Das Gesicht
gewesen.
Wenn er sich, so wie jetzt, vollständig auf eine Aufgabe konzentrierte, ertrug es Arnie nicht, dass ihm jemand zu nahe kam. Wäre Carson näher als eineinhalb Meter oder bestenfalls einen Meter zwanzig an ihn herangekommen, dann hätte er sich maßlos aufgeregt.
Wenn er sich von einem Projekt fesseln ließ, konnte er durchaus ganze Tage in vollkommener Stille verbringen, abgesehen von wortlosen Reaktionen auf jeden Versuch, ihn bei seiner Arbeit zu stören oder in den Raum vorzudringen, den er für sich beanspruchte.
Der Altersunterschied zwischen Carson und Arnie betrug mehr als achtzehn Jahre. Er war in dem Jahr geboren worden, als sie aus ihrem Elternhaus ausgezogen war. Selbst wenn er vom Autismus verschont geblieben wäre, hätten sie einander nicht so nah gestanden wie manche Geschwister, da sie nur wenige gemeinsame Erlebnisse hatten.
Nach dem Tod ihrer Eltern vor vier Jahren hatte Carson es geschafft, das Sorgerecht für ihren Bruder zugesprochen zu bekommen. Seitdem lebte er bei ihr.
Aus Gründen, die sie nicht ganz in Worte fassen konnte, hatte Carson dieses sanftmütige, zurückgezogene Kind mit der Zeit lieben gelernt. Sie glaubte nicht, dass sie den Jungen noch mehr hätte lieben können, wenn er ihr eigener Sohn und nicht ihr Bruder gewesen wäre.
Sie hoffte, eines Tages würde es entweder in der Behandlung von Autismus im Allgemeinen oder in Arnies speziellem Fall zu einem Durchbruch kommen. Aber sie wusste, wie gering die Chancen waren, dass ihre Hoffnung in Erfüllung ging.
Jetzt betrachtete sie eingehend die neuesten Veränderungen an der Außenmauer, die ohne tragende Funktion den
Burghof umschloss. Er hatte sie mit Strebepfeilern befestigt, die in gleichmäßigen Abständen angeordnet waren und eine weitere Aufgabe als steile Treppen übernahmen, über die die Wehrgänge hinter den Zinnen für die Verteidiger erreichbar waren.
In der letzten Zeit war ihr Arnie furchtsamer erschienen als sonst. Carson konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass er Ärger nahen spürte und wild entschlossen war, sich darauf vorzubereiten. Eine echte Burg konnte er nicht bauen, und daher suchte er Zuflucht in dieser Phantasie von einem befestigten Zuhause.
12
Randal sechs verknüpft waagrecht SPHINX mit senkrecht XENOPHOBIE und stellt damit das letzte Kreuzworträtsel in dem dicken Band fertig.
Andere Rätselsammlungen warten bereits auf ihn. Aber durch den vollständigen Abschluss dieses vorliegenden Hefts ist er gegen die Furcht erregende Unordnung der Welt gewappnet. Er hat sich einen gewissen Schutz erworben.
Eine Zeit lang wird er in Sicherheit sein, wenn auch nicht für immer. Die Unordnung nimmt ständig zu. Chaos drängt gegen die Mauern. Irgendwann wird er weitere Muster aus leeren Kästchen mit weiteren wohl überlegten Wörtern füllen müssen, die dem Zweck dienen, dem Chaos den Zutritt zu seiner Privatsphäre zu verweigern.
Da er vorübergehend sicher ist, steht er von dem Tisch auf, an dem er arbeitet, setzt sich auf die Bettkante und drückt auf einen Klingelknopf auf seinem Nachttisch. Dieser Knopfdruck wird das Mittagessen herbeirufen.
Mahlzeiten werden ihm nicht zu regelmäßigen Zeiten serviert, da er nichts essen kann, wenn er von Kreuzworträtseln besessen ist. Lieber lässt er das Essen kalt werden, als sich bei der wichtigen Aufgabe stören zu lassen, das Chaos abzuwehren.
Ein Mann in Weiß bringt sein Tablett und stellt es auf den Arbeitstisch. Solange dieser Wärter da ist, hält Randal sechs den Kopf gesenkt, um jedem Gespräch auszuweichen und jeden Blickkontakt zu vermeiden.
Jedes Wort, das er zu einer anderen Person sagt, verringert den Schutz, den er sich erworben hat.
Als er wieder allein ist, nimmt Randal sechs sein Mittagessen zu sich. Er isst sehr manierlich.
Das Essen ist weiß und grün, wie er es gern mag. Aufgeschnittene Truthahnbrust in Sahnesauce, Kartoffelbrei, Weißbrot, Erbsen und Brechbohnen. Zum Nachtisch Vanilleeis mit Crème de Menthe.
Als er aufgegessen hat, wagt er es, seine Tür zu öffnen und das Tablett in den Korridor zu stellen. Schnell schließt er die Tür wieder und fühlt sich jetzt so sicher wie nur selten.
Er setzt sich auf seine Bettkante und zieht die Schublade seines Nachttischs auf. In der Schublade liegen ein paar Zeitschriften.
Da er sein Wissen durch den Download von Daten direkt ins Gehirn erworben hat, wird Randal sechs von Vater ermutigt, sich der Welt zu öffnen und sich durch die Lektüre diverser Zeitschriften und
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