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Das Geständnis der Amme

Das Geständnis der Amme

Titel: Das Geständnis der Amme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Krohn
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dem einer anderen zu stellen.
    Johanna nickte und verschränkte ihre Arme über der Brust.
    »Hast du … hast du etwas von ihm gehört?«, fragte Madalgis weiter.
    Einen Augenblick schien es, als würde Johanna nicht antworten wollen, doch dann erwiderte sie seufzend: »Nein, leider nicht. Der Graf meinte, er sei irgendwo droben im Norden. Aber ob sie dort die Nester der verfluchten Normannen nun ausräuchern oder nicht – das weiß kein Mensch.«
    »Nun, so weißt du auch nicht, was du womöglich gar nicht wissen willst: dass er … dass er …«
    Sie brachte den Satz nicht zu Ende.
    »Dass er womöglich gefallen ist«, sagte Johanna. »Aber was heißt das schon, wenn er heute lebt. Morgen kann er trotzdem sterben.«
    Ihre Stimme bebte, doch ihre Furcht schwappte nicht auf Madalgis über.
    Sie hatte geglaubt, Balduin zu lieben, sie glaubte es auch jetzt –schlichtweg, weil ihr nichts anderes einfiel, um jenen Drang zu benennen, ihm nahe zu sein, an seiner Seite ihren niedrigen Stand zu vergessen. Doch die Angst vor der eigenen Zukunft ließ ihr die seine als bedeutungslos erscheinen.
    »Ich dachte«, murmelte sie, »ich dachte, du wolltest immer, dass er wird … was er ist. Ich dachte, du wärst stolz auf ihn, hättest ihn immer gedrängt, ein Krieger zu sein, der Normannen erschlägt.«
    Wieder seufzte Johanna. Es war ein fremder Laut aus ihrem Mund; ein längst verloschener Schmerz schien in ihm nachzuhallen. »Das ist alles wahr«, sagte sie leise. »Aber zugleich ist er doch mein Kind …«
    Unwillkürlich rückte Madalgis von ihr ab. Sie verstand JohannasTrachten, es war ihr so vertraut, doch gerade aus diesem Grund stimmte es sie ungehalten und ärgerlich. Sie beide wollten die Grenzen ihres Standes überwinden, sie beide nutzten Balduin zum Aufstieg, Johanna ohne Zweifel erfolgreicher als sie – doch wohin hatte es sie gebracht, wenn nicht zu diesem verzweifelten Moment, da sie auf dem bloßen Boden hockten und litten?
    Unwirsch stand Madalgis auf und wurde sogleich von einem heftigen Schwindel erfasst. Sie griff sich an den Kopf, indessen Johanna sie von unten her musterte.
    »Du bist schwanger, nicht wahr?«, stellte sie ruhig fest.
    Madalgis wusste nicht, ob sie vor diesen Worten kapitulierte oder vor ihrer Übelkeit. Kraftlos ließ sie sich wieder auf den Boden sinken.
    »Es ist Balduins Kind …«, murmelte sie. »Kein anderer kann der Vater sein. Kurz vor seinem Aufbruch … sind wir noch zusammengelegen. Manchmal war ihm wohl das Altvertraute lieber als das aufregend Neue.«
    Johanna nickte verständnisvoll, aber die Worte, die folgten, klangen barsch: »Das glaubt dir kein Mensch.«
    »Aber du glaubst mir doch, oder?«, fragte Madalgis ungewohnt weinerlich.
    Johanna zuckte die Schultern. »Das tut nichts zur Sache. Ich kann dir nur sagen: Dein Balg wird ein Bastard bleiben, und er wird dir nicht helfen, dein Leben zu verbessern.«
    Madalgis sog scharf die Luft ein. übermächtig war der Drang, wieder zu weinen, doch sie beherrschte ihn, um Johanna die rohen Worte mit nicht minder bösen heimzuzahlen: »So wie dir dein leibliches Kind auch nicht nützlich war, deinem Bauerndorf zu entkommen. Das hast du erst geschafft, als du es während des Normannenüberfalls verloren hast.«
    Johanna fuhr herum, und ihre Hand traf hart auf Madalgis’ Gesicht. »Schweig!«, schrie sie auf. »Halt sofort dein Maul!«
    Bis zum jetzigen Augenblick hatte Madalgis nicht gewusst, dass Johanna derart laut brüllen konnte – derart verzweifelt, derart gequält. Kleinlaut schloss sie den Mund, ergab sich dem Schweigen,das sich zwischen ihnen ausbreitete. In der Ferne krähte ein Hahn, um von der Sonne zu künden, die mit noch blutigen Rändern den Himmel erklomm.
    »Es gibt ein Mittel«, sagte Johanna schließlich. »Man muss einen Tee aus Farnwurzeln, Blättern von Elfenblumen und Rauten brauen und dann Levkojensamen, Ingwer und Pfeffer hinzugeben.«
    »Ich … ich will das nicht«, stotterte Madalgis unbehaglich.
    »Du solltest es dennoch tun«, gab Johanna zurück. Sämtliche Sorge und sämtlicher Schmerz waren aus ihrer Stimme geschwunden. »Hast du immer noch nicht verstanden, dass du Balduin nichts bedeutest? Du bist eine von vielen – und dein Kind wird das auch sein. Nur ich bin etwas Besonderes für ihn. Ich bin seine Herzensmutter, und diesen Rang wird mir niemand streitig machen.«
     
    Balduin fuhr aus dem Schlaf hoch. Er wusste nicht, was ihn geweckt hatte, aber er brauchte nicht lange, um sich zu

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