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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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Gelegenheit, uns zu unterhalten. Spart euch eure Kraft besser für euren Auftritt auf!«
    Die Tür wurde mit einem Knall zugeschlagen, der bis zu ihnen herab widerhallte, und segnete Sutter erneut mit Dunkelheit.
    »Ich heiße Niselius. Warum bist du hier?«, fragte der erste Mann Sutter flüsternd.
    »Ein Freund von mir hat einen Ligaten vor dem Galgen ge rettet. Ich nehme an, Heldentum genießt keinen Respekt mehr.« Sutter lächelte, aber davon schmerzte sein geschwollenes Gesicht, und er hörte auf damit.
    »Das Schicksal blüht uns vielleicht auch«, sagte eine Frau. »Einige von uns glauben, dass man an uns ein Exempel statuieren wird, um alle Mimentruppen von ihren Wagen zu verscheuchen. Ich bin Mapalliel. Schön, die Dunkelheit mit dir zu teilen.«
    Die Frau stieß ein sanftes Lachen aus – etwas, das Sutter in den Eingeweiden dieses Kerkers zu schätzen wusste.
    »Ich bin Sutter. Wenn es wirklich so gefährlich ist, warum tut ihr es dann?« Sutter dachte daran, wie Penit in Myrr einem Ligaten die Stirn geboten hatte.
    Mapalliel antwortete: »Ich habe keine große Wahl. Die haben die meisten Frauen nicht, wenn man es recht bedenkt. Wenn man keinen Mann und keine Mitgift hat, dann gibt es nur sehr wenige Dinge, für die jemand, der Geld hat, einen bezahlt.« Sie dachte einen Moment lang nach. »Und auf den Wagen gilt eine ganz eigene Ehre. Es trifft zwar vielleicht zu, dass manch ein Foliett doppeldeutig ist und dazu dient, den Leuten die Vergangenheit und die Lehren, die sie aus ihr ziehen können, näherzubringen. Aber eine Hinrichtung, nur weil man ein Spektakel aufgeführt hat? Die Regentin hat die Faust in ihrem Handschuh verloren, wenn es so weit gekommen ist.«
    »Steht dahinter nicht die Liga?« Sutter rutschte nach rechts hinüber. Seine Ketten scharrten über den Steinboden.
    »Ja«, sagte Niselius. »Aber ein Gesetz, das solch eine strenge Strafe festlegt, muss vom Hohen Rat verabschiedet worden sein. Die Regentin führt dort die Aufsicht, und etwas muss sehr im Argen sein, wenn sie nicht in der Lage ist, ein solches Gesetz abzulehnen.«
    »Vielleicht weiß sie nichts darüber«, schlug Sutter vor.
    »Vielleicht.« Das war eine neue Stimme, tief aus dem Dunkeln. Sie klang, als würde sie zwischen den geschwollenen Lippen eines Menschen hervordringen, dem heftig ins Gesicht geschlagen worden war. »Das ist dann also Zivilisation«, fügte der namenlose Mann hinzu. »Dass die Liga die Geschichten unterdrückt, von denen sie annimmt, dass sie ihre eigenen Freiheiten beschränken. Aber was ist mit der Freiheit, überhaupt eine Geschichte zu erzählen? Hier droht vielem der Untergang, nicht nur einigen von uns.«
    Sutter verstand das meiste von dem, was der Mann gesagt hatte, obwohl er mit aufgeplatzten Lippen sprach.
    Die Dunkelheit senkte sich erneut wie ein schweigendes Leichentuch über sie. Sutter wusste nicht, was er noch sagen sollte. Sie hatten selbst diese Wahl getroffen, und die alten Wunden brachen wieder in ihm auf und erschwerten es ihm, Mitleid für sie zu empfinden.
    Allerdings verstörte ihn irgendetwas an dem irren gemalten Grinsen auf den zerschlagenen Gesichtern dieser einfachen Spielleute und weckte ein klein wenig Mitgefühl in ihm.
    »Kommt, genug gegrübelt. Lasst uns unsere Begabungen einsetzen und sogar hier ein Foliett spielen – und zwar für uns selbst.« Niselius stand auf und streckte Mapalliel die Hand hin, um ihr auf die Beine zu helfen.
    Sutter sah zu, wie die beiden anderen Mimen sich aufrappelten. Sie stellten sich alle in eine Reihe.
    Niselius verneigte sich. »Was soll es sein, meine Freunde? Welche Geschichte wollt ihr von uns hören?«
    Sutter fiel nichts ein, aber das war auch nicht nötig. Aus dem Winkel hinter ihm sagte Thalen ruhig: »Die Letzte Ernte der Schnitter.«
    Die Truppe stand einige Augenblicke lang in stummer Ehrfurcht da. Dann begannen sie auf ein feierliches Nicken ihres Anführers hin. Sie erzählten eine erstaunliche Geschichte über Heldentum im äußersten Nordwesten, aus der Zeit, in der das Kummertal seinen Namen erhalten hatte, als Quietus sich mit schrecklicher Macht gegen eine kleine Armee aus Decalam und eine Schar Sheson gewandt hatte.
    Die Velle ließen Feuer und Wind auf die wenigen Überlebenden des Zweiten Eides herabregnen, und die vorrückende Front der Stilletreuen glich einer dunklen Welle, die binnen weniger Minuten über sie hinwegbranden würde. Als schon die völlige Niederlage drohte und die ausgebildeten, wohlgerüsteten

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