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Das Gesicht des Fremden

Das Gesicht des Fremden

Titel: Das Gesicht des Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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habe heute abend keine Zeit«, versetzte er schroff. »Ich muß mich jetzt umziehen, ich bin auswärts zum Dinner verabredet. Kommen Sie morgen oder übermorgen wieder.«
    Monk war der größere von beiden und keineswegs in der Stimmung, sich einfach so hinauswerfen zu lassen.
    »Morgen stehen andere Leute auf meiner Liste«, gab er zurück, während er sich Scarsdale halb in den Weg stellte. »Ich brauche sofort ein paar Informationen von Ihnen!«
    »Nun, ich wüßte nicht, welche –«, begann Scarsdale und wich zurück, als wolle er die Tür schließen.
    Monk machte einen Schritt vorwärts. »Mich interessiert zum Beispiel der Name der jungen Frau, die Sie am Abend von Major Greys Tod besucht hat – und warum Sie uns ihretwegen belogen haben.«
    Der Vorstoß zeigte den gewünschten Erfolg. Scarsdale blieb wie angewurzelt stehen. Er suchte krampfhaft nach Worten, unschlüssig, ob er sich herausreden oder einen etwas verspäteten Einlenkungsversuch starten sollte. Monk betrachtete ihn verächtlich.
    »Ich – äh«, stammelte Scarsdale, »ich – ich glaube, Sie haben das falsch verstanden…« Er hatte offenbar noch keine Entscheidung getroffen.
    Monks Gesicht wurde hart. »Würden Sie nicht vielleicht vorziehen, dieses Thema an einem diskreteren Ort als dem Treppenhaus zu besprechen?« Er ließ seinen Blick vielsagend über die Treppe und den Flur schweifen, von dem eine Menge andere Wohnungstüren abzweigten – unter anderem auch die von Joscelin Grey.
    »Ja – doch, ich denke schon.« Scarsdale war mittlerweile deutlich anzusehen, wie unbehaglich ihm zumute war. Auf seiner Stirn stand eine dünne Schweißschicht. »Obwohl ich Ihnen in diesem Zusammenhang wirklich nichts Neues sagen kann.« Er entfloh in seine Diele; Monk ging ihm nach. »Die junge Dame, die an jenem Abend bei mir war, steht in keinerlei Verbindung zu dem armen Grey und hat auch sonst nichts gehört oder gesehen!«
    Monk zog die Wohnungstür hinter sich zu und folgte Scarsdale ins Wohnzimmer.
    »Sie haben sie folglich gefragt, Sir?« Er gestattete seinem Gesicht, Interesse zu bekunden.
    »Selbstverständlich tat ich das!« Nun, da er sich unter seinen eigenen Besitztümern befand, kehrte Scarsdales Gelassenheit allmählich zurück. Das Gaslicht war voll aufgedreht; sein warmer Schein fiel weich auf poliertes Leder, einen antiken, türkischen Teppich und Fotografien, die in Silberrahmen steckten. Er war ein Mann von Stand, Monk lediglich einer von Peels Polizeischergen. »Falls es etwas gegeben hätte, das Ihnen bei Ihrer Arbeit weiterhelfen könnte, hätte ich es Sie natürlich wissen lassen müssen.« Als Hinweis auf die Kluft zwischen ihnen sprach er das Wort »Arbeit« eine Spur verächtlich aus. Er bot Monk keinen Stuhl an und blieb ebenfalls stehen, wobei er so zwischen Sideboard und Sofa eine ziemlich unbeholfene Figur machte.
    »Und diese junge Dame ist Ihnen sicherlich gut bekannt?« Monk versuchte gar nicht erst, den Sarkasmus aus seiner Stimme zu verbannen.
    Scarsdale war verwirrt. Sollte er nun den Beleidigten spielen oder sich dumm stellen? Da ihm keine vernichtende Erwiderung einfiel, entschied er sich für Letzteres.
    »Wie soll ich das verstehen, bitte?« meinte er steif.
    »Können Sie sich für ihre Ehrlichkeit verbürgen?« Monk sah Scarsdale direkt in die Augen und verzog den Mund zu einem finsteren Lächeln. »Ist sie – abgesehen von ihrer… Arbeit«, er wählte bewußt das gleiche Wort, »eine respektable Person?«
    Scarsdale lief dunkelrot an, und Monk wurde im selben Moment klar, daß er jede Aussicht auf Kooperation verspielt hatte.
    »Sie überschreiten Ihre Kompetenzen!« brauste Scarsdale auf.
    »Das ist unerhört! Meine Privatangelegenheiten gehen Sie überhaupt nichts an! Hüten Sie Ihre Zunge, oder ich sehe mich gezwungen, mich bei Ihren Vorgesetzten über Sie zu beschweren.« Er musterte Monk mit einem raschen Blick und kam zu dem Schluß, daß das wohl keine allzu gute Idee war.
    »Die betreffende Dame hat nicht den geringsten Grund zu lügen«, fuhr er hölzern fort. »Sie kam und ging allein und hat beide Male außer Grimwade niemanden gesehen; das können Sie sich von ihm bestätigen lassen. Ohne seine Zustimmung darf niemand dieses Gebäude betreten.« Er rümpfte kaum merklich die Nase. »Das hier ist keine gewöhnliche Pension!« Er ließ seinen Blick kurz über die hübschen Möbel, dann wieder zu Monk schweifen.
    »Also muß Grimwade logischerweise auch den Mörder gesehen haben«, entgegnete Monk

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