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Das Gift der alten Heimat

Das Gift der alten Heimat

Titel: Das Gift der alten Heimat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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doch?«
    »Wieso überhaupt Chicago?« ließ sich Huldrich vernehmen, ehe Evy eine Antwort fand. »Soll das mein Domizil werden?«
    »Du weißt doch, daß ich aus dieser Stadt komme«, sagte Onkel Johann.
    »Und was hättest du da mit mir vor?« Huldrichs Ton wurde wieder abfällig. »Hast du mit den Schlachthöfen zu tun?«
    »Nein«, antwortete Onkel Johann beherrscht. »Weder mit den Schlachthöfen noch mit den Gangstern.«
    Warte nur, dachte er dabei grimmig, wart nur, bis ich dich drüben am Wickel habe, dann werde ich dir die Flötentöne beibringen!
    »Mit was dann?« fragte der Baron.
    »Mit Uhren«, erwiderte Johann und wurde, als ihn sowohl Huldrich als auch Evy fragend anblickten, deutlicher, indem er hinzusetzte: »Vielleicht hat dir deine Mutter mal erzählt, daß ich das Uhrmacherhandwerk erlernte –«
    »Nein«, sagte Huldrich.
    »In Amerika war das für mich nach harten Anfangsjahren der Grundstock zu einem wachsenden Handel mit Uhren, der mehr einbrachte als die Reparatur derselben. Das kannst du dir ja denken. In meinen Geschäften werden Uhren nur noch verkauft –«
    Das war ein Thema für Evy. Sie unterbrach: »In wie vielen Geschäften?«
    Miller zuckte die Achseln.
    »Genau kann ich das nicht sagen. Es kommen jeden Monat ein paar neue hinzu; ein paar alte, die sich nicht rentieren, fallen weg.«
    »Wie viele haben Sie ungefähr?« bohrte Evy.
    »Hunderte.«
    »Huldrich!« rief Evy. »Hast du das gehört?«
    »Ich frage mich trotzdem«, antwortete der Baron ironisch, »welcher Zusammenhang sich daraus für mich ergibt. Erwartet man von meiner Mitwirkung eine Steigerung auf Tausende?«
    »So mußt du daherreden!« fing Evy empört an, ihm den Kopf zu waschen. »Bist du eigentlich von allen guten Geistern verlassen? Offenbar ja! Dein großartiger Onkel, dem du mit deiner lächerlichen Arroganz nicht das Wasser reichen kannst und niemals wirst reichen können, ist bereit, dich vor dem Abgrund, der zu deinen Füßen gähnt, zu retten – und was machst du? Du spuckst ihm auf die Hand, die dich aus dem Dreck ziehen will! Was glaubst du denn eigentlich? Ich bin hergekommen, um dir zu sagen, daß er auch mich dazu breitgeschlagen hat, dir zu helfen, aber dein Vertrauen ist so skandalös, so blöd, muß ich sagen, daß ich hiermit meine Bereitschaft dazu widerrufe, hörst du! Und dein Onkel wird, schätze ich, das gleiche tun!«
    Zerschmettert saß Huldrich da. Mehrmals hatte er die Farbe gewechselt. Eine solche Standpauke war ihm – einem Baron v. Chowelitz – noch nie gehalten worden, und es wäre ihm auch nie möglich erschienen, daß jemals ein Mensch wagen würde, ihm eine solche Standpauke zu halten. Aber Evy v. Eibenhain war kein gewöhnlicher Mensch für Huldrich v. Chowelitz. Das hatte nichts mit ihrem Blut zu tun, das ebenfalls blau war wie das seine, sondern mit den Gefühlen, die in ihm für sie lebten.
    »Aber Evy«, sagte er kleinlaut, »ich verstehe doch überhaupt nichts von Uhren …«
    Das hörte sich schon anders an.
    »Dann lernst du's!« sagte Evy energisch.
    »Aber wozu? Ich bin Landwirt.«
    Evy schonte ihn nicht.
    »Was du für ein Landwirst bist, haben wir gesehen!«
    »Trotzdem will mir Onkel Johann das Gut eines Tages zurückgeben – wenn ich ihn nicht falsch verstanden habe?«
    »Nein, das hast du nicht«, mischte Miller sich ein. »Aber Evy hat recht, wenn sie dir den Umweg zeigt, den du machen mußt. Ob über Uhren oder in einer anderen Branche, ist mir egal. Ich habe viele Möglichkeiten.«
    »Entscheidend ist«, fiel Evy schon wieder ein, »daß dein Onkel aus dir einen Mann machen will, der es wert ist, daß ihn die Sonne bescheint. So hat er gesagt!«
    Huldrich v. Chowelitz schluckte. Das waren harte Brocken, die er da hinunterzuwürgen hatte. Aber sein Widerstandsgeist, sein Wille, aufzubegehren, war gebrochen. Nicht John Miller hatte das fertiggebracht, sondern die äußerlich so zarte Evy v. Eibenhain, die der Baron liebte.
    »Evy«, sagte er nach einem tiefen Atemzug des Entschlusses, »wiederrufst du deinen Widerruf?«
    »Was?«
    »Ob du widerrufst, daß du nicht mehr mitkommen willst nach Chicago?«
    Die Baroneß warf rasch einen Blick auf Miller, sah dann wieder Huldrich an.
    »Das kommt darauf an«, sagte sie, »ob dir dein Onkel nicht aufgrund deines Benehmens hier die Tür für immer zugeschlagen hat.«
    »Nein«, war Johanns sonore Stimme zu vernehmen.
    Schon wenige Tage später saßen Huldrich und Evy in einer der riesigen Düsenmaschinen, die von

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