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Das Geständnis der Amme

Das Geständnis der Amme

Titel: Das Geständnis der Amme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Krohn
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ihre schwitzenden Leiber? Sie ekeln dich an, und trotzdem gierst du nach ihnen! Hör auf damit, Madalgis, hör endlich auf und besinne dich darauf, wer du bist!‹ Ich habe lange geweint, sehr lange. Am Ende hatte ich keine Tränen mehr. Und sie ist die ganze Zeit bei mir geblieben, hat mich zwar nicht berührt, aber angestarrt, auf diese Weise, wie nur Judith schauen kann. Und dann, bevor sie ging, hat sie gesagt: ›Du bist Madalgis. Und du wirst versuchen, glücklich zu werden und dich nicht länger zerstören, ja?‹«
    Madalgis keuchte schwer, nachdem sie geendigt hatte. Johanna konnte nicht entscheiden, was dem Mädchen sämtliche Kraft abverlangt hatte – der hart erkämpfte Triumph, der in diesen glänzenden Augen stand, oder die Erinnerung an eine Zeit, da es sich aufgegeben hatte und ohne fremde Hilfe verloren gewesen wäre?
    Fremd war Johanna, was Madalgis antrieb, was sie durchlitten hatte. Doch vertraut war ihr der Scheideweg, auf den manches Leben geriet. Die eine Richtung weist in einen Abgrund, die andere auf ein Fortschreiten, ein Weitermachen, und Letzteres mochte sich zwar niemals gut, jedoch richtig anfühlen.
    »Wie rührend!«, zischte sie, um den Anflug von Nähe zu zerstören. »Beim letzten Mal galt deine Liebe noch Balduin – und jetzt der Königin?«
    »Ich habe Balduin nie geliebt. Ich hatte gehofft, dass er mich von meinem Los befreit. Aber er hat mich krank gemacht. Erst bei Judith sind meine Haare wieder gewachsen.«
    »Dann kann es dir doch nicht gefallen, dass ausgerechnet Judith ihr Herz an Balduin verliert.«
    »So dumm ist Judith nicht«, sagte Madalgis überzeugt. »Er läuft ihr nach – nicht sie ihm. Sie wird ihn benutzen, so wie ihr beide, du und Balduin, mich benutzt habt. Und wenn er ihr verfallen ist, wenn seine Seele ihr gehört und wenn sie dann darauf herumtritt, weil diese Seele keinen Wert mehr hat – nun, dann weiß er, wie es sich anfühlt, ohne Hoffnung zu sein.«
    »Das werde ich nicht zulassen«, presste Johanna schmallippig hervor.
    Madalgis lächelte spöttisch. »Du hast alles getan, um zu verhindern, dass Balduin mich liebt. Du hast ihm andere Frauen zugeführt. Du hast mir mein Kind gestohlen. Doch was kannst du gegen eine Königin ausrichten?«
    »Es muss etwas dagegen getan werden! Die Welt wird doch nicht zusehen … Es ist nicht recht … Judith darf nichts tun ohne die Zustimmung ihres Vaters … und Balduin wird es nicht wagen …«
    Sie vermochte keinen Satz zu Ende zu führen. Die Wahrheit war: Sie wusste nicht mehr, was Balduin zu wagen bereit war und was nicht.
    Madalgis hörte ihr ohnehin nicht mehr zu. »Ich helfe dir ganz gewiss nicht, die beiden zu verraten«, sagte sie bestimmt, drehte sich um und ließ sie einfach stehen.
    »Madalgis!«
    Johanna stürmte ihr nach, versuchte, sie aufzuhalten. So unangenehm ihr das Mädchen war, so sonderlich ihr sein Verhalten vorkam, sie war die Einzige, die sie kannte und mit der sie überhaupt über die ganze Angelegenheit sprechen konnte.
    »Madalgis!«
    Beinahe stieß Johanna mit einer Frau zusammen, die nur wenige Schritte entfernt stand, die Arme in die Hüften gestemmt, als hielte sie sich schon länger hier auf und hätte sie belauscht. Johanna blickte in das fremde Gesicht einer jungen Frau, kaum älter als Madalgis, etwas dümmlicher, verschlagener dreinblickend als diese. Sie war geneigt, sie nicht zu beachten, als etwas sie aufhielt – ein Ausdruck von Verständnis.
    »Ich schon«, sagte die junge Frau plötzlich.
    »Wie?«, entfuhr es Johanna.
    »Wenn Madalgis dir nicht helfen will, die beiden zu verraten – nun: ich schon. Ich kann dir Mittel und Wege zeigen, wie du … es verhindern kannst.«
    »Wer bist du?«, fragte Johanna verwirrt.
    Die Frau zuckte mit den Schultern. »Der König sollte von den Plänen seiner Tochter erfahren. Je eher, desto besser. Mein Name ist Joveta.«
     
    Regen lag in der Luft, Balduin konnte ihn riechen. Ungeduldig trabte er auf seinem Pferd im Hof auf und ab und spürte die Unruhe des Tieres, das nun endlich losgaloppieren wollte. Gewiss machte es Sinn, dass Judith vorgab, alle Zeit der Welt zu haben. Sie hatten besprochen, dass sie den Aufbruch zur vermeintlichen Jagd ein wenig hinauszögern sollte, um den ganzen Hof glauben zu machen, sie legte nicht sonderlich großen Wert darauf, würde diese Art des nachmittäglichen Zeitvertreibs gelangweilt über sich ergehen lassen. Und dennoch wurde Balduin zunehmend unruhig, hatte das Gefühl, von allen Seiten

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