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Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition)

Titel: Das Gewölbe des Himmels 1: Der Vergessene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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und Dornen hinzu, Geschöpfe ohne Gewissen, die alle Kreaturen des Lichts peinigen sollten. Jahrtausendelang diente dieser Rat, und der Eine wurde finster an Seele und Absicht, so sehr ging er in seiner Arbeit auf. Die Großen Väter erkannten, dass sie ihm Einhalt gebieten mussten, sollte die Menschheit nicht untergehen. Also schlossen sie ihn gemeinsam in der Erde ein, die er zu vernichten suchte. Im entlegensten Winkel der Welt schufen sie ihm eine Gruft, in die sie ihn mit seinem Hass auf Ewigkeit verbannten. Und so fand die Ära der Väter ein Ende. Die Zeit der Schöpfung, da den Händen der Edlen Neues entsprang, ward vergessen.«
    Ogeas Haar peitschte im Wind, der heftig an seinem Umhang zerrte. Auch das Band um seine Taille tanzte in den Böen, die über das Dach der Taverne fegten. Sein bleiches Antlitz leuchtete förmlich bis zu den Menschen dort unten, als hätte die Warnung in seiner Geschichte ihm selbst jede Kraft geraubt. Dennoch war seine Stimme dem Brausen gewachsen, und er zwinkerte nicht im starken Luftzug, während er auf seine Zuhörer hinabblickte.
    »Doch bis es gelang, den Einen zu binden, war das Gleichgewicht bereits zerstört. Das Land war misslungen, schon von Beginn an abgewichen vom Plan der Großen Väter. Sie würden ihre ursprüngliche Vorstellung nicht mehr retten können. Also gaben sie ihr Werk auf, schlossen die Getreuen der Stille im Born ein und überließen die unvollendete Welt ihrem Schicksal. Und es gab zahlreiche Kreaturen, die sich voll Verachtung mit Leib und Seele Quietus’ hasserfüllten Plänen verschrieben hatten. Deshalb gründeten die Ersten einen Orden mit der Bestimmung, Frieden, Ruhe und Gerechtigkeit herzustellen. Die Sheson sollten den anderen Völkern und Rassen Aeshau Vaals als weise Führer und Berater dienen. Doch die Horden des Einen stürmten gegen den Schatten der Hand, wo der Schleier zwischen dem Born und unserer Welt am schwächsten geworden war. Die Stilletreuen tobten in Bitterkeit und Chaos. Sie kannten ihren Platz in der Ordnung der Dinge nicht mehr, seit die Ersten sie aufgegeben hatten. Doch am heftigsten zürnten die Draethmorte.«
    Die Menge schnappte bei der Erwähnung der Draethmorte hörbar nach Luft. Braethen überlief ein unnatürlicher Schauer. Er hatte dieses Wort erst ein einziges Mal aus Ogeas Mund gehört.
    »Sie waren die Ersten, denen der Eine Atem einhauchte, zu einer Zeit vor seiner Verbannung, da die Götter noch Hoffnung für diese Welt hegten. Die Draethmorte kannten die Macht der Ersten genau, denn während jener Ära der Väter studierten sie zu Füßen des Rates, dem sie dienten. Sie hielten sich für auserwählt und dazu berufen, die Welt in ihre Bahn zu lenken und zu Ruhm und Pracht zu führen. Doch wie die Gabe ihres Schöpfers verdarben auch ihre Künste. Und als der Eine verbannt wurde, schickte der Rat sie ebenfalls in den Born, um sie mit ihrer Bitterkeit und ihrem Hass einzuschließen. Dort dienten sie dem Einen als Walter und schufen Ordnung unter seinen Anhängern. Ihre Armeen drangen schließlich durch den Schleier und über die Bahrenberge. Nachdem die Gestalter die Welt preisgegeben hatten, marschierten die Stilletreuen von der Hand aus nach Süden in die Länder der Menschen ein.«
    Der Vorleser auf dem Dach begann zu husten. Das Rasseln in seiner Brust klang feucht und roh wie nach reißendem Fleisch. Blut sickerte von seinen Lippen, und als er weitersprach, spritzte es in rötlich grauen Tröpfchen auf sein Hemd.
    »Das Land ist alt geworden seit der Zeit der Feigheit. Zeitalter sind vergangen, Jahrtausende inzwischen fast vergessen. Sie alle haben Namen, doch genügt es zu wissen, dass wir gelebt, überlebt, das Land bestellt haben. Bis zu der Ära, die jetzt für uns angebrochen ist. Der Orden der Sheson schwindet dahin. Manche Sheson verloren wir an die fleischliche Schwäche – der Preis, den die Berufung von ihrem eigenen Leben fordert, ist ihnen zu hoch. Viele mehr finden keinen Eingeweihten, der sie den Pfad lehren könnte. Und in diesem Zeitalter des Raunens gibt es obendrein Kräfte, die danach streben, alle Sheson hinzurichten.«
    Ogea blickte in den Himmel auf und schüttelte die Faust gegen das schwammige Licht unter den Wolken. Sein Protest drang als erstickter Schrei aus der schmalen Brust.
    Braethen wusste, wogegen der Vorleser protestierte, und er teilte Ogeas Abscheu. Die Liga der Edukation hatte in den meisten Reichen ihr Zivilisierungsgesetz erwirkt, dem zufolge Sheson für das Lenken

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