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Das Geständnis der Amme

Das Geständnis der Amme

Titel: Das Geständnis der Amme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Krohn
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selten. Was immer dort geschehen war, er war noch verdrossener als früher, sein Spott beißender, die stete Unzufriedenheit über sein Leben mit Bösartigkeit getränkt.
    Meist mied Balduin es, darüber nachzudenken, geschweige denn, ihn anzusprechen. Das Leben schien ihm einfacher, wennman es lebte, anstatt sich seiner nur zu besinnen, aber jetzt wurde ihm immer unbehaglicher zumute.
    »In d-d-d-diesem Jahr werde ich volljährig«, setzte Ludwig wieder einmal knurrend an. »Aber mein V-V-V-Vater hat angekündigt, dass ich weiterhin unter der Kontrolle meines
Bajulus
zu verbleiben habe. Und d-d-das muss ausgerechnet Adalard sein!«
    Balduin unterdrückte ein Seufzen. Klagen wie diese hatte er zu oft gehört, um sie an sich heranzulassen.
    »Die Gro-Gro-Großen von Neustrien unterstützen das natürlich!«, stieß Ludwig aus. »S-s-s-s-so gelte ich in ihren Augen doch kaum mehr als ein Kind – und sie k-k-k-k-können machen, was sie wollen. Ich verstehe nicht, wa-wa-warum mein Vater das nicht einsieht! Er schwächt unser Haus, anstatt es zu stärken, und ist noch mi-mi-misstrauischer geworden.«
    Balduin verkniff sich ein Seufzen.
    »Aber er hat dir doch im letzten Jahr das Kloster Saint Martin de Tours übergeben, zum Zeichen, dass Neustrien drei Jahre nach dem Aufstand der dortigen Großen wiedergeboren sei und du der Herrscher bist. Das bedeutet doch, dass er dir mit zunehmendem Alter …«
    »D-d-d-das geschah doch nur aus Trotz gegen die Aquitanier«, unterbrach ihn Ludwig scharf.
    Balduin zuckte die Schultern. Er wusste, dass Aquitanien jener Teil des Reichs von Karl war, in dem die Macht des Königs am fragilsten war und am häufigsten angezweifelt wurde. Zunächst hatte ihn sein Neffe Pippin dort bekriegt, dann der Sohn Kaiser Lothars I.
    »Was kümmert dich Aquitanien?«, entfuhr es Balduin. »Soll sich doch dein Vater damit herumärgern oder dein Bruder Karl!«
    Er wich Ludwigs Blick aus. Eben waren sie an einer Kleinstadt vorbeigekommen, wo trotz der eisigen Temperaturen und des erstickenden Schnees die Arbeit nicht ruhte, sondern eifrig an einer Verteidigungsbrücke und an einem neuen Kastell gehämmert wurde. Im Norden der
Francia
entstanden mehr und mehr solcher Bauten, um den Schutz gegen die Normannen zuverstärken. Häufig wurden Ruinen aus der Römerzeit zu diesem Zwecke genutzt, indem man entweder deren Steine abtrug oder sie an gleicher Stelle wieder aufbaute.
    »So-so-solange Aquitanien nicht befriedet ist, werden auch die G-g-g-großen von Neustrien zur Revolte neigen. Und solange mein V-V-V-Vater das fürchtet, wird er mir dort nie echte Macht einräumen«, murmelte Ludwig.
    »Aber wenn er nun die Verdienste sieht, die du im Krieg gegen die Normannen … «
    »S-s-s-so einfach ist das nicht!«, fuhr Ludwig ihn rüde an. »Du magst ein K-K-K-Krieger sein, Balduin, aber von P-P-P-Politik verstehst du nichts. Es ist keine Ehre oder Prüfung, wenn mein Vater mich in den Kampf gegen die Normannen schickt. Er will mich dadurch vom wirklich W-W-W-Wichtigen abhalten.«
    »Was könnte wichtiger sein als unsere Feinde …«
    »Von wegen Feinde!« Es klang durch und durch verächtlich. »Nenn mir einen He-He-Herrscher, der noch kein Bündnis mit den Normannen geschlossen hat. Das einfache Volk denkt, sie sind die G-G-G-Geißel G-G-G-Gottes, aber die Könige … Pippin hat sich mit ihnen verbündet, König Lothar ebenso, mein V-V-V-Vater selbst hat immer wieder das Gespräch mit ihren Anführern gesucht. W-w-w-wusstest du eigentlich …«, er beugte sich vor, starrte Balduin durchdringend an, »w-w-w-wusstest du, dass es ihm in manchem Jahr seiner He-He-Herrschaft ganz recht kam, wenn die N-N-N-Normannen unser Land bedrohten? Weil ein äußerer Feind die inneren schwächt! V-v-v-vor knapp fünf Jahren hat mein Vater einem gewissen S-S-S-Sidroc kampflos das Gebiet zwischen Jeufosse und Oissel überlassen. Was das für die dortige Region bedeutete, b-b-b-brauche ich dir nicht zu sagen. Und wie oft hat es mit einem gewissen Björn Vereinbarungen gegeben, ni-ni-nicht nur über den Gefangenenaustausch? Ich w-w-w-will dir was sagen: Mein V-V-V-Vater ist kein K-K-K-K-König, der sich um sein Land sorgt. Er sorgt sich um seine Macht, und wenn es dann und wann g-g-g-gar die Heiden sind, die ihm ermöglichen, an dieser festzuhalten, nun, dann vergisst er gerne,dass sie eben Hei-Hei-Heiden sind. Und m-m-m-mich … mich schickt er nicht in den Krieg, um diesen bösen Feind aus dem Land zu verjagen, sondern

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