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Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte

Titel: Das Gewölbe des Himmels 2: Der Unrechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Orullian
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Reisenden schweifen. Sie saßen alle unsicher im Sattel, da sie gegen die Schmerzen ankämpfen mussten, die ihre Wunden ihnen bereiteten. Wendra suchte die Bäume ab, als würde sie glauben, dass sie vielleicht den kleinen Penit erspähen könnte, und bedachte Tahn von Zeit zu Zeit mit einem vernichtenden Blick. Vendanji saß vornübergebeugt auf dem Pferd und wirkte verhärmter denn je. Er hatte lange reglos im Schnee gelegen. Braethen hatte getan, was er nur konnte, um ihm zu helfen. Mira war weiterhin entschlossen und wachsam, blickte aber drein wie eine Frau, die über eine unbrauchbar gewordene Brücke zurückstarrte. Grants sonnenverbranntes Gesicht war vor Bedauern und Unmut verzogen; vielleicht, wie Braethen vermutete, weil er ein Pferd hatte töten müssen, aber vielleicht auch, weil sie den Jungen, Penit, verloren hatten.
    Sie wandten sich wieder einem schmalen Pass zu, der nach Nordosten führte, und kämpften sich weiter Richtung Tillinghast vor. Braethen machte sich bewusst, was für ein Preis seinen Gefährten abverlangt wurde, und dachte darüber nach, welchen Preis er wohl selbst würde zahlen müssen.
    Als sie höher in die Saeculoren hinaufkamen, strengte ihn das Atmen immer mehr an. Er konnte sich die Lunge nicht mehr ganz füllen, stellte jedoch fest, dass er seine Panik ein wenig lindern konnte, wenn er langsam atmete. Aber ganz gleich, was er tat, die Furcht blieb bestehen und wuchs, nicht nur angesichts dessen, was gerade geschehen war, sondern allein schon aus dem Wissen heraus, dass sie sich dem Tillinghast näherten.
    Es war ein Ort, der in den Geschichten der Autoren Erwähnung fand, aber eigentliche historische Aufzeichnungen darüber waren nicht aufzutreiben. Es war kein Ort, den Menschen aufsuchen sollten. Die hohen Gipfel der Saeculoren, die Pässe, die sie zum Fels der Erneuerung führten, hätten ein Mythos sein können – nur dass Braethen alles ringsum anstarren konnte. Die schlichte Schönheit des dunklen Berggesteins beeindruckte ihn. Klippen ragten mehrere hundert Fuß hoch auf, als wollten sie jedem den Zugang verwehren. Kleine Wolken schwebten in der Nähe und wurden in die wirbelnden Aufwinde gesogen, die sie zu Fetzen zerrissen, die sich bald in nichts auflösten. Der Schweiß an den Flanken ihrer Pferde hatte zu gefrieren begonnen. Als sie dann die Bäume hinter sich ließen und dem Wind ausgesetzt waren, bildeten sich Eiskristalle in den Mähnen.
    Am späten Nachmittag enthüllte der Himmel ihnen tiefere Einsichten. Als er aufschaute, konnte Braethen trotz des Tageslichts schwach die Sterne dahinter sehen. Bisweilen wirkte alles blau, dann wieder sorgte ein besonderer Lichteinfall dafür, dass ihm der Himmel dunkelviolett erschien, und er glaubte, einen Blick auf das Gewölbe des Himmels selbst zu erhaschen.
    Als sie in den Schatten und Schutz einer hoch aufragenden Klippe gelangten, forderte die Fern sie auf, Rast zu machen.
    »Die Pferde sterben, wenn wir sie noch weiter antreiben. Wir lassen sie hier und legen den Rest des Weges zu Fuß zurück. Nehmt euch einen Moment Zeit, Atem zu schöpfen und genug zu trinken, bevor wir weitergehen.« Dann setzte sie sich mit dem Rücken zur Klippe hin und begann, ihre Klingen mit dem ölgetränkten Tuch zu bearbeiten.
    Wendra ließ sich ebenfalls nieder und sah den Weg zurück, den sie gekommen waren. Braethen beobachtete zweimal, wie Tahn Anstalten machte, zu Wendra zu gehen, um mit ihr zu sprechen, und beide Male zu seinem Pferd zurückkehrte, ohne es getan zu haben. Vendanji und Grant berieten sich erst und stritten dann miteinander. Ihre erhobenen Stimmen tönten die Klippe hinauf und verloren sich im Heulen des Windes um die scharfen Felsvorsprünge. Es kümmerte Braethen nicht länger, was sie zu sagen hatten.
    Er entlastete seinen verletzten Arm, beugte sich tief über sein Buch und fuhr mit einem Finger der gesunden Hand unter jeder Zeile entlang, die er las. Am Ende setzte Tahn sich neben ihn.
    »Wir sind ganz schön weit weg von Helligtal«, begann er.
    Braethen unterbrach seine Lektüre kurz, las dann aber weiter. Tahn war schon nahe genug an ihn herangerückt, um mitzulesen, als Braethen wieder innehielt.
    Er starrte auf die Seite vor sich und hing seinen Erinnerungen nach. »Ich habe früher immer auf der Veranda gesessen und auf den Regen gewartet. Mein Vater hat mich gelehrt, dass eine Geschichte aus jedem Tropfen geboren werden könnte, der auf die Erde fällt, und dass der Chor ihres Auftreffens auf den Dächern

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