfahrung, um das entscheiden zu können.« Er verschränkte selbstgefällig die Hände auf seinem fetten Bauch und fixierte Monk von neuem. »Deshalb sind Sie schließlich hergekommen, anstatt auf eigene Faust zu investieren.«
    »Wie wär’s mit Tabak?« Marner verzog keine Miene.
    »Ein hervorragender Handelsartikel. Ganz hervorragend. Ein Mann von Welt gibt die kleinen Freuden des Daseins nicht auf, egal wie die Wirtschaftslage steht. Solange es Männer von Welt gibt, existiert auch ein Absatzmarkt für Tabak. Und sofern sich die Klimaverhältnisse in unsrem Land nicht auf drastische und unvorstellbare Weise ändern sollten« – er grinste über seinen eigenen kleinen Witz und wiegte erheitert seine enormen Fleischmassen –, »werden wir ihn nicht anbauen können, also müssen wir importieren. Haben Sie eine spezielle Handelsgesellschaft im Auge?«
    »Kennen Sie sich auf dem Markt aus?« Monk konnte seinen Ekel vor diesem Mann, der wie eine fette, weiße Spinne bequem in seinem teuer eingerichteten Büro hockte, nur mit Mühe hinunterschlucken. In seinem schmutzigen Netz aus Lügen und Heuchelei verfingen sich ausschließlich so gutgläubige Fliegen wie Latterly und vielleicht Joscelin Grey.
    »Und ob«, erwiderte Marner selbstgefällig. »Wie in meiner Westentasche.«
    »Sie haben selbst schon gehandelt?«
    »Ja. Keine Sorge, Mr. Monk, ich weiß genau, was ich tue.«
    »Sie würden sich nicht überrumpeln lassen und am Ende vor einem Haufen Scherben stehen?«
    »Ganz gewiß nicht!« Marner sah ihn an, als hätte er bei Tisch eine obszöne Bemerkung gemacht.
    »Sind Sie sicher?« bohrte Monk weiter.
    »Ich bin mehr als sicher, mein lieber Herr.« Das klang geradezu gequält. »Ich bin todsicher.«
    »Gut.« Endlich konnte Monk sein Gift verspritzen. »Genau das habe ich erwartet. Dann können Sie mir bestimmt erklären, wie es zu der Katastrophe kam, die Major Joscelin Grey sein gesamtes Kapital beim Handel mit eben diesem Artikel gekostet hat.«
    Marner erbleichte. Er war derart vor den Kopf gestoßen, daß es ihm vorübergehend die Sprache verschlug.
    »Ich – äh – versichere Ihnen, daß sich so etwas nicht wiederholen wird«, sagte er schließlich mit gesenktem Blick, dann sah er Monk plötzlich sehr direkt an, um seine Lüge zu kaschieren.
    »Das ist ungemein beruhigend«, erwiderte Monk kühl, »hilft nur leider niemandem mehr. Dieses Desaster hat bereits zwei Menschenleben gefordert. Haben Sie auch eigenes Kapital verloren, Mr. Marner?«
    »Von meinem eigenen Geld?« Marner schien verwirrt.
    »Major Grey ist, soviel ich weiß, um einen ansehnlichen Betrag erleichtert worden, oder nicht?«
    »Nein, da sind Sie falsch informiert.« Marner schüttelte so heftig den Kopf, daß ihm die weißen Löckchen um die Ohren flogen. »Die Gesellschaft ging im Grunde nicht bankrott. Du meine Güte, nein! Sie wurde lediglich übernommen. Niemand erwartet von Ihnen, daß Sie, als Laie, das verstehen. Geschäfte zu betreiben ist heutzutage außerordentlich kompliziert, Mr. Monk.«
    »Scheint so, ja. Sie behaupten also, Major Grey hätte nicht viel Geld verloren? Können Sie das belegen?«
    »Natürlich könnte ich.« Der blasiertverschlagene Ausdruck kehrte in Marners Augen zurück. »Aber Major Greys Geschäfte gehen nur ihn etwas an, und ich würde sie genausowenig mit Ihnen besprechen wie die Ihren mit ihm. Die Grundvoraussetzung jeder guten Geschäftsbeziehung ist Diskretion, Sir.« Er lächelte selbstzufrieden. Allem Anschein nach hatte er sich vom ersten Schrecken erholt.
    »Selbstverständlich«, pflichtete Monk im bei. »Nur bin ich unseligerweise von der Polizei und untersuche Major Greys Tod, folglich unterscheidet sich meine Wißbegier etwas von der

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