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Das Gewicht des Himmels

Das Gewicht des Himmels

Titel: Das Gewicht des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Guzeman
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Platz. So viel … nichts.«
    »Eine Menge Leute mögen genau das.«
    »Sie auch? Wenn Sie jung wären und aussehen würden wie sie?«
    »Nein. Wohl eher nicht.« Das Thema behagte ihm nicht. Sie gingen ohne einen ausgeklügelten Plan vor, und es gab eine große Zahl von Unbekannten, was ihm das Gefühl gab, deutlich im Nachteil zu sein. Er wollte die Sache einfach hinter sich bringen, um Weihnachten mit seiner Familie feiern zu können. So befriedigend es auch wäre, Thomas eine eigene Kleinfamilie zu liefern, hübsch verpackt mit einem Schleifchen darum, war die Chance, dass es dazu kam, verschwindend gering. »Noch fünfzehn Meilen bis Dyersburg. Wenn wir die Zimmer bezogen haben, würde ich vorschlagen, dass wir uns frisch machen und dann so schnell wie möglich nach Orion fahren.«
    »Sie wollen sicher sein, dass wir einen guten Eindruck machen, stimmt’s?«
    »Man bekommt keine zweite Chance«, sagte Finch. Er kämpfte gegen den Impuls an, Stephen auf die Flecken auf seinem Poncho hinzuweisen. »Wir brauchen alle Hilfe, die wir kriegen können.«
    Sie bogen auf den Motel-Parkplatz ein. An der Rezep tion bekamen sie ihre Schlüssel von einer älteren Frau, deren Haare die Farbe einer Gemüsezwiebel hatten. Nachdem sie die strenge Ermahnung, nicht im Zimmer zu rauchen, mit einem Nicken beantwortet hatten, schleppten sie ihr Gepäck über eine Außentreppe in die nebeneinanderliegenden Zimmer und zogen gleichzeitig die Türen hinter sich zu.
    Eine heiße Dusche beseitigte das Frösteln, das Finch seit der Wartezeit im Regen geplagt hatte, und die frischen Kleider hoben seine Stimmung, wenn auch nicht sein Allgemeinbefinden. Stephen wirkte nach der kurzen Fahrtunterbrechung alles andere als erholt. Inzwischen hatte Finch begriffen, dass Stephen ohne ständige Nahrungszufuhr leicht mürrisch und streitsüchtig wurde, und das konnten sie jetzt nicht gebrauchen. Er hielt an einer Tankstelle und trommelte mit den Fingern gegen das Lenkrad, während Stephen in den Shop lief und mit den Händen voller Chipstüten und Schokoriegel wiederkam.
    »Haben Sie eine Ahnung, wie viel Zucker und Natrium Sie in den letzten Stunden konsumiert haben? Vier Dosen Bloody Mary Mix, also ehrlich! Wir sollten Ihnen einfach einen Salzleckstein kaufen.«
    Stephen winkte nur ab und fing an, die Tüten aufzu reißen.
    Als sie Orion erreichten, war die Temperatur deutlich gefallen. Finch lief die Nase, seine Augen brannten. Jemand hatte an die Plakatwand, die die Reisenden mit dem Slogan »Orion – alte Stadt! Neuer Geist!« willkommen hieß, einen Kranz aus Immergrün gehängt. Stephen sah Finch an und grinste.
    Die Hauptstraße konnte man wahrhaftig malerisch nennen; sie war nur ein paar hundert Meter lang, und es gab keinen einzigen Supermarkt. Schwere Wolken ballten sich am Himmel, und an diesem Spätnachmittag waren nur wenige Menschen unterwegs. Eine Frau hob den Kopf, als das Auto vorüberfuhr, und vergrub das Kinn dann schnell wieder im Kragen, als wäre das unbekannte Fahrzeug keinen neugierigen Blick und keinen kalten Luftzug im Nacken wert.
    »Pfefferminz?«, fragte Stephen und hielt Finch eine Dose unter die Nase.
    »Danke. Nein.« Nachdem sie einen Friedhof passiert hatten, fuhr Finch langsamer, den Blick auf die Hausnummern gerichtet. Er hielt vor einem altertümlichen viktorianischen Haus mit zwei Stockwerken, einer schmalen Backsteinmauer und Buchsbaumhecken, die zur Haustür führten.
    »Stephen, ich glaube, das Reden überlassen Sie lieber mir.«
    »Sie haben Angst, dass ich das Falsche sage, stimmt’s?«
    »Ich befürchte, Ihre Kombination aus Enthusiasmus und Direktheit könnte missverstanden werden.«
    Stephen zuckte die Achseln. »Wie Sie wollen.«
    Finch schloss gewohnheitsmäßig das Auto ab und stapfte die Auffahrt hoch, während Stephen hinter ihm her trödelte. Sie waren tatsächlich am Ziel! Finch konnte es kaum fassen. Er war Stephen gegenüber nicht aufrichtig gewesen: Es war ihm in den vergangenen Stunden schwergefallen, nicht an Natalie und Alice zu denken, sich vorzustellen, wie sie aussehen mochten, wie sie auf den Namen Bayber reagieren würden. Er war auf fast alles gefasst, nur nicht auf den kleinen Jungen, der auf sein Klopfen hin die Tür öffnete.
    Finch sah zu ihm hinunter und streckte betont liebenswürdig die Hand aus. »Guten Tag, junger Mann. Ich bin Professor Finch, und das ist Mr. Jameson. Wir möchten gerne deine Mutter sprechen. Ist sie zu Hause?«
    Als wollte er Finch daran erinnern, dass

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