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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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Boden der Straße.
    Der Sheson sah wieder zu Garlen empor. Der Federkiel des Autors hüpfte noch immer über die Seite, ohne dass er sich von dem Kampf vor seiner Tür hätte stören lassen. Das Gefecht schien nun näher an der Veranda zu toben. Mehrfach prallte von draußen etwas gegen die Wand. Die Glasscheiben erzitterten in ihren Rahmen, und die Wandbehänge machten einen Satz, wenn sie durch die Wucht eines Schlags kurzfristig aus dem Gleichgewicht gebracht wurden. Ein schriller Schrei ertönte – er zeugte von einer tödlichen Wunde. Das Grollen des Pöbels, misstönendes Kreischen und das Brüllen blinder Angriffslust rückten auf sie zu. Immer noch schrieb Garlen; immer noch beobachtete Vendanji ihn beim Schreiben. Keiner von beiden ließ sich aus der Ruhe bringen.
    Jemand kam an die Tür und grölte eine Todesdrohung, doch die Worte erstarben noch in seiner Kehle zu einem Röcheln, da Miras Klinge der Verwünschung ein Ende setzte. Ein dumpfer Aufprall folgte, als der Mann quer vor der Tür niederstürzte.
    Tahn schaute auf und sah einen manischen Ausdruck in Garlens Augen. Die Lippen des Autors bewegten sich über seinen gelblichen Zähnen. Die Haare auf dem Kopf und in den Ohren schienen ihm allesamt zu Berge zu stehen. Es war, als hätte er Schüttelfrost, und doch hörte er nicht auf zu schreiben. Seine Feder arbeitete nun mit solcher Geschwindigkeit, dass es klang, als würde sie einen einzigen langen Strich ziehen. Die einzelnen Buchstaben und Wörter waren nicht mehr vom großen Ganzen zu unterscheiden.
    »Hier!«
    Garlen ließ die Feder ins Tintenfass fallen und bestäubte das Pergament mit Sand, um die Tinte zu löschen. Dann rollte er das Blatt mit Stummelfingern zusammen, verschnürte es mit einer Kordel aus Rosshaar und warf es dem Sheson zu.
    Vendanji fing die Schriftrolle mit geschickter Hand auf und schob sie mit derselben Bewegung in die Falten seines Umhangs.
    Die Laterne über Garlens Kopf schwankte leicht. Der Autor beugte sich über das Pult, das ihm zum Schreiben diente. »Vergiss nie, dass du diese Erzählung von mir verlangt hast, Vendanji. Ich bin froh, dass ich die Namen deiner Begleiter nicht kenne.«
    Vendanji zog einen kleinen Beutel aus dem Umhang und legte ihn auf einen nahen Tisch. »Für viele künftige Himmel, mein Freund. Pass gut auf dich auf. Ich bedaure, was heute Abend deine Straße heimsucht.« Damit wirbelte Vendanji herum und schritt zur Tür. Die anderen folgten ihm. Braethen blieb noch einen Moment stehen, um Garlens seltsamen Gesichtsausdruck auf sich wirken zu lassen. Es war, als wäre er gerade von einem entfernten Ort zurückgekehrt und nun erleichtert, wieder in dieser Welt zu sein. Der Autor wandte sich ihm zu. Garlen sagte nichts, aber er lächelte Braethen noch einmal dankbar an und nickte.
    Dann eilte der Sodale zur Tür. Er stieg über den Leichnam auf der Schwelle hinweg auf die Veranda. Acht Männer, die in die Farben der Liga gekleidet waren, standen vor Mira und Grant. Die beiden hatten sie erfolgreich in Schach gehalten.
    Vendanji rannte in die Straßenmitte und schob sich den Umhang hinter die Schultern zurück. Eine Faust in die rechte Hüfte gestemmt, reckte er die freie Hand mit gespreizten Fingern gen Himmel.
    Wind kam auf.
    Vendanji senkte den Arm in Richtung der Männer. Ein schwacher gelber Schimmer umhüllte sie, und im selben Augenblick fuhr der Wind in heftigen Böen herab. Kleine Holzstücke von Häusern weiter vorn in der Straße rissen sich von ihren Nägeln los, Steine und weggeworfene Eisenteile wirbelten vom Boden hoch. Glasscheiben barsten; Fensterläden, Fässer und andere Gegenstände gingen in Stücke, sausten durch die Luft und wirbelten um die Männer herum. Ein Hagel aus Abfall fuhr wie ein Insektenschwarm auf sie nieder. Ein paar flüchteten, andere stürzten unter dem Aufprall zu Boden. Ihre Körper wanden sich unter hunderten von scharfen Spitzen und der stumpfen Gewalt von Stein und Metall.
    Binnen eines Augenblicks schwangen sich Braethen und seine Gefährten auf ihre Pferde und flohen, während der Wind an ihnen vorbeiheulte, an ihren Mänteln zerrte und ihnen Staub in die Augen trieb.

23
    Abschied vom Frieden
    W eitere Rufe folgten ihnen. Leute, die sie entdeckten, als sie durch die Straßen preschten, gaben Alarm, zeigten anklagend mit dem Finger auf sie und spornten ihre Reittiere zu größerer Schnelligkeit an. Schatten huschten verschwommen an ihnen vorbei, graue Schlieren im hellen Mondlicht. Wendra hatte den

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