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Das Gewicht des Himmels

Das Gewicht des Himmels

Titel: Das Gewicht des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Guzeman
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hatte. Sie ließ sich gegen die Lehne sinken, noch nicht gewohnt an diese plötzliche Nähe. »Danke, ich habe sehr gut geschlafen.«
    Er schien ihre Reaktion nicht wahrzunehmen, war ganz offensichtlich mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. »Gut. Bist du fertig?« Er deutete auf das Hörnchen auf ihrem Teller und den lauwarmen Tee. »Ich hätte gerne, dass du dir etwas ansiehst.«
    Er scheuchte sie aus der Küche, zog einen Stuhl unter dem Esstisch hervor und schob ihn in ihre Richtung. Sie setzte sich, verschränkte die Arme vor der Brust und wünschte sich, sie wäre länger im Bett geblieben.
    Phinneaus tigerte auf und ab, wie üblich. »Alice, gestern hast du gesagt, dass die Haushälterin deiner Familie ver mutlich Therese Garza hieß, stimmt’s? Und dass Natalie sie nach dem Sturm weggeschickt hat?«
    Sie nickte. »Phinneaus, was ist los?«
    »Es kommt mir vor, als würde ich in Sachen herumschnüffeln, die mich nichts angehen, aber du hast mich ja gebeten, deine Ausgaben durchzusehen.«
    »Ich weiß. Und ich bin dir dankbar. Ich nehme nicht an, dass du in irgendeinem Geheimversteck Millionen von Dollar entdeckt hast?«
    Er ignorierte ihren Versuch, die Atmosphäre aufzulockern. »Vorgestern Abend habe ich dir gesagt, dass der Besitz in Connecticut allem Anschein nach nie verkauft worden ist und das Haus durch die Immobilienverwaltung Steele & Greene vermietet wurde. Bei der Durchsicht von Natalies Kontoauszügen habe ich herausgefunden, dass je den Monat ein Betrag auf ihr Girokonto überwiesen wurde.«
    »Vielleicht von ihrem Arbeitgeber.«
    »Das glaube ich nicht. Es kamen noch andere Zahlungen, alle zwei Wochen. Natalie war nicht fest angestellt, ihr Einkommen schwankte immer ein wenig, je nach Monat und der Anzahl der Tage, die sie arbeitete. Diese Überweisungen kamen von einer Bank in New York, und es war immer dieselbe Summe. Aber das ist nicht das Interessante.«
    »Nein?« Bei dem Wort interessant verspürte sie einen An flug von Ärger und setzte sich aufrechter hin. Für ihn war das ja alles schön und gut. Er vermutete, dass es irgendwo einen Blindgänger gab, und war ganz in seinem Element; er buddelte in der Erde, um ihn herauszuholen, während er ihr seinen Angriffsplan auseinandersetzte und sich nicht um die alten Knochen scherte, die da womöglich auch noch lagen. Aber diese Knochen gehörten ihrer Familie, nicht seiner. Und wenn Natalie sich zusätzliche Einkünfte verschafft hatte, was spielte das jetzt noch für eine Rolle?
    Phinneaus zog seine Lesebrille aus der Hemdtasche und betrachtete stirnrunzelnd den Stapel Haushaltsbücher auf dem Tisch. Er tippte mit dem Bleistift dagegen. »In den vergangenen fünfunddreißig Jahren, von September 1972 bis zum September dieses Jahres, hat Natalie jeden Monat einen Scheck für Steele & Greene ausgestellt, immer über die gleiche Summe.«
    Er verstummte und wandte sich Alice zu. Erschrocken sah sie, dass er nicht mehr aufgeregt wirkte, sondern mitleidig und besorgt, als versuchte er einzuschätzen, wie seine nächsten Worte auf sie wirken könnten.
    »In diesen Büchern steht neben jeder dieser Zahlungen von September 1972 bis Juni 1990 ein Vermerk: ›ASK – T. Garza‹. Therese Garza. Aber von Juli 1990 bis zu diesem September steht da nur noch ASK. Warum hat Natalie achtzehn Jahre lang jeden Monat einen Scheck für Therese Garza ausgestellt? Und warum über die Firma, die euer Haus vermietet hat?«
    »Das muss ein Irrtum sein.«
    »Fünfunddreißig Jahre lang?« Phinneaus setzte sich neben sie und schob ihr den Stapel Kontoauszüge zu. »Das glaube ich nicht.«
    Sein Tonfall hatte sich verändert, er klang jetzt vernünftig und beherrscht. So hörte er sich immer an, wenn er Frankie die großen Fragen des Lebens zu erläutern versuchte – warum das Böse manchmal scheinbar über das Gute siegte; wie es am Ende gewöhnlich zu einem Ausgleich kam; warum man Menschen nicht ändern konnte, selbst wenn es zu ihrem eigenen Besten war, sie mussten es selbst wollen. Sie begriff, dass Phinneaus ihr auf seine Weise, so gut es eben ging, etwas sehr Schlimmes mitzuteilen versuchte, was keiner von ihnen beiden in Ordnung bringen konnte. Ihr Atem wurde flach, sie spürte ihn ganz weit oben in der Lunge. Sie wollte ihn dort festhalten und das, was jetzt kam, von sich fernhalten.
    »Alice, hörst du mir zu?«
    In ihren Ohren rauschte ein Ozean, Störgeräusche hielten alle logischen Gedanken fern. Atmen, dachte sie, einfach weiteratmen .
    »Vielleicht

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