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Das Geständnis der Amme

Das Geständnis der Amme

Titel: Das Geständnis der Amme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Krohn
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wie es in ihren Augen aufblitzte. Er erwiderte beides, wenngleich sein Blick auf das Mädchen im hellen Tageslicht nüchterner ausfiel als in der dampfverhangenen Badestube. Dass man sich an ihr schnell sattsehen konnte, hatte er gestern bereits befunden, doch der Zauber des Neuen, Fremden war noch schneller erloschen, als er erwartet hatte. Als sie sich verabschiedet hatten, war er sich sicher gewesen, nicht zum letzten Mal in ihr Bett gekommen zu sein. Nun ging ihm auf, dass er gern darauf verzichten konnte.
    Indessen schob Ludwig die Schüssel zurück, offenbar als Zeichen, dass er – nunmehr gestärkt – nicht länger wie unsichtbar behandelt werden wollte.
    »Nun, mein Freund«, wandte er sich an Balduin, »ausgeruht für die Jagd?«
    Es war seine Art, die Pläne für den Tag zu bekunden, und Balduin nickte, der Hoffnung beraubt, dass sie Senlis bald wieder verlassen würden. Freilich wollte er keine Missstimmung zeigen, vielmehr Ludwigs Plänen zustimmen, als Judith langsam ihren Löffel in die Schale senkte, wieder hochblickte – allerdings nicht in Balduins Gesicht, sondern zu den Frauen – und ruhig fragte: »Welche meiner Damen habt Ihr wohl in der letzten Nacht gehabt, Graf Balduin?«
    Ihre Stimme klang so leise, so freundlich, so frei von Zankeslustoder Hohn, dass Balduin meinte, er müsste sie wohl falsch verstanden haben. Er blickte sie ebenso verwirrt an, wie alle übrigen es taten, von der Hoffnung geeint, sie würde das Gesagte gleich richtigstellen.
    Doch Judith setzte ihr Mahl nicht fort, lehnte sich stattdessen zurück und verkreuzte ihre Arme über der Brust, indessen ihr Blick sich nun hin- und herbewegte. »Ja, Ihr habt schon richtig gehört: Ich möchte gerne wissen, welche meiner Frauen Ihr beglückt habt, Balduin Eisenarm.«
    Ludwig kicherte nervös. Er hob die Hand, als wollte er sie beschwichtigend auf den Arm der Schwester legen, wagte es dann aber doch nicht.
    »Ju-Ju-Judith …«, setzte er an.
    Sie schüttelte kaum merklich den Kopf. »Lasst mich raten! Es wird mir ja doch keine von sich aus die Wahrheit sagen. Könnte es Aubirge gewesen sein? Nein, sie scheint mir zu fromm. Oder …«
    Sie zögerte, einen weiteren Namen auszusprechen. Alle Damen hatten beschämt den Kopf gesenkt, nur Madalgis blickte sie an, hochrot im Gesicht und mit flehentlichem Blick.
    »Bitte«, brach es aus ihr hervor. »Tu das nicht, meine Herrin! Stell niemanden bloß!«
    Für einen Augenblick wurden Judiths Züge weich, mitleidig … und irgendwie traurig. Doch sobald sie von Madalgis wegsah, verhärtete sich ihre Miene.
    »Warum nicht?«, fragte sie mit jener Schärfe, die zuvor noch gefehlt hatte. »Ach, keine Angst, ich bin nicht so streng, wie die Kirchenmänner. In meinen Augen ist’s keine Sünde, wenn sich ein Mädchen einem tapferen Krieger an den Hals wirft, nur Dummheit …«
    Erstarrt hatte Balduin ihre Worte über sich ergehen lassen. Nun stand er so energisch auf, dass sein Holzstuhl nach hinten kippte und mit einem lauten Krachen zu Boden ging. »Wenn ich Euch derart zuwider bin, dann gehe ich augenblicklich!«
    »Sagte ich dergleichen?«, gab sie kühl zurück. »Schauen wirnun,wer’s war … also, Aubirge sicher nicht, Gisla ist noch zu jung, Madalgis macht den Fehler, Euch zu vertrauen, kein zweites Mal. Dann bliebe noch … Nun, angesichts dessen, dass sie als Einzige nicht den Schädel einzieht und mich mit diesem dreisten Glänzen in den Augen anstarrt, setze ich auf … Joveta.«
    Balduin hatte sich schon zum Gehen gewandt, hielt nun aber doch inne. »Das geht Euch nichts an!«, zischte er.
    »So, so«, meinte Judith ruhig. »Es geht mich nichts an. Aber wer ist es, der sich über diese Mädchen den Kopf zerbricht, nachdem Ihr sie gehabt habt, wenn nicht ich? Ihr lasst sie doch zurück wie tote und verwundete Normannen, ohne Interesse daran, was aus ihnen wird, ohne Rücksicht, ob die Aasgeier über sie herfallen. Joveta muss bereits für die Sünden ihres Vaters bezahlen und …«
    »Und was?« In jenem Augenblick war es Balduin gleich, dass sie Ludwigs Schwester und eine Königin war, der man Respekt zu zollen hatte. »Auch wenn Ihr es Euch nicht denken könnt, es gibt Frauen, die Vergnügen an meiner Gegenwart finden!«
    Judith ließ ihre Hände von der Brust sinken und drehte sich unendlich langsam zu ihm um, so als müsste sie noch überlegen, ob er solch einer Körperregung überhaupt wert sei.
    »Die Schlimmsten«, sagte sie leise, »sind nicht unbedingt die Männer, die

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