Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte
wir keine Nachricht erhalten.« Vendanji hob die Hand mit nach oben gerichteter Handfläche und drehte sie dann um. »Viele sind genauso wenig bereit, dorthin zu reisen, wie in den Born selbst.« Vendanji senkte die Hand. »Nordwacht ist vermutlich gefallen. Ich bezweifle, dass wir von dort eine Warnung oder Gegenwehr zu erwarten haben.«
Die Regentin blinzelte und stützte sich schwer auf ihren Stock. »Wir müssen in Erfahrung bringen, ob die Hand sich schon ganz geöffnet hat«, sagte sie. Sie senkte die Stimme und schien mit sich selbst zu sprechen: »Und wir sind untereinander zerstritten.«
»Der Weiße stemmt sich gegen die alten Fesseln«, sagte Vendanji, »in der Hoffnung, ein Ende der Schöpfung einzuläuten und uns zu dem Tag zu führen, an dem die Luft selbst so unverrückbar ist wie schwerer Erdboden … Delighast.« Hier warf Mira Vendanji einen wachsamen Blick zu. »Seine Dunkelheit breitet sich Seele um Seele aus. Manchen wird das Leben geraubt, andere geben sich gegen leere Versprechungen freiwillig dem Einen hin. Beiden wird abgezapft, was er an Forda I’Forsa zu seinen Zwecken benötigt. Und diejenigen, die ihm schon immer gefolgt sind, die Völker, die hinter den Schleier verbannt sind, werden kommen. Sie haben lange Zeit im Born verbracht. Ihr Hass und ihr Neid sind grenzenlos.«
Tahn erinnerte sich plötzlich an die seltsamen Worte, die er von dem Bar’dyn gehört hatte, als Sutter und er vor den schwarzen Winden an der Nordwand geflohen waren: Ihr flieht nur Lügen … Eure Lügen und die eurer Väter zeigen wir euch dann. Er wollte den Sheson fragen, was das zu bedeuten hatte, aber er fühlte sich schwach und rang noch immer mit dem Gefühl, dass die Erneuerung etwas mit ihm zu tun hatte und jetzt sogar noch mehr Geheimnisse vor ihm verbarg.
»Und um dagegen vorzugehen, bringt Ihr ein Kind zur Erneuerung«, sagte die Regentin. Ein Hauch von Verwirrung lag in ihren Worten.
»Gerade aufgrund seiner Jugend, Herrin. Aber er ist kein Kind mehr«, antwortete Vendanji. »Er hat seinen Wandel vollzogen. Wir eilen nun gegen die Zeit zum Fels der Erneuerung.«
»Und was ist mit den anderen?« Die Regentin hob ihren Stock und schwenkte ihn durch den Raum. »Was rechtfertigt, dass sie das Risiko eingehen?«
Vendanji wandte den Kopf ein wenig zur Seite und zog die Augenbrauen hoch. »Ihre Entscheidung«, sagte er schließlich, als könnte er sich des Gedankens nicht erwehren, dass die Regentin die Antwort kannte. Sein Gesicht entspannte sich wieder. »Und mehr als das, Herrin, aber alles Übrige spielt keine Rolle.«
Die Antwort schien ihr zu genügen, aber sie wirkte nicht erfreut. Tahn fand, dass die gebieterischen Augen dieser ältlichen Frau immer noch wie Zähne und Klauen blitzten.
Die Regentin wandte sich um und warf einen kurzen Blick auf Artixan, der den Kopf zu einem halben Nicken neigte. Irgendwie beruhigte sie das. Als sie sich wieder umdrehte, lag ein entschlossener Ausdruck auf ihrem Gesicht. »Nun gut, Sheson. Wie können wir Euch behilflich sein?«
»Es muss sofort eine Gesandtschaft zur Bibliothek von Kumram geschickt werden. Stilletreue werden sie aufsuchen, um sie in ihren Besitz zu bringen oder zu zerstören. Sogar ihnen ist bekannt, dass es sich dabei um den größten Wissensschatz handelt, den wir über die Sprache des Bundes besitzen. Es wird eines ihrer wichtigsten Ziele werden, sich eine Zunge zu verschaffen, die in der Verlorenen Sprache geübt ist, da ihrem Gebrauch die Macht innewohnt, zu erzeugen und zu zerstören. Schickt General Van Stewards beste hundert Mann. Gepanzerte Wagen. Und bringt die ganze Bibliothek hierher, wo sie behütet werden kann.«
Tahn besann sich plötzlich auf seinen Mantel. Rasch schob er die Hände hinein und seufzte erleichtert, als er die Stäbe ertastete, die darin noch immer verborgen waren. Er hatte keine Gelegenheit gehabt, Dolun’pel ausfindig zu machen, und beschloss, dass er dem Sheson den Inhalt der Pergamente würde anvertrauen müssen, die in seinem Mantel verborgen waren. Er zog sie hervor und hielt sie hoch. »Sutter und ich waren gezwungen, hinter Squim die Straße zu verlassen. Wir sind nach Osten zum Fluss gereist und dann nach Norden, wo wir Feuer rochen.«
Vendanji nahm Tahn die Stäbe aus den zitternden Fingern. Der Sheson schien das Ende der Erzählung aus ihrem Anfang zu erraten.
Tahn erzählte von Edholm dem Schreiber und dem geschmolzenen Fels der Bibliothek von Kumram. Er erklärte, wie sie hineingegangen waren,
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