Das Gesicht des Teufels
ihnen ihre Möbel braten!» Ein hohlwangiger Mann mit an den Ellenbogen zerrissener Jacke machte Anstalten, den Stuhl ins Feuerzu werfen, doch da fiel sein Blick auf Hanna. «He, Schwester, was sucht Ihr hier? Wollt Ihr zu uns überlaufen?»
«Nein, ich möchte zu Ulrich von Detwang.»
«Ja, wer ist das denn? Kennen wir den?»
Der Mann kratzte sich das Kinn und spielte den Ratlosen. Hilfesuchend schaute er sich um, erntete Hüsteln und Lachen und verschwörerisches Grinsen. Weitere Reisige stapften heran. Sie kamen mit langen Weidenruten, an deren Enden Teig klebte, einer von ihnen hatte sich eine Rauchwurst-Kette um den Hals geschlungen. «Zu kurz für Euch, Schwester», rief er und drückte das Kinn auf die Brust. «Mit so was gebt Ihr Euch in Rothenburg doch längst nicht mehr ab!»
Die Männer hörten gar nicht mehr auf zu lachen. Hanna wagte nicht weiterzugehen. Stumm blieb sie stehen und blickte um sich. Überall entdeckte sie verhärmte, aber vor Begeisterung rotfleckige Gesichter mit vor Hunger glänzenden Augen. In den grinsenden und aufgerissenen Mündern steckten faulige Zähne, die zerlumpten Hosen und Wämser waren grasfleckig und rochen sauer. Einige schwangen Forken und Flegel, andere ließen Morgensterne kreisen.
Plötzlich packte sie der Hohlwangige bei der Hand und zog sie mit sich um das Lagerfeuer herum.
«Lasst mich!»
«Ja, wohin denn?»
«Zu mir!», rief ihnen ein pockennarbiger Mann mit zerbeultem Harnisch zu und winkte mit einer Korbflasche. «Obst am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen, Schwester. Und am gesündesten ist es in gebrannter Form.» Er drehte sich im Kreis und rief: «Mit den besten Wünschen von der edlen Frau von Detwang für alle Ohrenbacher und Neusitzer Reisigen und natürlich urbi et orbi!»
Hanna riss sich los und eilte auf das Haus zu. Das Herzklopfte ihr bis zum Hals. Niemand kennt mich, dachte sie, und weder Valentin noch einer der Leitgeb-Zwillinge lassen sich blicken. Mit ein bisschen Glück …
Da schwang die Tür auf. Eine verhärmte Frau mit verbundenem Hals schwankte ins Freie, ihr rechter Arm hing in einer Schlinge. Hinter ihr humpelte ein Mann, der sich auf eine Achselkrücke stützte. Hanna erstarrte. Sie erkannte die beiden sofort. Der Frau war bei Mahuts apokalyptischem Galopp die Sensenspitze an den Hals gefahren, und der Mann war am Knie getroffen worden. Aber sie waren nicht die einzigen Opfer, die sich hier eingefunden hatten, Hanna entdeckte noch zwei Männer mit Kopfverbänden und eine Frau, die aussah, als hätte ihr jemand mehrmals brutal ins Gesicht geschlagen.
Und dann passierte, was sie geahnt und auch herausgefordert hatte: «Da! Sie will zu ihm. Sie ist es! Sie saß auch auf dem Satansgaul!»
Die Stimme der Frau war am Überschnappen. So verhärmt sie aussah, ihr Hass verzerrte ihr knochiges Gesicht zu einer Fratze. Hanna war unfähig, sich zu bewegen. Schon wurde sie von hinten gepackt und herumgerissen. Als bräuchten die Menschen Zeit zu begreifen, wurde sie angegafft, doch dann wurden die Blicke stechend, und Hanna las in den Augen nur noch Hass und Abscheu.
«Du Teufelsweib!»
«Du bist schuld. Hast den Gaul verhext!»
«Und jetzt willst du wieder buhlen, wie?»
Sie wurde zu Boden gestoßen, begrapscht, wobei ihr der Rock bis über die Knie gezerrt wurde. Die Frau bespuckte sie und trat ihr in die Seite. Hanna versuchte, ihren Kopf zu schützen und sich zu einer Kugel zusammenzurollen. Sie schrie nicht, blieb stumm, selbst als einer der Niedergerittenen sie an den Haaren riss und ihr an den Hals gehen wollte.
«Lasst sie!», donnerte eine Männerstimme. Ihr Peiniger ließ von ihr ab, doch sein Hass war so groß, dass er ihr abschließend unbarmherzig seine Stiefelspitze in den Bauch rammte. Hanna begann zu würgen, sie bekam keine Luft mehr. Sie spürte einen Schatten über sich, wurde hochgezerrt und erhielt eine Ohrfeige. «Ich bin der Paul Ickelsheimer und habe hier als Anführer das Sagen, hörst du?» Hanna schmeckte Blut, sie nickte. Die Beine gaben ihr nach, doch der Anführer hielt sie fest. Mühsam blickte sie auf. Sie sah in das knochige Gesicht eines großen Mannes mit krausem schwarzgrauen Haar. «Zwei meiner Männer sind wegen deiner hexischen Kunststücke verletzt. Von den uns befreundeten Rothenburgern gar nicht zu reden. Aber jetzt haben wir dich, Hanna Völz.»
«Lasst mich zu Ritter von Detwang, bitte.»
Paul Ickelsheimer lachte schrill auf. «Du zu ihm? Nein, wir werden ihn zu dir schaffen,
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