Das Gift der Drachen Drachen3
die während des Ritus zwischen Langbein und mir die Härchen auf meinen Armen hatte schmelzen und die Haut meiner Wangen hatte austrocknen lassen. »Diese Kokons müssen Hitze ausgesetzt sein, wenn die Verwandlung erfolgreich sein soll.«
»Wie Eier, die unter dem Bauch eines Brutdrachen ausgebrütet werden«, warf der Messerrebell ruhig ein.
Ich nickte. »Ganz genau. Es war schon immer üblich, dass die sterbenden Brutdrachen in ein Lagerhaus gebracht wurden, damit sie nicht im Weg waren, bis sie unwiderruflich tot schienen und ungestraft zerteilt und zu Drachenfutter verarbeitet werden konnten. Der Tempel sorgt für den Schutz unserer göttlichen Drachen auf ihrer Reise über den Klauenpfad in den Tod, indem er sie in ein Lagerhaus einschließt. Aber was der Tempel dadurch unwissentlich erreicht, ist, dass er sie der Möglichkeit der Verwandlung und des Lebens beraubt.«
Tansan deutete nach draußen. »Und während der Regenzeit? Wie schlüpfen Bullen ohne die Sonnenhitze der Zeit des Feuers?«
»Das weiß ich nicht.« Ich streifte die dünnen Häutchen der Nüsse ab, die ich geknackt hatte. »Vielleicht schlüpfen sie ja während der Regenzeit nicht, und ihre Kokons verrotten einfach nur. Vielleicht hält der Eine Drache so die Dinge im Gleichgewicht, sorgt dafür, dass der Dschungel nicht von Bullen überquillt. Ich weiß es einfach nicht.«
»Also müssen wir unsere eigene Hitze erzeugen«, folgerte der mit dem Messer.
»Verbrennt alles Holz, das ihr in die Hände bekommt.« Ich deutete mit einem Nicken auf die wundervoll gedrechselten Tische in dem Raum. »Lasst bewachte Scheiterhaufen Tag und Nacht brennen.«
»Es wird nicht funktionieren«, erwiderte Tansan tonlos. »Rauch wird das Lagerhaus erfüllen und alles Lebendige darin ersticken. Fliegen, Aaskäfer, Feuerwachen und alles, was sich in den Kokons möglicherweise entwickelt. Nichts wird überleben.«
Ich kam mir so unendlich dumm vor. Sie hatte recht. Wir würden ein Räucherhaus schaffen wie jene, in denen Fleisch geräuchert wurde, nur viel größer.
»Wissen wir denn sicher, dass diese Kokons für ihre Verwandlung allein die Hitze benötigen?«, murmelte der Rebell mit dem Messer. Sein Stuhl knarrte, als er sich vorbeugte und eine Handvoll der gleichen Nüsse, die ich gerade aß, aus der Schale nahm. »Vielleicht sind diese Kokons ja wie Pflanzen. Vielleicht verwelken sie nur wegen des Mangels an Sonnenlicht, nicht wegen fehlender Hitze.«
Der Ritus war mitten in der Nacht abgehalten worden, unter dem dunklen Baldachin des Dschungels. Langbein und die Matriarchin hatten kein Sonnenlicht dafür benötigt. Ich schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Es ist die Hitze. Und was den Rauch angeht …«
»Wir reißen die Wände ein und schlagen Löcher in das Dach.« Der Rebell zuckte mit den Schultern. »Ganz einfach.«
»Wissen wir sicher, dass es acht Wochen dauert, bis die Tiere in den Kokons sich in Drachenbullen verwandeln?«, wollte Tansan wissen.
Erneut war ich überrumpelt. Der Gong während des Ritus mit Langbein hatte acht Mal geschlagen. Ich hatte angenommen, dass dies acht Wochen bedeutete. Aber es könnte auch für acht Monate stehen. Ich sprach den Gedanken laut aus.
»Acht Monate sind eine lange Zeit für etwas von der Größe eines Kokons, um unbeschädigt im Dschungel zu überdauern«, meinte der Rebell mit dem Messer und grinste erneut auf diese humorlose Weise, die seine bärtigen Wangen teilte und seine Augen so eingesunken wirken ließ. »Der Dschungel zerstört alles, was keine Wurzeln besitzt und zu lange regungslos an einer Stelle bleibt. Ich habe lange genug im Dschungel gelebt, um das zu wissen.«
Tansans Miene war immer noch zweifelnd, und ich fühlte, wie meine Zuversicht schwand.
»Während der Zeit des Feuers habe ich im Lagerhaus des Arbiyesku gearbeitet«, erklärte ich schließlich. »Die Hitze dort ist um die Mittagszeit fast unerträglich. Wenn Kokons nur Hitze und Zeit bräuchten, um Bullen entstehen zu lassen, dann wäre im Lauf der Jahrhunderte längst irgendwo durch Zufall ein Drachenbulle geschlüpft.«
Es herrschte Schweigen, während meine Zuversicht vollkommen schwand und ich verwirrt und unsicher zurückblieb.
»Das Sonnenlicht muss der Schlüssel sein«, sagte Messerträger. »Das ist der größte Unterschied zwischen einem Kokon im Dschungel und einem, der während der Zeit des Feuers in einem Lagerhaus eingeschlossen ist. Das Licht der Sonne.«
Tansan nickte. »So muss es sein. Sonnenlicht,
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