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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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Tahns Gesicht zu lösen. Ihr Kopf schoss hoch, und sie setzte eine widerstrebende Miene auf. »Der hier ist nicht ganz. Er …«
    »Er ist schwach, Anais«, sagte der Sheson sanfter. »Danke. Ich kümmere mich um ihn.« Vendanji wies zur Tür.
    Die Frau schob die Hände in ihre Robe und huschte aus dem Zimmer. Die Blässe ihres Gesichts verstörte Tahn. Oder vielleicht auch die Art, wie ihre Lippen zitterten. Aber diese Wirkung hatte Vendanji nun einmal auf viele Leute.
    Als die Frau hinausging, führten zwei Wachen Sutter herein, der sich mit beiden Armen auf ihre Schultern stützte. Eines seiner Augen war zugeschwollen, und sein Kragen war mit getrocknetem Blut verkrustet. Er belastete seinen linken Fuß nicht.
    »Was ist dir zugestoßen?«, fragte Tahn.
    »Ich habe mich über mein Essen beschwert«, sagte Sutter, während die Wachen ihn auf ein zweites Bett hievten. »Wie ich sehe, bist du noch gut davongekommen.« Mit dem gesunden Auge blickte Sutter sich in dem geräumigen Zimmer um.
    »Ja, von Rübenbauern hält man hier einfach nicht viel«, erwiderte Tahn kichernd. Das Lachen drang ihm in einem quälenden Hustenanfall bis tief in die Brust.
    »Spart euch das Geplänkel für später auf«, tadelte Vendanji die beiden.
    Der Sheson trat an Tahns Seite, während die ersten drei Frauen zurückkehrten und Sutters Wunden zu versorgen begannen. »Du hast deinen Wandel hinter dir«, sagte Vendanji. Es war keine Frage.
    »Heute Morgen«, erwiderte Tahn. »Ich habe den Tageswechsel wahrgenommen.«
    »Rolen war dein Beisteher.« Wieder sprach der Sheson voller Gewissheit.
    »Ja, auch wenn ich mir nicht sicher bin, warum wir so viel Aufhebens um diesen Tag machen. Ich glaube, es wäre mir vielleicht sogar lieber, mein Leben weiterhin als Melura zu verbringen …«
    Tahn hatte den Eindruck, dass Vendanjis Lippen sich ganz leicht zu einem ehrlichen Grinsen verzogen. Der Sheson holte sein schmales Holzkästchen aus seinem Umhang hervor und entnahm ihm ein Zweiglein. Statt es Tahn in die Hand zu geben, legte Vendanji es ihm unter die Zunge. Das Stückchen Grün löste sich rasch auf und hinterließ einen Hauch von etwas, das fast, aber nicht ganz nach Pfefferminze schmeckte. Beinahe sofort spürte Tahn, wie sich seine verkrampften Muskeln zu entspannen begannen.
    Der Sheson trat an Sutters Seite und legte ihm eine Hand aufs Auge. Dann gab Vendanji auch Sutter ein Zweiglein, wie zuvor Tahn, und tauschte einen langen Blick mit dem Rübenbauern, während die drei Frauen letzte Hand an die Verbände legten und dann stumm hinausgingen. Tahn hatte den Eindruck, dass der Sheson an Sutters Augen vorbeisah. Unwillkürlich huschte vor seinem inneren Auge das Bild vorüber, wie sein Freund nackt unter dem Bett eines Ligaten gekauert hatte. Kann Vendanji solche Dinge sehen?
    »Auch du hast deinen Wandel hinter dir«, sagte Vendanji, der Sutter noch immer musterte.
    Der Rübenbauer nickte.
    »Lass uns deine Geschichte hören«, drängte Tahn. »Ich muss einfach wissen, was für Gesindel den Beisteher für dich gemacht hat!«
    Sutter lachte ohne Heiterkeit. Dann sah er den Sheson an. »Die Liga hat einen Sitzinhaber unter falschen Vorwürfen festgenommen, Vendanji. Sie plant, den Sitz von Risill Ond an seiner Stelle einzunehmen.«
    »Die Schnitter«, sagte Vendanji leise.
    »Ich befürchte für ihn Schlimmeres als bloße Kerkerhaft. Gibt es irgendetwas, das du unternehmen kannst?« Sutters Worte klangen nun ängstlicher.
    »Sei beruhigt, Sutter. Ich werde mit der Regentin darüber sprechen.« Vendanji legte Sutter tröstend die Hand auf die Brust. »Jetzt ruht euch aus, alle beide.«
    Als die Erhabenen Frauen gingen, kam Wendra ins Zimmer gestürmt und eilte an Tahns Seite. »Dem Himmel und Allwillen sei Dank!« Sie umarmte ihn so fest, wie sie es wagte, und küsste ihn auf die Wange. »In was für einen Schlamassel hast du dich da nur hineingeritten?« Ihr Mund verzog sich zu einem Lächeln und strafte ihren Tadel Lügen. »Was ist geschehen?«
    Tahn sah Vendanji an. »Später«, sagte er und hob die Hand, um sanft ihre zu ergreifen. »Ich bin jetzt etwas müde.«
    »Natürlich. Es tut mir leid.« Sie küsste ihn erneut und drehte sich um, als Penit erschien und sich neben sie stellte. »Wir sind alle unversehrt«, fügte sie hinzu und legte Penit einen Arm um die Schultern.
    Tahn bemerkte, wie Wendra den Jungen ansah. Auf den ersten Blick erinnerte es ihn an die Mutterschaft, die sie verloren hatte, aber auch noch an etwas anderes. Etwas

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