Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte
Soldaten aus Decalam so gut wie vernichtet waren, traf nach einem dreitägigen Gewaltmarsch ohne Schlaf die kleine Truppe aus Risill Ond ein.
Aber die Bauern, die mit Sensen an langen Stangen und vielen kurzen Sicheln bewaffnet waren, rasteten nicht. Sie marschierten an den Sheson vorbei, die genug Zeit und Deckung benötigten, um sich zu einem letzten Schöpfen aus Erde und Himmel die Hände zu reichen und dem Krieg ein Ende zu setzen. Sie marschierten mitten in die Gefahr hinein und bildeten eine mächtige Reihe von Männern, die kaum mehr hatten als das Vertrauen, das sie in ihre Sensen setzten.
Mit Muskeln, die lange, arbeitsreiche Sommer abgehärtet hatten, hielten sie die Stilletreuen in Schach und mähten den Feind wie eine stahlharte Welle nieder. Sie verschafften den Sheson die Zeit, die sie so dringend brauchten, und als die große Anrufung des Willens aufstieg, lag jeder einzelne Mann aus Risill Ond tot am Boden, die meisten noch mit ihrem Ackergerät in den Fäusten.
Man würde stets über sie sagen, dass sie ihre Erntewerkzeuge mit Kraft und Zutrauen geschwungen hatten, nachdem sie die Welt durchquert hatten, um mit ihrem Leben einen einzigen Augenblick zu erkaufen.
Als die Mimen zum Ende kamen, standen sie da und erwiesen der Geschichte ihren Respekt, die sie gerade in einer düsteren Kerkerzelle vor zwei Bauern aus abgelegenen Orten im Osten gespielt hatten.
Stiller Stolz erfüllte Sutters Brust, die Art, die einen anregte, selbst mit der Tapferkeit derjenigen, derer in der Erzählung gedacht wurde, kämpfen und sterben zu wollen. Und der Rübenbauer von Helligtal hörte ein Schniefen hinter sich, das ihn an ein selbstgesticktes Wappen auf einem alten Teppich und die Ehre denken ließ, einen Eid zu erfüllen, der schon vor Generationen geschworen worden war.
Dann durchzuckten wieder ein plötzlicher Lichteinfall und das Knallen der aufschwingenden Tür die Dunkelheit. Ihr Schließer eilte geschäftig herein, kettete wortlos zwei der Spielleute von der Wand los und trieb sie die Stufen hinauf zur Außentür. Unter den beiden war auch die Frau, die einen Großteil ihrer Zeit mit dem Kopf auf den Knien verbracht hatte.
Als sie mit nackten Füßen über den kalten Stein zu schlurfen begann, sah sie auf Niselius hinunter und sagte mit aller Ernsthaftigkeit aus tiefster Seele: »Sag meinen Kindern, dass ich sie liebe.« Tränen strömten ihr übers Gesicht, aus dem entsetzliche Ungewissheit sprach.
An der Tür warfen sie und der andere Mime noch einen Blick zurück zu ihren Freunden, und da erkannte Sutter ihre Gesichter. An der Tür fiel das Licht anders auf sie, und die Prellungen, das Blut und die grelle Farbe verblassten vor seinen Augen, um die wahren Gesichter darunter zu enthüllen.
Es waren die Gesichter aus seinem entsetzlichen Wachtraum.
Die Gesichter der Toten.
Sutter überkam eine Vorsehung von schrecklicher Gewissheit, genau wie ihm jetzt bewusst wurde, dass er den Geist der Frau, die in Ulayla verbrannt worden war, in der Nacht vor ihrer Hinrichtung am Fenster gesehen hatte.
Die Tür fiel zu und ließ sie in verstörtem Schweigen und Finsternis zurück.
Sutter weinte stumme Tränen, weil er wusste, dass die Frau ihre Kleinen nie wieder sehen würde.
Auch die Kinder würden ihre Mutter kein letztes Mal sehen. Und das rührte ebenfalls an seine alten Wunden, und Sutter weinte um jedes einzelne von ihnen.
16
Der Lesherlauf
W endra trat auf die Straße, die vor der Discantus-Kathedrale entlangführte. Shanbe ging rechts von ihr, Penit links. Der Junge drückte unwillkürlich ihre Finger, als er die festlichen Dekorationen der Stadt sah, die sich über Nacht geradezu verwandelt hatte. Sogar die Straßen im Krämerviertel feierten den Lesherlauf; Wimpel hingen in tiefen Bögen zwischen Läden, Fensterstürzen und Simsen, die mit behelfsmäßigen Girlanden aus Maisschalen und getrockneten Ranken geschmückt waren. Männer und Frauen hatten sich kleine Sträuße verschiedenster grüner Kräuter an die Rockaufschläge oder in die Brusttasche gesteckt, um zu zeigen, dass sie um das Rennen wussten und es unterstützten.
Penit lief voraus und zog Wendra mit. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass der Junge tatsächlich an dem Lauf teilnehmen würde, aber das verschaffte ihr einen guten Vorwand, die Grübeleien hinter sich zu lassen, die Belamaes Worte in ihr ausgelöst hatten, und sich in die Fröhlichkeit des Festtreibens zu stürzen.
Der Lehrer wollte, dass sie für mehrere Monate bei
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