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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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den Augen des Bar’dyn auf. »Wir tun das hier nicht freiwillig, Quilleszent. Hüte dich, nicht selbst der Vernichtung anheimzufallen, wenn du es auf unsere abgesehen hast!« Er sprach mit einer begütigenden Intelligenz, die Tahn überrumpelte.
    Im nächsten Augenblick wurde es im Lager ruhig. Still.
    Die Trommeln verstummten.
    Alles Licht verblasste; das Feuer flackerte. Tahns eigene Wachheit schien nachzulassen. Eine Erscheinung im weißen Umhang schwebte zwischen den beiden Stilletreuen, die Tahn von den anderen getrennt hielten, in der Luft. Sogar die Sterne funkelten nur noch gedämpft, und ihr unwandelbares Licht fiel dem Schatten zum Opfer, der die Gestalt umgab. Eisige Furcht lähmte Tahn, und er ließ den Bogen fallen. Eine schlanke Hand erhob sich von weiten Ärmeln umhüllt. Sie deutete auf Tahn. Tahn wandte den Blick ab. Er hatte das Gefühl, das Raunen einer ganzen Generation binnen eines Augenblicks in seine Ohren strömen zu hören. Seine Beine wurden schlagartig so vollkommen schwach, dass er mit dem Gesicht voran zu Boden stürzte.
    Aber beinahe sofort zerfetzte eine Flammenexplosion die Erscheinung, und Vendanji stand vor ihm, die Arme nach Tahn ausgestreckt. Der Sheson schwang die Hände zum Himmel empor, und eine Erdwelle verschlang die letzten beiden Bar’dyn. Die Kreaturen fielen hin und wurden unter dem Mahlen von Felsen und verkrümmten Wurzeln in den Boden gezogen. Sie kreischten in den Soliel hinein und riefen wild mit kehligen Stimmen, während sie hinabgezogen wurden und ihre Münder sich mit Schmutz und Sand füllten, der absichtlich hineinzufließen schien, um ihre Schreie zu ersticken.
    Aber in der plötzlichen Stille, bevor ihre Münder ihnen nichts mehr nützten, sah einer der Bar’dyn mit ausdruckslosen, forschenden Augen zu Tahn auf. »Du verstehst es immer noch nicht, oder?«, fragte der Bar’dyn und wandte kurz den Blick zum Boden, von dem seine toten Kameraden verschlungen worden waren. »Du kannst keinen Krieg gegen einen Feind gewinnen, der nichts zu verlieren hat.«
    Dann war sein Mund voll, und das Leben schwand aus seinen Augen.
    Vendanji eilte an Wendras Seite. Der Sheson zog sein Holzkästchen aus dem Innenfutter seines Umhangs. Er nahm ein einzelnes Zweiglein daraus hervor, öffnete Wendras Mund und schob es ihr unter die Zunge. Dann ergriff er ihre Hand und legte sie sich mit gespreizten Fingern auf die Brust, während er die eigenen Fingerspitzen an Wendras Hals ruhen ließ. Ein kehliges Summen stieg von den Lippen des Sheson auf. Penit saß in der Nähe und beobachtete Vendanji ebenso gebannt wie besorgt. Während Vendanji arbeitete, waren die anderen still, sahen zu und hofften.
    Ein paar Augenblicke später zuckte Wendra krampfartig zusammen und tat dann einen langen, zitternden Atemzug. Ihre Augen flogen auf und hielten sofort nach Penit Ausschau. Als sie ihn sah, kam sie unter Vendanjis Händen zur Ruhe und begann, normal zu atmen.
    Danach kümmerte sich der Sheson schnell um Braethen und Sutter, deren Wunden nicht schwer waren. Sutter hinkte ins Lager zurück, das Schwert locker in den Händen. Seine Achseln und sein Hals waren schweißüberströmt. Zwischen keuchenden Atemzügen murmelte er: »Habe … ihnen … Angst … gemacht.«
    Tahn zitterte noch immer von seiner Begegnung mit der Erscheinung, kroch ins Lager zurück und fragte Vendanji das, was sicher alle dachten: »Wo warst du?« Sein Gesicht fühlte sich wund und schmutzig an, aber er machte sich nicht die Mühe, den Dreck wegzuwischen. Er starrte durchs Feuer den Sheson an. »Wir hätten dich in diesem Kampf gebrauchen können. Meine Schwester wäre beinahe gestorben.« Tahn begann zu husten.
    Vendanjis Gesicht blieb gleichmütig, als er Tahn ansah. »Ich musste herausfinden, was sie wissen, Tahn. Ich muss ihre Absichten verstehen. Also habe ich Euch dieser Bedrohung ausgesetzt. Ich war die ganze Zeit über in der Nähe. Aber hier war es ungefährlicher, als es in den Saeculoren sein wird.« Der Sheson blickte ins Dunkel hinaus. »Sie sind hergekommen, um uns auf die Probe zu stellen. Es war nur ein Trupp von Spähern.« Dann ließ Vendanji sich auf den Boden fallen. Der Aufwand an persönlicher Forsa holte ihn ein; sein Gesicht wirkte verhärmt und bleich. Im Feuerschein glänzten winzige Schweißperlen auf seiner Stirn. »Sie haben die Hügel vor uns erreicht. Sie wissen, dass wir nur einen einzigen Grund haben können, nach Norden zu reisen.« Er schüttelte den Kopf. »Es spielt keine Rolle.

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