Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte
Tüchtigkeit. Aber die Worte schwollen an und ab, Wellen heftigen Lärms, die sich dem Hintergrundrauschen des Bluts beigesellten, das in Wendras Ohren toste.
Sie drehte sich um und hielt nach ihren Verfolgern Ausschau. Der Pöbel füllte nun die ganze Straße aus, eine Wand aus Männern und Pferdeleibern. Der Widerschein des Feuers auf stumpfem Metall blinkte ihr entgegen, und ihr wurde bewusst, dass Sutter und sie jetzt die Nachhut bildeten. Wenn die drei Reiter sie lange genug aufhielten, würde der Schwarm sie als Erste erreichen, und Sutter und sie würden untergehen wie gekenterte Boote auf stürmischer See.
Vor ihnen hob der Mann mit der dunklen Kapuze seinen schwarzen Streitkolben und begann ihn in schwindelerregendem Tempo zu schwingen, so dass er mithilfe seiner Waffe eine wirbelnde Sperre bildete. In der Luft begann ein unheilverkündendes, schmerzliches Stöhnen anzuschwellen, wie das Todesröcheln einer ganzen Generation – das hier war kein gewöhnlicher Krieger. Der Klang verschlug Wendra den Atem, und sie begann, nach Luft zu ringen. Sie griff sich an die Kehle und warf einen Blick zu Sutter hinüber, der das Gleiche tat.
Ein Kreischen durchschnitt die Luft, und Wendra wandte sich dem Geräusch gerade noch rechtzeitig zu, um zu sehen, wie Mira ihren eigenen Schwung ausnutzte, um sich aus dem Sattel auf den Mann in der schwarzen Lederrüstung zuzuschwingen. Einen ganzen Augenblick lang schien sie in der Luft zu hängen und auf den wirbelnden Streitkolben zuzusegeln. Dann schoss ihr Arm vor und fing die Waffe ab, hielt sie im selben Moment auf, als ihre zweite Klinge auf das verhüllte Gesicht zufuhr. Der Reiter lehnte sich zurück, um dem Schlag zu entgehen, und rollte sich von seinem Pferd ab auf den Boden, wobei er die Waffe weiter fest umklammert hielt.
Grant trieb sein Pferd in einen Zusammenstoß mit dem Reiter zur Rechten, der einen schwachen Versuch machte, Grant das Schwert in die Brust zu rammen. Der Mann aus dem Mal krallte die Faust in die Haare des anderen und hebelte ihn aus dem Sattel. Ein misstönendes Knirschen gestückelter Rüstungsteile, begleitet vom Knacken eines Knochens, und der Mann kroch eilig auf den Knien davon und schleppte einen Arm nutzlos hinter sich her.
Zur Linken reckte Braethen seine Klinge hoch, die in der Nacht strahlend weiß zu leuchten begann. Er schlug einen Weg ein, der ihn seitlich an dem Reiter vorbeiführen würde, und hielt sein Schwert zum Hieb erhoben. Als der Sodale sich seinem Gegner näherte, erspähte Wendra eine schattenhafte Bewegung ein gutes Stück links von ihm. An der Ecke des letzten Gebäudes kauerten zwei Männer, zielten mit Armbrüsten auf ihn und hielten die gesenkten Köpfe so still, wie es, wie Wendra wusste, nur unmittelbar vor dem Schuss geschah.
Tahn zog seinen Bogen vom Rücken, legte einen Pfeil an die Sehne und schoss ihn auf den ersten Mann ab.
Der Pfeil traf die Ecke des Steingebäudes und schlug in den Schatten Funken, aber er reichte aus, um die Konzentration des Armbrustschützen zu durchbrechen. Der Bolzen segelte zu hoch in die Luft und verschwand in der Schwärze jenseits der Straße. Ein boshafter Blick richtete sich auf Tahn – der des Mannes, der noch nicht geschossen hatte. Er schwenkte die Armbrust in Tahns Richtung, so dass die Bolzenspitze auf ihn zielte.
Im vollen Galopp war Tahn nicht in der Lage, so schnell einen zweiten Pfeil anzulegen, wie er es zu Fuß gekonnt hätte. Er würde zu spät kommen. Sutter konnte nicht helfen. Wendra sah den Mann an und brach in zornigen Gesang aus. Der Klang erfüllte das Ende der Straße vor der großen Fassade der Discantus-Kathedrale, und die Kraft des Schalls prallte auf den Armbrustschützen wie die Wucht eines großen Hammers. Binnen eines Augenblicks brach er reglos auf seiner Waffe zusammen. Das Echo von Wendras kurzem Lied mischte sich ins Lärmen des Pöbels.
Ein Schrei durchbrach den Klang ihres ersterbenden Liedes.
Wendra wandte sich in Richtung des schmerzerfüllten Lauts und sah den Reiter zur Linken ein gezacktes Schwert aus Braethens Bein ziehen. Sie wusste, was geschehen war. Ihre harsche Melodie hatte auch Braethen getroffen und ihn verunsichert. Der Sodale hatte versucht, seine strahlende Klinge in Richtung des Angreifers zu schwingen, aber sein Hieb war aus dem Gleichgewicht geraten und deshalb schwach und harmlos geblieben. Es war Braethen gelungen, sein Schwert in der Hand zu behalten, aber nun war er dem Angriff wehrlos ausgesetzt. Der Reiter
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