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Das Geständnis der Amme

Das Geständnis der Amme

Titel: Das Geständnis der Amme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Krohn
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augenblicklich von ihrem Anblick genährt.
    Die Königin sah nämlich nicht etwa zermürbt und abgespannt aus, was man nach ihrer Flucht und der ungewissen Lage hatte erwarten können. Vielmehr schien es, als hätte sie an Gewicht zugelegt, und ihre Züge wirkten entspannt. Johannas Glieder schienen darob gleich noch mehr zu schmerzen. Sie wollte sich ausruhen, am besten ein warmes Bad nehmen – was wiederum bedeutete, dass sie Judith nicht ewig den Rücken zudrehen konnte. Ach, wenn Balduin nur hier wäre, sie zu empfangen!
    Missmutig hörte sie zu, wie Joveta der Königin die letzten Monate schilderte, vor allem, wie heimatlos und bedroht sie sich in Laon gefühlt und wie sehr sie sich nach ihrer, Judiths, Gegenwart gesehnt habe. Dass sie ihr Unrecht getan habe und dass sie für sämtliche ungehörigen Worte um Verzeihung bitte.
    Schnaubend drehte sich Johanna um. Hatte der Kniefall als Zeichen der Selbsterniedrigung nicht gereicht?
    Unmerklich zuckte sie zusammen, als sie gewahrte, dass Judith weder Joveta noch Madalgis beachtete, sondern immer noch unverwandt auf Johanna starrte und in ihrem Gesicht zu lesen suchte, was in ihr vorging. Johanna fühlte sich ertappt, obwohl sie den unversöhnlichen Hass vor Judith nicht hatte verbergen wollen. Entschlossen ging sie nunmehr auf die Frauen zu. Sollte Judith bloß nicht denken, sie würde sie aus Furcht oder Scheu meiden.
    »Im Saal könnt Ihr Euch wärmen«, bot Judith höflich an. »Im Kamin brennt seit einigen Tagen das Feuer!«
    Johanna achtete nicht auf sie, sondern ging stur weiter, auch wenn sie sich zunehmend unwohl fühlte. Nur fremde Gesichter waren es, auf die sie stieß und die sich tuschelnd darüber austauschten, wer wohl diese fremden Frauen waren, die niemand hierher eingeladen hatte. Unwillkürlich begann sie, sich nach Laon zu sehnen – und nach dem geliebten Kräutergarten. Unerträglich eng war er ihr in der letzten Zeit ob der Sorge um Balduin gewesen. Doch jetzt dachte sie nur, dass sie alles, alles, was ihr lieb und teuer war, wegen dieses Weibes hatte zurücklassenmüssen! Trotz des ärgers entging ihr nicht, wie Madalgis mit der Königin redete und ihr Verhalten erklärte.
    »Sie möchte zu Graf Balduin«, sagte sie. »Und du sollst wissen, meine Königin, dass Johanna den Anblick von Flammen fürchtet und darum jedes Feuer meidet.«
     
    Sie war seinetwegen gekommen und hatte ihn nach ihrer Ankunft als Erstes gesucht – aber kaum traf sie mit Balduin zusammen, sprach Johanna kein Wort. Sie konnte an seiner Miene ablesen, dass er mit Vorwürfen rechnete, sich dagegen wappnete und ein trotziges Gesicht aufsetzte, kaum dass er ihrer ansichtig wurde. Doch grade darum verkniff sie es sich, auf ihn zuzugehen und sich alles von der Seele zu reden, was sich dort angestaut hatte. Es fiel ihr unendlich schwer – und zugleich bemerkte sie befriedigt, wie ihr Schweigen ihn folterte. Warum sie das bezweckte, hätte sie nicht mit Bestimmtheit sagen können: um ihn für die Ehe mit Judith zu bestrafen? Oder vielmehr dafür, dass er sich gegen ihren Rat und somit gegen sie gestellt hatte?
    Gottlob hatte sie sich vor niemandem zu rechtfertigen. Judith blieb ihr nach der ersten Begegnung im Hof fern, und mit Madalgis, mit der sie eine Schlafkammer teilte, lästerte sie zwar über den Trierer Hof – vor allem über das spürbare Fehlen einer Königin, obgleich, wie sie bitter anfügte, es doch eigentlich derer zwei gäbe –, aber sie sprach mit ihr nicht über Balduin.
    Erst nach zwei Tagen gab sie das Schweigen auf. Zufällig stieß sie auf den kleinen, blonden Jungen, der sich des Öfteren im Saal herumtrieb und offenbar König Lothars Sohn – oder vielmehr dessen Bastard – war. Als sie ihn das erste Mal gesehen hatte, hatte er sie an Balduin erinnert – flink und lebendig, wie er war, und zugleich ein wenig von jener Schwermut atmend, in der auch seine unglückliche Mutter Waltrada festhing. Doch sie verbat sich zärtliche Erinnerungen und vor allem auch freundliche Gedanken gegenüber einem Mitglied jener Familie, die Balduin ins Unglück gestürzt hatte.
    Der Junge freilich mied sie nicht in gleicher Weise. Als sie draußenim Hof stand, die schmerzenden Glieder in den kargen Resten der Herbstsonne wärmte und sich wieder nach ihrem Garten sehnte, kam Hugo zu ihr geschlichen, stellte sich vor sie und musterte sie.
    Zuerst ignorierte sie ihn, dann schnaubte sie gereizt: »Was willst du?«
    Der Junge schirmte seine Augen mit der Hand ab, um sie

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