Das Gesicht des Todes: Authentische Mordfälle (German Edition)
manchen Fällen immer noch die Stirn bieten kann.
Als Martin Neumann, der Leiter der Mordkommission, von dem unglaublichen Erfolg unterrichtet wurde, befand er sich gerade auf dem Weg zum Rathaus der Kleinstadt. Er sollte dem Oberbürgermeister Rede und Antwort stehen und erklären, weshalb der Täter immer noch nicht gefasst war und wie dem inzwischen stark angewachsenen Druck der Öffentlichkeit wirksam zu begegnen sei. Neumann fiel ein Stein vom Herzen, und erleichtert wie noch nie zuvor in seinem Leben, betrat er Minuten später das Rathaus. Noch unter einem gewissen Vorbehalt überbrachte er dem Oberbürgermeister die gute Nachricht, was ihm ein anerkennendes Schulterklopfen und wohlwollende Worte einbrachte.
Die nun eindeutig dem Freigänger Ronny Budde zugeordnete Fingerspur war zwar ein Beweis erster Klasse, sie gab jedoch keinen Aufschluss darüber, wie der Mord geschah. Budde musste nicht einmal der Mörder sein. Er konnte ja auch nur Mittäter einer Vergewaltigung oder eines Raubes gewesen sein und ein zweiter Täter konnte anschließend den Mord begangen haben. Absolut sicher war, dass der Fingerabdruck von ihm stammte und dass er keinerlei Bezug zu Susi Bahm hatte, sich also nicht rausreden konnte, irgendwann einmal in ihrem Auto gesessen zu sein.
Budde wurde in seiner Zelle aufgesucht. Wie es die Strafprozessordnung verlangt, musste ihm sofort eröffnet werden, dass er im dringenden Verdacht des Mordes an Susi Bahm steht und er das Recht hat, Angaben, die ihn belasten, zu verweigern oder zu seiner Vernehmung einen Rechtsanwalt hinzuziehen kann. Mit einem verächtlichen Grinsen im Gesicht meinte Budde:
» Das ist doch wohl ein Witz! Was wollt ihr scheiß Bullen mir noch anhängen? Ich und eine Tussi umgebracht. He Leute, ich bin im Freigang und das heißt, dass ich bald aus diesem verdammten Knast rauskomme. Ihr glaubt doch nicht im Ernst, dass ich mir das mit ’ner Tussi versaue. Hab ich doch nicht nötig. Außerdem hab ich ’ne Freundin, bei der kann ich Dampf ablassen, so viel ich will. Die war erst letzte Woche wieder hier. Ich kann euch sagen, die ist ein echter Knaller! Ihr könnt mich mal, verstanden?! Sucht euch einen anderen Wichser und lasst mich in Ruhe!«
» Herr Budde, ich nehme an, Sie kennen eine Frau namens Susi Bahm, oder?«, fragte mein Kollege mit der ganzen Cleverness und Erfahrung, die er sich in langen Dienstjahren angeeignet hatte.
» Den Namen habe ich nie gehört. Wer soll das sein?«, entgegnete Budde grimmig.
» Nun, das ist die Frau, die ermordet wurde.«
» Und das wollen Sie mir jetzt anhängen? Ohne mich! Die Braut kenne ich nicht, mit der habe ich nichts zu schaffen!«
» Wie ist es dann zu erklären, dass ein Fingerabdruck von Ihnen im Auto des Opfers gefunden wurde?«, sagte der Kollege ganz ruhig.
» Ach so, mit solchen Tricks wird hier gearbeitet. Leckt mich doch am Arsch!« Das waren die letzten Worte, die der mit allen Wassern gewaschene Schwerverbrecher gegenüber den Kriminalbeamten von sich gab. Danach schwieg er wie ein Grab.
Ronny Budde war 37 Jahre alt und ein Mörder sowie Vergewaltiger der brutalsten Sorte. Dabei kam er aus gutem Hause und hatte eine unauffällige, geordnete Kindheit. Er hatte noch eine zwei Jahre jüngere Schwester, mit der er sich immer gut verstand. Sein Vater betrieb eine gutgehende Kfz-Werkstatt, während die Mutter den Haushalt und die Kinder versorgte. Die Buddes waren angesehene Leute. Ronny Budde schaffte den Hauptschulabschluss mit der Note befriedigend. Danach begann er eine Ausbildung im Betrieb seines Vaters, die er mit der Gesellenprüfung beendete. Anschließend musste er seinen Grundwehrdienst ableisten. Bei der Bundeswehr fiel er mehrmals wegen kleinerer Verstöße und Unregelmäßigkeiten auf. Er erhielt deshalb mehrere Disziplinarstrafen.
Als er nach dem Wehrdienst wieder in der Kfz-Werkstatt arbeiten sollte, überwarf er sich mit seinem Vater. Er fing dann bei verschiedenen Speditionen als Kraftfahrer an. Nirgends hielt er es lange aus. Aber die Arbeit als Fahrer gefiel ihm. Wenn er auf langer Tour in seinem Führerhaus saß, war er sein eigener Herr, konnte tun und lassen, was er wollte, so lange er seinen Auftrag einigermaßen pünktlich erledigte.
Als Fernfahrer kam Budde fast zwangsläufig mit Straßendirnen in Kontakt. Ein Großteil seines Verdienstes blieb bei diesen Prostituierten hängen. Vor Bekannten prahlte er oft, wie gut er im Bett sei und was er so mit den Nutten mache.
Budde trank auch gerne
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