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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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schien ihn zu beruhigen, und er drehte sich wieder zur Regentin um.
    »Dwayn ist viel schlauer als ich, Herrin, viel schlauer.« Er versuchte, seine Füße anzusehen, aber die Regentin ergriff sein Kinn und hob es wieder hoch.
    »Und was hat das damit zu tun, dass du absichtlich den Lesherlauf verloren hast?«
    Penit zuckte mit den Schultern. »Ich wollte gewinnen. Wendra und ich sind den ganzen Weg von Myrr hergekommen, und ich dachte, wenn ich gewinnen würde, könnte ich uns aus den Schwierigkeiten mit den Stilletreuen herausholen – und Vendanji und alle anderen.« Wendra sah die Regentin zusammenzucken, bevor sie Penit noch unverwandter musterte. »Aber als wir uns dann dem Band näherten, wurde mir ziemlich plötzlich etwas klar. Wer auch immer das Rennen gewinnt, darf wichtige Entscheidungen für die ganze Stadt fällen. Dwayn wird seine Sache dabei besser machen, als ich es könnte. Er weiß mehr; er durchschaut die Dinge besser als ich. Wenn die Kinder jemanden haben sollen, der für sie spricht, dann sollte es eher Dwayn sein als ich.«
    »Woher kennst du Dwayn, wenn du aus Myrr stammst? Man hat mir mitgeteilt, der neue Kindermund sei ein Einwohner von Decalam.«
    »Das weiß ich nicht.« Penit schüttelte den Kopf. »Wir sind uns in Galadell begegnet, dort, wo …«
    »Halt«, unterbrach ihn die Regentin.
    Wendra beobachtete, dass Dwayns Vater sich nach der Tür umzusehen begann, während sich Schweißperlen an seinen Schläfen bildeten.
    »Wir vertagen uns«, rief die Regentin. »Zur ersten Stunde tritt der Tisch wieder zusammen.« Der gebieterische Tonfall ihrer Stimme strafte ihr Alter Lügen, und die Leute, die eben noch am runden Tisch gesessen hatten, gingen stumm an ihnen vorbei und durch die einzige Tür des Saals.
    Der Anführer der Liga blieb kurz in ihrer Nähe stehen, um beide Jungen genau zu mustern. Dann kam der Sheson mit langsameren, weniger sicheren Schritten.
    »Bleibt bei mir, Artixan«, sagte die Regentin. »Ich könnte, glaube ich, Euren Rat gebrauchen.«
    »Wie Ihr befehlt«, antwortete Artixan.
    Als der Saal sich geleert hatte, bedeutete die Regentin ihnen, am Tisch Platz zu nehmen. Dann kehrte sie langsam zu ihrem eigenen Stuhl zurück, ließ ihren alten Körper auf den gepolsterten Sitz sinken und schöpfte Atem, bevor sie sprach.
    »Fahre jetzt fort, Penit, und achte darauf, die Wahrheit zu sagen. Mit Lügen gehen wir unnachsichtig um.« Die Regentin lehnte ihren Gehstock an eine der Armlehnen und richtete die scharfen Augen wieder auf den Jungen.
    »Wendra und ich sind von einem Wegelagerer nach Galadell gebracht worden. Erst hat er mich verschleppt, weil Wendra krank geworden war und ich losgezogen bin, um Hilfe zu suchen«, sprudelte die Geschichte aus Penit hervor. »Dann ist Wendra gekommen und hat mich gerettet, aber bevor sie gekommen ist, habe ich Dwayn getroffen. Er stand dort auch zum Verkauf. Sie haben uns viel rennen lassen und die schnelleren Kinder von den langsameren getrennt. Dwayn und ich wurden zusammengesperrt, und danach haben wir besseres Essen bekommen. Dwayn ist sehr schlau. Er kennt nicht so viele Geschichten wie ich, weil ich sie für die Theaterstücke auf den Wagen lernen musste. Aber er hatte einen richtigen Fluchtplan, und ich habe gesehen, wie er den jüngeren Kindern geholfen hat, wenn sie Angst hatten. Er hat sogar den Männern und Damen geholfen und ihnen beigebracht, wie sie mit den Händlern umgehen mussten. Ich bin bloß froh, dass er am Ende entkommen ist.« Penit sah zu Dwayns Vater hinüber.
    Die Regentin legte einen Finger an die Lippen, während sie zuhörte. Ihr scharfer Blick wandelte sich nicht, während sie über Penits Worte nachdachte. »Aber du musst doch wissen, dass der Lesherlauf seine eigene Wahl trifft. Es steht dir nicht zu, darüber zu entscheiden, wer den Sitz des Kindes einnimmt.« Helaina sprach mit würdevoller Ruhe, aber nicht ohne eine gewisse Strenge.
    »Ja, Herrin«, sagte Penit. »Aber vielleicht hat mich ja der Lesherlauf selbst stehen bleiben lassen. Das glaube ich zumindest.« Penit strich mit den Armen über die glänzende Tischplatte. »Das Rennen hat kein Gehirn, es kann nicht nachdenken. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass der Lesherlauf ein Rennen ist, bei dem alle Kinder mitlaufen und ihr Bestes geben, eines zu ermitteln, das an diesem Tisch sitzen darf. Ich bin vielleicht der Schnellste, Herrin, aber das Beste, was ich tun kann, ist sicherzustellen, dass Ihr den Klügsten bekommt, damit er Euch beim

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