Das Geständnis der Amme
trotz aller diebischen Freude, sich etwas aus dem vermaledeiten Leben herauszupressen, und sei es der jugendliche Leib der eigenen Tochter, doch nicht gewagt, sich im Besitz aller geistigen Kräfte zu ihr zu legen. Erst wenn seine Augen glasig waren, wenn sein Atem stank, wenn seine Bewegungen fahrig wurden – dann, ja dann zwang er sie, zu ihm ins Bett zu kommen, unter ihm zu liegen …
Unter Balduin würde sie nicht liegen. Sie selbst saß ja auf ihm.
»Komm, trink Wein!«, forderte sie ihn auf und griff nach dem Kelch.
Sie stützte ihn im Nacken, um ihn aufzurichten, und als sie schon nicht mehr damit rechnete, ging ein Zucken durch seinen Leib. Er gehorchte ihrer Führung, erhob sich leicht und erlaubte ihr, den Kelch zu nehmen, der neben dem Bett stand. Sie setzte ihn an seine Lippen. In den letzten Tagen hatte er kaum mehr als ein, zwei Schlucke genommen, und selbst davon war ihm die Hälfte über das Kinn geronnen. Nun trank er den Brombeerwein schnell und gierig. Als sie den Kelch wieder von seinen Lippen nahm und er sich zurückfallen ließ, war er glühend rot im Gesicht.
»Siehst du«, murmelte sie unsicher, »du bist nicht tot, es ist noch Leben in dir … und es wartet noch so vieles auf dich.«
Der starre Ausdruck war aus seinem Gesicht gewichen, schien ganz vom Wein fortgeschwemmt zu werden. Mit einem Stöhnen griff er sich an die Stirn, als könne er nicht begreifen, was da so heiß in ihm aufstieg. Sein wirrer Blick erinnerte Madalgis an ihren Vater. Um ihn nicht zu sehen, beugte sie sich vor, küsste ihn auf die Lippen, schmeckte den säuerlichen Wein.
Der Vater hatte sie nie geküsst, er hatte nicht einmal ihre Brüste berührt, nicht so, wie Balduin es jetzt tat. Zunächst geschah es nicht willentlich – sie selbst nahm seine Hand, legte sie auf einen der Nippel, noch unter Stoff verborgen, dann nackt, als sie ihre Tunika hochschob. Die Hand war zunächst schlaff wie zuvor, da sie sie gestreichelt hatte, doch dann begannen die Finger zu zittern, zu greifen.
Eine Weile verharrte Madalgis, zerrissen von Furcht, etwas falsch zu machen, von den Erinnerungen an ihren Vater und von dem Willen, dem unbedingten Willen, sich diesen Mann zu eigen zu machen.
Du hattest Unrecht, Vater, dachte sie. Du hast angenommen, mein Leben wäre so wertlos wie deines, und deswegen könntest du mich haben. Aber aus mir wird was … aus mir wird was … schau, wo ich bin …
Sie rutschte tiefer, zerrte an Balduins Beinlingen. Je schneller sämtliche ihrer Bewegungen ausfielen, desto weniger musste sie darüber nachdenken. Sein Geschlecht war nicht schlaff wie sein restlicher Körper, sondern richtete sich unter ihren Händen auf. Sie streichelte es zuerst zögernd, dann mit zunehmender Schnelligkeit. Sie gierte nach einer Reaktion, auch wenn sie nicht sicher war, was diese Gier bedingte: der Wunsch, es hinter sich zu bringen? Die Lust, Macht über ihn zu haben? Die Verzweiflung, weil sie nichts anderes von ihm bekam?
Vielleicht war es alles zugleich. Als sie einen warmen Tropfen spürte, den sein Geschlecht spuckte, richtete sie sich auf, schob ihre Tunika noch höher und ließ sich mit gespreizten Schenkeln auf ihn sinken, um ihn aufzunehmen. Unwillkürlich versteifte sie sich, erwartete jenen Schmerz, den ihr der Vater beim ersten Mal zugefügt hatte, dieses Gefühl zu reißen, nie wieder ganz zu werden. Doch er blieb aus. Sie hatte so oft bei ihrem Vater gelegen, dass sich der Körper daran gewöhnt und sich die Seele nicht länger dagegen gewehrt hatte.
Er ist ein Krieger, Vater, dachte sie und begann sich langsam zu bewegen, er ist für den Grafen wie ein Sohn … er ist so viel besser als du, Vater, so viel mehr wert …
Balduin hatte seine Augen geschlossen, doch seine Hände krallten sich fester um ihre Brüste. Seine Hüften begannen, ihren Bewegungen zu folgen, und sein Stöhnen wurde immer lauter, je heftiger diese Bewegungen ausfielen.
Als sich sein Körper am Ende lustvoll verkrampfte, sah sie, wie eine Träne aus seinen geschlossenen Augen tropfte, sich seitlich ihren Weg bahnte, über die Schläfe lief, um dann in seinem hellen, weichen Haar zu versickern.
Ein triumphierendes Lächeln erschien auf Madalgis’ Gesicht. Sie gewahrte nicht, dass sie selbst auch weinte.
Es war einige Tage später, als Madalgis zum wiederholten Mal Balduins Gemach verließ und von Johanna abgepasst wurde. Die einstige Amme hatte im finsteren Winkel gewartet, sich dann andas Mädchen herangeschlichen, um es
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